Beitrag
von Greifenritter » 17.02.2009, 20:11
Das meiste wurde ja schon gesagt. Aber noch etwas differenzierter:
Flachs und andere Bastfasern reagieren sehr empfindlich auf Feuchtigkeit. Das ist einerseits ein Nachteil, weil naß gewordener Flachs zusammenklebt und sich nicht mehr gut ausziehen läßt, andererseits aber auch ein Vorteil, weil die selben Vorgänge auch bewirken, daß die Fasern im Faden regelrecht "zusammengeleimt" werden und der Faden so mehr halt bekommt und sogar glatter wird.
Früher wurde vor allem Langflachs versponnen.
Die Fasern haben eine sehr hohe Stapellänge. Direkt aus der Hand kann man den Langflachs aus zwei Gründen nur sehr schwer verspinnen: Zum einen verhedernn sich die langen Fasern und man kann nicht mehr anständig ausziehen, zum anderen bewirken die meist leicht feuchten Hände, daß die Fasern zusammen kleben. Aus diesem Grund hat man den Langflachs wie Teacosy schon schrieb auf einen Wocken gebunden von dem man ihn ohne langen Kontakt mit den Händen und sauber geordnet verspinnen kann. Es gibt verschiedene Arten einen Wocken zu binden, die richtige ist geschmacksache aber auch von der Art und Form des verwendeten Wockens abhängig.
Heute bekommt man oft Flachs-Kardenbänder die aus Werg (kurze Flachsfasern) bestehen. Hier verhakt sich nicht so viel, aber die Reaktion auf Feuchtichkeit bleibt die selbe. Der Wocken ist hier kein Muß und es ist schwer das Kardenband auf einen Flachsstab zu binden, aber ein Woll- bzw. Werg-Wocken (so eine Art Körbchen für die Fasern) ist hier sehr von Nutzen.
Wenn Du Flachs verspinnst, solltest Du Dir ein Schälchen mit Wasser bereit stellen mit dem Du die Finger der vorderen Hand (also der vorne am Faserdreieck, die nicht mit dem Faservorrat in Berührung kommt = die am EInzug) anfeutest. Durch die nassen Finger wird der Faden glatter und haltbarer. Wie oben von teacosy schon erwähnt befinden sich daher an alten Flachsrädern oder Wocken oft kleine Schüsselchen, die waren zum Finger anfeuchten gedacht.
Früher wurde oft auch einfach in Umgebung mit viel Luftfeuchtichkeit (Flachskeller) gesponnen, das hat aber den Nachteil, daß der Flachs leicht zusammenklebt und man beim Aufbinden und Ausziehen sehr vorsichtig sein muß. Für den Anfang daher besser nicht alles anfeuchten.
Eine andere version ist das Anfeuchten der Finger mit Spucke (daher die Geschichten von den Flachsspinnern mit der dicken Unterlippe).
Aber vorsicht, genau dieses Anfeuchten der Finger bringt auch Probleme mit sich. Die dauernd feuchten Finger sind empfindlicher und man kann (wie in vielen Geschichten beschrieben) sehr schnell die Finger blutig spinnen, was mit Schafwolle praktisch unmöglich scheint. Die Aufgeweichte haut in verbindung mit dem gegen Wolle eher harten faden kann schnell zu Schrunden oder gar Rissen, teils sogar zu kleinen Schnitten führen. Also lieber langsam und vorsichtig arbeiten und nicht übertreiben, wenn die Finger noch nicht abgehärtet sind.
Flachs braucht übrigens relativ viel Drall und wird in der Regel sehr dünn ausgezpogen 8sonst wird es kein Garn sondern ein Seil).
Bastfasern (zu denen auch der Flachs gehört) sind ganz anders zu spinnen als Tierhaare, da wirst Du etwas üben müssen bis Du das genauso im Griff hast.
Allerdings sollte Dir auch klar sein, daß ein aus Werg gesponnener Faden nie so glatt und fein sein wird wie ein aus Langflachs höchster Qualität hergestellter. Ist wie bei Kamm- und Streichgarnen bei Wolle.
Genauso geht man übrigens bei Hanf oder Nessel vor.
CU
Danny (die ganz gerne mal etwas Flachs spinnt - solange die Fingerkuppen mit machen)
p.s.
Frag mal Rebell nach Ihren Erfahrungen, sie hat unlängst fleißig Flachs gesponnen und der Faden war wunderbar.
Zuletzt geändert von
Greifenritter am 17.02.2009, 20:17, insgesamt 1-mal geändert.
Mehr über mich und meine Hobbys findet Ihr auf Danny's Taverne, dort findet Ihr auch meine Spindelgalerie.