Moswolt-Tuning

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Moswolt-Tuning

Beitrag von Jedrik » 29.11.2020, 15:37

Den Austausch des Lederlagers gegen ein Kunststofflager habe ich ja schon bei der Vorstellung erwähnt, aber der Vollständigkeit halber:
DSC_0106.JPG
Man sieht ja, dass das Lederlager schon deutlich komprimiert ist, das Einzugsrohr lag schon auf Holz auf und lief immer wieder in Drehrichtung "die Wände hoch", um dann geräuschvoll zurückzufallen. Nun ist da Ruhe.

Die nächste Unruhequelle war der Knecht, der einfach nur mit einer Holzscheibe und zwei Unterlegscheiben an das Schwungrad geschraubt war. Da diese Verbindung obendrein noch schräg war, löste sich die Schraube immer wieder und das resultierende Spiel störte ein wenig. Der Mechaniker meines Vertrauens setzte eine Rampamuffe in das Schwungrad und befestigte den Knecht dann bündig mit einem Cantileversockel (Fahrradteil), mit der dazugehörenden Messingbuchse im Knecht. Seitdem gibt es auch von dort keine Proteste mehr:
DSC_0115.JPG
Den Flügel hatten wir - wie andere auch schon - mit Hilfe einer Spule, ein paar strategisch gesetzten Eisstielen und viel warmer Luft soweit begradigt, dass man die Spulen auch mit dem breiten Ende zuerst einsetzen konnte, aber es zeichnete sich schon ab, dass dieser Prozeß sich auf Dauer von selbst umkehrt. Die hübsche Schönwolff-Lösung mit dem Ring zur Fixierung war auch in der Diskussion, aber klar war, dass der schwere (360g) Flügel Teil seiner eigenen Bremse war. Heute nachmittag kam er dann mit diesem Teil an:
DSC_0114.JPG
215 g, gefertigt aus Delrin, einem Stück Fahrradachse, einem Reststück Buchenarbeitsplatte, den Streben eines kaputten Fahrradgepäckträgers, einer Stahlstange aus einem Rechnergehäuse und einer Speiche.
Das Zupfen am frischen Faden hat nochmal fühlbar nachgelassen und es läuft was flotter, bilde ich mir ein. Weitere Tests werden sicher folgen.
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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von anjulele » 29.11.2020, 17:47

Das ist doch mal eine klasse Umsetzung! :gut: Herzlichen Glückwunsch zu dem Mechaniker deines Vertrauens!

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Basteline » 29.11.2020, 21:29

Wow!
Da wird ja fleißig am Mowolt gearbeitet und aus dem "Tracker" ein Rennrad gebaut.
Hut ab. Und weiterhin viel Erfolg.
Bin neugierig, wie es in Natura ausschaut. ;)
Liebe Grüße
Basteline

.....und laßt uns spinnend die Welt umgarnen.

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Gabypsilon » 30.11.2020, 06:38

Das sieht schon sehr gut aus :klatsch: :klatsch:

In alten Liedern ist ja von Klappern der Spinnräder die Rede, wenn man so ein älteres Modell mal hatte, weiß man, was gemeint ist :D :D
Liebe Grüße
Gabi

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Jedrik » 30.11.2020, 08:23

Danke Euch, der Mechaniker meines Vertrauens freut sich über Euer Lob. Ich weiß, was ich an ihm habe - und nicht nur, weil er Sachen bauen kann, die man sonst nicht bekommen kann.

Die Live-Vorführung sollte klappen, ich freue mich auch schon. Genaues heute abend :D

Ja klar klappern alte Räder, denn sie sind ja oft mit einfachen Mitteln gebaut und durften auch nicht zu teuer werden. Wenn man alles genau passend machen will, dann muss man auch alles genau ausrichten, weil es sonst schwergängig wird oder gar komplett klemmt. Und wo hätten denn Teile wie z.B. eine Rampamutter überhaupt herkommen sollen?

Das Mosi ist noch nicht frei von Geräuschen: Die Spulen sind nicht ganz rund und selbst durch Überarbeiten nicht zu perfektem Rundlauf zu bewegen. Dazu hat die Achse einen Durchmesser von 6 mm und die Buchsen in den Spulen einen Durchmesser von 6,3 mm. Dadurch ruppeln sie immer ein bisschen auf der Achse, was sich bei einem Gewicht von über 250 g pro Spule doch bemerkbar macht. Ich empfinde das allerdings sogar als angenehm, muss ich zugeben. Ich hatte die Nacht auf gestern zu wenig geschlafen und wäre dann fast am Spinnrad eingenickt, so beruhigend wirkte das. :eek:

Die Verbindung von Wippe zu Knecht ist momentan nur durch Wollfäden beruhigt. So, wie ich den Mechaniker meines Vertrauens kenne, kommt auch da über kurz oder lang eine elegante Lösung. Das ist aber nicht einfach, denn die Kugel soll bleiben.

