Sehr spannendes Thema!
Ich weiß nicht, ob der Begriff Künstler zwingend erst von der Nachwelt verliehen werden darf, oder vielleicht doch schon von den Zeitgenossen. Selbstverliehen hat aber schon immer was von Eigenlob.

Der Anspruch, Funktionalität mit Schönheit zu verbinden, würde den Namen Designergarn erklären - den genau das ist das Ziel von gutem Design (was aber manche Designer offenbar vergessen haben, wie die mit der spacigen Zitronenpresse, die keine Zitronensäure vertrug...

)
Der Begriff "ArtYarn", also Kunst-Garn, passt meines Erachtens dann am ehesten, wenn man den Aspekt der Zweckfreiheit, des Sich-selbst-Genügens betonen möchte - womit dann die Frage nach Stabilität und Verwendungszweck schon erledigt oder bestenfalls ein Bonus obendrauf wäre. Wenn es den Betrachter (bzw. "Befühler"

) erfreut, hat es seinen Zweck erfüllt.
Die Begrifflichkeiten sind sehr dehnbar und oft dem subjektiven Empfinden unterworfen - genau wie die Frage danach, was "Kunst" ist, und was nicht. Die schiere Unermesslichkeit der Kunstszene zeigt, wie weit diese Begriffe reichen, und dass längst nicht jede Kunst jedem gefallen muss. In der bildenden Kunst geht es ja heute eh nicht mehr so sehr darum, zu gefallen, sondern eher darum, zu bewegen und zu berühren. Das darf gern auch hässlich und provokant sein, und soll ja immer auch ein Spiegel der Zeit und der Gesellschaft sein, in der man lebt.
Ich persönlich mag sehr den Begriff des Kunsthandwerks, weil beide Dinge für mich zwingend zusammengehören, und weil ich mit meinem Tun eher der Ästhetik fröne, als etwas bewegen zu wollen. Mit dem, was Kunst heutzutage ist, hat das wenig zu tun, und das soll keine von beiden Richtungen in irgendeiner Weise abwerten.
Effektgarn ist vielleicht ein guter, weil wertneutraler Begriff - auch wenn das die "non-traditional handspun yarns" in einen Topf mit dem grausigen Plastik-Trendzeug aus dem industriellen Gruselkabinett schmeißt.

Übrigens bestreite ich, dass ein Kunststudium prinzipiell schon Kompetenz attestiert - das kommt sehr auf die Hochschule, den Studiengang und die jeweiligen Professoren an. Unsere HBK hier hatte früher einen sehr "unhandwerklichen" Ansatz, und ich habe schon Absolventen kennengelernt, die keinen geraden Strich mit einem Bleistieft ziehen konnten, aber eine Aura von Künstler-Attitüde vor sich hergetragen haben wie die Bugwelle eines Ozeandampfers...
Wie gesagt, schönes Thema.
Liebe Grüße,
Sanja