Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

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Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von thomas_f » 11.10.2011, 14:49

Hallo zusammen,

in fiebernder Erwartung meiner neuen Ziege, die noch ein wenig Restaurierungsbedarf zeigt, treiben mich zwei Fragen um:

- Die Lederlager sind bei den meisten Rädern, die ich sehe, "auf Zug" konstruiert, d.h. sie weisen von ihrer Aufhängung zum Schwungrad hin. Bei einigen wenigen Rädern (darunter meine Ziege) stehen sie andersherum, also nach links, so dass der Zug der Riemenspannung die Flügelachse Richtung Holm drückt. Gibt es richtig und falsch, grundsätzliche Vor- und Nachteile? Hat da ein unwissender Vorbesitzer einfach die Holme rumgedreht, vllt. weil irgendetwas ausgeleiert war?

- Beim zweifädigen Rad sollen ja nach gängiger Lehrmeinung ;) Flügel- und Spulenwirtel unterschiedliche Rillenprofile haben, der eine ein enges V-förmiges Profil, das den Treibriemen etwas einklemmt und den Schlupf verhindert, der andere ein breiteres U-förmiges Profil, in dem der Riemen bei Bedarf durchrutschen kann. Nun habe ich draußen in der Realität schon drei Sorten Räder gesehen:

1. beide Wirtel gleich, eher U-förmig
2. Flügelwirtel V-förmig und Spulwirtel U-förmig
3. Flügelwirtel U-förmig und Spulwirtel V-förmig

Funktionieren sollten alle drei Varianten (Variante 1 habe ich an meinem Schippertje, die funktioniert), aber welchen Einfluss hat das auf die Spinneigenschaften? Und welche ist/war unter historischen Arbeitsrädern am weitesten verbreitet?

Beste Grüße -- Thomas

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von shorty » 11.10.2011, 15:18

Also zu den Wirteln. Ich würd sagen bei meine blonden Schwedin sind beide Wirtel eher V förmig .

Karin
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TragBar

Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von TragBar » 11.10.2011, 15:19

Thomas du kannst Fragen stellen - da käm ich ja im Leben nicht drauf. Für mich gilt: Hauptsache es spinnt.
Sorry, aber das hilft dir jetzt auch nicht weiter :S

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von thomas_f » 11.10.2011, 17:11

Für mich gilt: Hauptsache es spinnt.
Hehe, für mich auch. Natürlich. Klar. Was sonst. ;)

Vielleicht etwa: Haupsache es spinnt leicht, leise und komfortabel. Und lässt sich sauber einstellen. Und macht was her, damit die Mädchen sich nach mir umgucken. Äh, sorry, das ist mir jetzt so ... was soll ich sagen ... :O :D

Neenee, Hauptsache es spinnt? Wenn du ein wenig hier herumliest, wirst du feststellen, dass die wenigsten sich mit "Hauptsache es spinnt, egal wie" zufrieden geben ;) Zu recht, wie ich finde. Es wäre hier dann auch ein gutes Stück weniger interessant :)) .

Aber im Ernst: Ich gehe davon aus, dass ich die Lederlager werde erneuern müssen, und da wüsste ich halt schon gern, was "richtig" ist, ob es ein "richtig" dabei überhaupt gibt, und/oder welche Vor- und Nachteile das hat.

Karin, auf deinem Blondie fährst du dann aber eine Schnur, die dünn genug ist, um nicht keilriemenartig zwischen den Flanken des Wirtelprofils zu klemmen, nicht wahr? Ich sehe gerade, dass Bryant in seinen Bauplänen auch durchweg V-förmige Profile zeichnet, während das Rad von Allen Fannin an der Spule ein V- und am Flügel ein U-Profil hat, er im Text jedoch davon schreibt, dass das Band auf dem Spulenwirtel rutschen würde ?(

Beste Grüße -- Thomas

TragBar

Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von TragBar » 11.10.2011, 17:17

Also wenns läuft und dabei leise ist und auch noch einbißchen komfortabel, hab ich sicher auch nichts dagegen. :D
Ich erwarte allerdings von einem alten Rad nicht, dass es läuft wie ein Neues hochmodernes. Ich werde sehen, was da kommt und dann kann ich immer noch gucken, ob sich was machen läßt...