Lautes Klappern ist eine Sache, weil das immer bedeutet, dass Kraft verloren geht und der Verschleiß erhöht ist. Das Mosi läuft jetzt nicht nur besser, sondern wird auch länger halten.

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von shorty » 30.11.2020, 09:05

Ach das Mosi hält sicher auch noch die nächsten 45 Jahre :-))
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von borekd » 07.12.2020, 18:16

Hallo,

ein sehr schöne Aufarbeitung, und Klasse dokumentiert.
Die nächste Unruhequelle war der Knecht, der einfach nur mit einer Holzscheibe und zwei Unterlegscheiben an das Schwungrad geschraubt war. Da diese Verbindung obendrein noch schräg war, löste sich die Schraube immer wieder und das resultierende Spiel störte ein wenig. Der Mechaniker meines Vertrauens setzte eine Rampamuffe in das Schwungrad und befestigte den Knecht dann bündig mit einem Cantileversockel (Fahrradteil), mit der dazugehörenden Messingbuchse im Knecht
Bitte bedenke, dass der Knecht nicht nur parallel zum Schwungrad links-rechts schwenkt, sondern sich zusätzlich auch noch vor-zurück bewegt. Daher sollte optimaler Weise die Befestigung an dem Kurbelzapfen am Schwungrad (bei Dir ist das der Cantileversockel) keine zylindrische Buchse sein, sondern ein Element, das diese Vor-zurück-Bewegung erlaubt. Neben einem Pendelkugellager (das wäre die Maschinenbauer-Lösung:https://www.scforum.spinnradclub.de/dow ... &mode=view) könnte man hier ein Stück dickes (Sohlen-)Leder einbauen.

Klar funktioniert erstmal auch eine zylindrische Buchse mit einem großen Spiel, doch auf Dauer ist es eine potentielle Störungsquelle.

Auch für die Verbindung zwischen dem Tritt und dem Knecht eignet sich dickes Leder hervorragend, ein Beispiel siehe hier:
https://www.scforum.spinnradclub.de/dow ... &mode=view

Zu den klappernden Spulen: Die Ursache liegt ganz bestimmt im übermäßig großem Spiel zwische der Achse und den Spulenlagern. Gleitlager werden im Maschinenbau mit einem Spiel von ca. 0,02 bis 0,04 mm konstruiert, beim Spinnrad wäre das wahrscheinlich ilusorisch. Falls das die Werkstattausrüstung zulässt, sollte man etwas zwischen 0,05 und 0,1 mm anstreben, das lässt sich auch mit Handwerkzeugen in den meisten Fällen erreichen.

Weiterhin viel Spaß beim Optimieren und Spinnen!

Gruß
Borek

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Jedrik » 08.12.2020, 08:45

borekd hat geschrieben:
07.12.2020, 18:16
ein sehr schöne Aufarbeitung, und Klasse dokumentiert
Danke :)
Bitte bedenke, dass der Knecht nicht nur parallel zum Schwungrad links-rechts schwenkt, sondern sich zusätzlich auch noch vor-zurück bewegt. Daher sollte optimaler Weise die Befestigung an dem Kurbelzapfen am Schwungrad (bei Dir ist das der Cantileversockel) keine zylindrische Buchse sein, sondern ein Element, das diese Vor-zurück-Bewegung erlaubt. Neben einem Pendelkugellager (das wäre die Maschinenbauer-Lösung:https://www.scforum.spinnradclub.de/dow ... &mode=view) könnte man hier ein Stück dickes (Sohlen-)Leder einbauen.
Der Mechaniker meines Vertrauens sagt, ein Pendelkugellager wäre wirklich ideal gewesen. Er hat nur nicht daran gedacht. :O
Die Cantileverbuchse ist nicht neu, d.h. sie hat Spiel, läuft aber in Fett geräuschfrei. Das scheint in Bezug auf Bewegungsfreiheit ausreichend zu sein, das Rad lässt sich wirklich sehr gut und fließend antreiben. Wir werden das aber beobachten und das Forum auf dem Laufenden halten.
Auch für die Verbindung zwischen dem Tritt und dem Knecht eignet sich dickes Leder hervorragend
Das würde beim Moswolt nicht funktionieren, ohne den Knecht zu kürzen und auch sonst das Aussehen für mein Empfinden zu sehr zu verändern.
DSC_0117.JPG
Zu den klappernden Spulen: Die Ursache liegt ganz bestimmt im übermäßig großem Spiel zwischen der Achse und den Spulenlagern.
Weitgehend spielfreie Buchsen sind gerade getestet. Die waren im ersten Aufschlag zu passend, vielleicht auch, weil die Löcher, in die sie eingesetzt werden, nicht unbedingt in einer Flucht sind. Ein Moswolt ist halt z.B. kein Tom Walther (danke an Basteline für die Gelegenheit zu diesem Vergleich), hat aber wohl auch nur ein Zehntel gekostet. :)
(Übrigens, höchst spannend: Wenn man die Spulen durch zu enge Lagerbuchsen "bremst" hat nicht mal mehr ein Moswolt Einzug. Das macht drollige Dinge mit den Fasern, die ich als Anfänger so nicht erwartet hätte.
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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von borekd » 09.12.2020, 14:56