Ich frage mich, ob man Lederlager am Flügelhalter überhaupt erneuern kann, die sitzen meist so bombenfest, dass man sie quasi nur mit roher Gewalt rausbekommt. Zum Rest kannn ich nichts sagen.

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von shorty » 11.10.2011, 17:18

Die Schnur ist relativ dünn, ja.Wobei ich keine Vergleiche zu anderen 2 Fädigen habe.

Karin
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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von Vlasta » 11.10.2011, 17:48

Ich hab grad mein Rad geknipst, für die Spinnradvorstellung (@thomas ;) kannst schon mal in mein blog linsen, für hier im Forum muß ich noch eine Galerie angelegt bekommen, glaub ich.). Bei mir sind Flügel- und Spulenwirtelprofil eher V, das eine mehr das andere weniger.

Bild
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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von Kattugla » 11.10.2011, 18:06

Ich hab grad mal nachgeguckt:

meine Dänin: Flügel V, Spule V
die alte Elsässerin: Flügel V, Spule U
die Taunusziege: Flügel U, Spule V

...was jetzt auch nicht sehr erhellend ist. Geborene Flachsräder sinds alle drei, wenn auch aus unterschiedlichen Ecken Europas. Und laufen tun sie auch alle drei mit dünner Hanfschnur.

Der einzige Unterschied ist lediglich die wesentlich schnellere Übersetzung der Dänin. Ich glaub, bei höheren Geschwindigkeiten der Spule erübrigt sich das mit dem gezielten Schlupf und dem U-Profil, da arbeitet dann (vermute ich) die Masseträgheit, sonst wärs bei 13:1 wohl lästig.
Das Problem hatte ich übrigens beim zweifädigen Betrieb des Polonaise mit Hanfschnur. Seitdem ist da für zweifädigen Betrieb mit höherer Übersetzung ein dünner Lederriemen da.

Was die Flügelaufhängung angeht: da gibts echt welche, die linksrum zeigen? So ganz im Original? Ich würde die spontan immer nach rechts tun... hmm.
Die beiden, die ich erneuert habe (Elsässerin und Taunusziege) waren die fahnenförmigen Halter, und da reichte als Ersatzmaterial ein 4mm dicker (neuer) Gürtelriemen, wo ich ein paar Zentimeter abgesäbelt und mit dem Cutter und dem Locheisen zurechtgeschnitten habe.
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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von thomas_f » 12.10.2011, 08:56

da gibts echt welche, die linksrum zeigen? So ganz im Original?
Letzteres wäre eben meine Frage ;)

Hier siehts nicht so wirklich original aus, finde ich:
Bild

Das Rad wurde so aus einem Schwedenurlaub mitgebracht.

Beste Grüße -- Thomas

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von thomas_f » 12.10.2011, 09:18

@thomas ;) kannst schon mal in mein blog linsen, für hier im Forum muß ich noch eine Galerie angelegt bekommen, glaub ich.)
Schick! :gut: Mit extra Schnellspinn-Flügel! Man kann den vorderen Flügellagerholm versetzen, um den kleinen Flügel zu benutzen, nehme ich an? Spinnt sichs gut?

Beste Grüße -- Thomas

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von thomas_f » 12.10.2011, 09:57

Ich frage mich, ob man Lederlager am Flügelhalter überhaupt erneuern kann, die sitzen meist so bombenfest, dass man sie quasi nur mit roher Gewalt rausbekommt. Zum Rest kannn ich nichts sagen.
Doch, man kann, Kattugla hats getan ;) Ob einfach oder schwer hängt u.a. davon ab, wie sie fixiert sind. Meist wohl mit einer Art Splint, entweder durch den Holm oder hinterm Holm. Wenn der einmal raus ist, sollte der Rest auch folgen, ansonsten hilft ein kleiner Bohrer, so machts auch der Zahnarzt ;)

BTW: Unsere Räder sind unterwegs :freu: !