Auch für die Verbindung zwischen dem Tritt und dem Knecht eignet sich dickes Leder hervorragend

Das würde beim Moswolt nicht funktionieren
Stimmt absolut, an die Kugel habe ich leider nicht gedacht. Diese macht übrigens genau das (Richtige), was auch der Lederstreifen bewirken sollte.
Auf Deinem Foto sehe ich eine Schraube, mit der der Knecht (vermutlich) mit der Kugel verbunden ist, und um diese Schraube sollte er sich wohl beim links-rechts Schwenken drehen. Wozu dient denn dann der Wollfaden?
Weitgehend spielfreie Buchsen sind gerade getestet. Die waren im ersten Aufschlag zu passend, vielleicht auch, weil die Löcher, in die sie eingesetzt werden, nicht unbedingt in einer Flucht sind.
Das mit der Flucht ist ein häufig auftretendes Problem, das auch durch ein schräges Einpressen der Buchse oder auch später bedingt durch Verzug vom Holz auftreten kann. Statt einer rohrartigen Buchse ist daher eine innen Abgesetzte vorteilhaft, sowas:
https://www.scforum.spinnradclub.de/vie ... 19&t=26499 (Bin leider nicht in der Lage nur das Bild zu verlinken, daher ein Link zum Thread. Gemeint ist das 4. Bild von oben, und davon auch nur die Nabe. Der Zahnkranz ist nur für den Einsatz im WW-Flügel relevant.)
Der Durchmesser 6,4 mm müsste dann bei Dir für die 6-er Achse ca. 6,05 bis 6,1 mm betragen. Ohne Drehmaschine würde ich eine Handreibahle nehmen, und von der Innenseite (bezogen auf die Spule) im ausgebauten Zustand aufreiben. Die Handreibahle hat einen langen konischen Anschnitt mit einem Winkel von i.d.R. 0,5 Grad, und bedingt durch die vielen Schneiden schneidet sie weitgehend zentrisch. Man müsste messen, ob eine 6,5-er Ahle vorne an ihrer Spitze einen kleineren Durchmesser hat als 6,00. Falls nicht, sollte es lieber eine Kleinere als 6,5 sein, es gibt sie relativ preiswert im 0,1 mm Schritten zu kaufen, z.B. bei ebay.

Solche abgesetzten Gleitbuchsen haben nicht nur weniger Reibung, sondern lassen sich im eingebauten Zustand in zueinander nicht fluchtenden Bohrungen in einem sehr begrenzten Bereich mit einem glatten Rundstab ausrichten. Falls man mit den Ausrichtversuchen scheitert, kann man die Buchsen durch Aufreiben (wieder mit einer Handreibahle, diesmal aber 6-er oder 6,1/6,2) in eine Flucht bringen. Das Aufschieben auf die Achse zeigt nicht nur, ob der Durchmesser weit genug aufgerieben ist, sondern auch, ob die Richtung stimmt (senkrecht aufschieben bis kurz vor die andere Buchse, und schauen, wohin die Achse von sich aus "will").

Die Gleitfläche ist natürlich nach solcher Bearbeitung nicht mehr zylindrisch sondern konisch. Das ist allerdings so wenig, dass das mit Hausmitteln (Schieblehre, Mikrometer) kaum messbar sein dürfte, und es stört überhaupt nicht. Daher kann man auch innerhalb des konischen Anschnitts jedes beliebige Mass mit einer Schieblehre ermitteln, markieren, und dann bis exakt zu dieser Markierung reiben.

Hoffentlich ist Dir das alles nicht zu technisch. Aber Dein Mechaniker kennt diese Tricks entweder bereits, oder wird er sie zumindest mit Sicherheit verstehen.