Beste Grüße -- Thomas

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von Vlasta » 12.10.2011, 10:18

OT @thomas: Das Rad spinnt traumhaft. Ich bilde mir ein, daß ich alles, was ich bisher mit dem Traddi gesponnen habe auch damit hinkriege, so flexibel ist es einzustellen und so toll reagiert es. Das kleine Einzugsloch wird irgendwann ein Problemchen, aber im Moment will ich eh nur immer dünner spinnen. Das mit dem Schnellspinnflügel hast Du richtig erkannt. :)

Auf Deinem Bild sieht es für mich so aus, als wäre das Rad mal für eine Linkshänderin angepasst worden. Wurde doch hier schon mal diskutiert: wie geht langer Auszug nach links hinten bei einer Ziege? Mit Deinem Rad dürfte das kein Problem sein. :)) Dafür lobe ich mir wiederum meinen Bock, bei dem das so oder so geht. :))
Liebe Grüße,

Vlasta

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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von shorty » 12.10.2011, 11:45

Langer Auszug nach links hinten geht auch mit ner Ziege prima, im Grunde kommt es mir sogar entgegen.
Und Linkshänderumbau muss nicht sein, die Händigkeit spielt keine Rolle bei dem Punkt wie man die Fasern hält.
Karin
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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von Kattugla » 12.10.2011, 11:54

Langer Auszug nach links hinten bei ner Ziege geht ganz blöd, weil die rechte Hand dann näher am Einzugsloch ist. Wemmer so zieht wie ich. ;)

Das mit den Spinnflügeln auf links... ich weiss nicht.
Innem anderen Thread hatte ich ja schonmal geschrieben, dass ich noch eine alte doppelköpfige Ziege aus dem Schaumburger Land habe (der zweite Kopf ist beim Umzug übrigens abgeknackt, ich hab nur noch Holzwurmmehl gesehen... war ein Ebay-troedel1901-Kauf).
Die ist mir mit Flügel(n) nach links geliefert worden.
Das hat sich zwar gesponnen, war aber irre schwer zu treten, ausserdem sprang die Schnur dauernd ab. Ich hab nach offensichtlichen Gründen dafür gesucht, aber keine gefunden. Bis auf die linkssitzenden Flügel.

Ich denke mir, das mit der Kraftverteilung bei der Flügelaufhängung könnte ähnlich sein wie mit den Bremsfäden, die an einer Seite mit ner Feder befestigt sind.
Seit ich weiss, dass es enorm hilft, sozusagen "von der Feder weg" zu spinnen, komme ich mit der Bremseinstellung sowohl vom Gem als auch vom Polonaise sehr viel besser hin.
Ich kann mir vorstellen, dass es ähnliche mechanische Ursachen gibt, den Flügel auf Zug aufzuhängen.
Mal so als Gedanke...
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Re: Zwei Fragen: Lederne Flügellager und Wirtelprofile

Beitrag von shorty » 12.10.2011, 12:02

Kattugla hat geschrieben:Langer Auszug nach links hinten bei ner Ziege geht ganz blöd, weil die rechte Hand dann näher am Einzugsloch ist. Wemmer so zieht wie ich. ;)
Das ist eben der Knackpunkt, es kommt ganz darauf an, wie man auszieht bzw. welche Technik langer Auszug man spinnt. Bei mir ist beim langen Auszug eh die rechte Hand vorne bzw. tut nichts und die linke zieht nach hinten bzw. ruht aufgelehnt :-))) ( obwohl ich Rechtshänderin bin und beim kurzen Auszug mit der rechten nach vorne ziehe)
Insofern passt das prima.
Man kann das nicht verallgemeinern.

Karin
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