Gruß
Borek

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Jedrik » 14.12.2020, 16:26

Hallo Borek,
vielen Dank für Deine Tipps! Hier mal der aktuelle Stand:
borekd hat geschrieben:
09.12.2020, 14:56
Auf Deinem Foto sehe ich eine Schraube, mit der der Knecht (vermutlich) mit der Kugel verbunden ist, und um diese Schraube sollte er sich wohl beim links-rechts Schwenken drehen. Wozu dient denn dann der Wollfaden?
Der sollte das Geklapper an dieser Stelle etwas dämpfen. Die Holzschraube hat einen viel zu dünnen Schaft für die 6,3mm Kunststoffbuchse im Knecht. Wegen der Drehbarkeit der Kugel hat das dort erheblich gewackelt.
Nun gibt es eine neue Buchenholzkugel mit Einschraubmutter M6, dazu eine M6x30 Schraube. Darauf sitzt eine Stahlbuchse mit vorn und hinten jeweils Unterlegscheiben, im Knecht ist wieder eine Messingbuchse aus einer Fahrradbremse.
Die Kugeln mit ca. 47mm Durchmesser gibt es so nicht zu kaufen, dafür aber 50mm, sogar mit zur Hälfte durchgebohrtem 8mm Loch. In dieses Loch läßt sich die Einschraubmutter direkt mit einem Inbusschlüssel einschrauben. Dann konnte die Kugel auf einen Gewindebolzen geschraubt und auf das richtige Maß gedrechselt werden, so daß der Rundlauf zum Gewinde gegeben ist. Per drangehaltenem Stift wurde das Querloch angezeichnet.
DSC_0119.JPG
DSC_0120.JPG
borekd hat geschrieben:
09.12.2020, 14:56
Das mit der Flucht ist ein häufig auftretendes Problem, das auch durch ein schräges Einpressen der Buchse oder auch später bedingt durch Verzug vom Holz auftreten kann. Statt einer rohrartigen Buchse ist daher eine innen Abgesetzte vorteilhaft, sowas:
https://www.scforum.spinnradclub.de/vie ... 19&t=26499 (Bin leider nicht in der Lage nur das Bild zu verlinken, daher ein Link zum Thread. Gemeint ist das 4. Bild von oben, und davon auch nur die Nabe. Der Zahnkranz ist nur für den Einsatz im WW-Flügel relevant.)
Der Durchmesser 6,4 mm müsste dann bei Dir für die 6-er Achse ca. 6,05 bis 6,1 mm betragen. Ohne Drehmaschine würde ich eine Handreibahle nehmen, und von der Innenseite (bezogen auf die Spule) im ausgebauten Zustand aufreiben. Die Handreibahle hat einen langen konischen Anschnitt mit einem Winkel von i.d.R. 0,5 Grad, und bedingt durch die vielen Schneiden schneidet sie weitgehend zentrisch. Man müsste messen, ob eine 6,5-er Ahle vorne an ihrer Spitze einen kleineren Durchmesser hat als 6,00. Falls nicht, sollte es lieber eine Kleinere als 6,5 sein, es gibt sie relativ preiswert im 0,1 mm Schritten zu kaufen, z.B. bei ebay.
Mangels Reibahle kam ein 6,1mm Bohrer zum Einsatz, um die Buchsen ein Stück weit auszubohren. Leider war das für die sehr krumme Spule zu wenig, darum hat der Techniker meines Vertrauens mit einem langen Rundstab durch beide Buchsen und aufgelegtem feinem Schleifpapier die Buchsen fluchtend gemacht. Nun läuft sie leicht und fast geräuschlos.
Für die nächste zu überarbeitende Spule werden die Wangen zum Überdrehen auf ein Rundmaterial gesteckt, um von diesem Bezugspunkt aus alle Durchmesser fluchtend zu bekommen. Das erfordert dann eben neue Lagerbuchsen mit größerem Außendurchmesser.
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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von borekd » 20.12.2020, 21:24

Jedrik hat geschrieben:
14.12.2020, 16:26
...
Mangels Reibahle kam ein 6,1mm Bohrer zum Einsatz, um die Buchsen ein Stück weit auszubohren. Leider war das für die sehr krumme Spule zu wenig, darum hat der Techniker meines Vertrauens mit einem langen Rundstab durch beide Buchsen und aufgelegtem feinem Schleifpapier die Buchsen fluchtend gemacht. Nun läuft sie leicht und fast geräuschlos. ...
Gute Idee.
Jedrik hat geschrieben:
14.12.2020, 16:26
...
Für die nächste zu überarbeitende Spule werden die Wangen zum Überdrehen auf ein Rundmaterial gesteckt, um von diesem Bezugspunkt aus alle Durchmesser fluchtend zu bekommen. ...
Ich habe bereits sowohl Spulen nachbearbeitet (allerdings im Ganzen, auf einem Dorn in einer Spannzange und mit Reitsctockunterstützung) als auch komplett neu gebaut. Aus diesen Erfahrungen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es keinen Unterschied im Aufwand zwischen der Nacharbeit und dem Neubau gibt. Die erzielte Qualität war allerdings beim Neubau meistens besser. Daher plädiere ich eher für einen Neubau. Eine Skizze einer Spule für ein vergleichbares Rad ist hier:
https://www.scforum.spinnradclub.de/dow ... &mode=view

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, soll die vorhandene Spule in ihre Einzelteile zerlegt und nur die beiden Spulscheiben auf einem Dorn überdreht werden. Das wird sicherlich funktionieren, allerdings entstehen beim Aufstecken/Verkleben der sauber rundlaufend überdrehten Spulscheiben auf den Spulenkern wieder neue Rund- und Planlauffehler. Diese können teilweise minimiert werden, wenn man den Spulenkern in eine Drehmaschine einspannt, und die Scheibe dann darauf schiebt. Nach dem Einschalten der Maschine (bitte eine sehr niedrige Drehzahl wählen) kann man dann mit einem Stück Holz (eingespannt im Drehstahlhalter statt eines Drehstahls) an die Scheibe heranfahren und durch Drücken diese ausrichten. Dies erfordert neben einer sorgfältigen Vorbereitung auch eine Abdeckung der Maschine zum Schutz vor eventuell heruntertropfendem Kleber, der eher langsam abbinden muss (z.B. Epoxidharz).

Gruß
Borek

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Jedrik » 28.12.2020, 14:29

borekd hat geschrieben:
20.12.2020, 21:24
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, soll die vorhandene Spule in ihre Einzelteile zerlegt und nur die beiden Spulscheiben auf einem Dorn überdreht werden. Das wird sicherlich funktionieren, allerdings entstehen beim Aufstecken/Verkleben der sauber rundlaufend überdrehten Spulscheiben auf den Spulenkern wieder neue Rund- und Planlauffehler. Diese können teilweise minimiert werden, wenn man den Spulenkern in eine Drehmaschine einspannt, und die Scheibe dann darauf schiebt. Nach dem Einschalten der Maschine (bitte eine sehr niedrige Drehzahl wählen) kann man dann mit einem Stück Holz (eingespannt im Drehstahlhalter statt eines Drehstahls) an die Scheibe heranfahren und durch Drücken diese ausrichten. Dies erfordert neben einer sorgfältigen Vorbereitung auch eine Abdeckung der Maschine zum Schutz vor eventuell heruntertropfendem Kleber, der eher langsam abbinden muss (z.B. Epoxidharz).
Lieber Borek,

danke für Deine Ideen und Erfahrungswerte, und auch für die Zeichnung!
Ja, die vorhandene Drehbank (Proxxon MD300) kommt mit den Riesenspulen des Moswolt an oder über ihre Grenzen, wenn sie komplett eingespannt werden sollen. Darum wurden die Spulen zerlegt und die Seitenscheiben auf einem Dorn aufgenommen. Das gibt einen guten Rundlauf von Wirtelrillen und Lagerung, nützt aber, wie Du geschrieben hast, wenig, weil der Spulenkern auch nicht rund ist. Ein kompletter Spulenneubau muß noch warten, bis eine für uns gut umsetzbare Konstruktion feststeht, das richtet sich auch nach dem vorhandenen Werkzeug und Material. Und dann müssen wir noch wissen, wohin die Reise überhaupt gehen soll, da gibt es viele Möglichkeiten (kleinerer Flügel und entsprechende Spulen, Flügelantrieb oder zweifädig usw.)

Zunächst mußte die untere Knechtlagerung nochmal erneuert werden, weil das Spiel der Buchsen zum heftigen Klappern geführt hat. Der Abstand vom Drehpunkt der Kugel bis zum Knecht ist ja der Hebel, mit dem die Trittkraft das Lager verkippen will. Nun gab es eine neue, längere Messingbuchse mit genauer Passung in 8,0 für die geschliffene Stahlbuchse, dazu zwei auf die Buchse gepreßte und verklebte Distanzringe, um die fehlende Materialstärke des Knechts auszugleichen, und eine dünne Stahl-Anlaufscheibe. Der Kleber härtet noch, es fühlt sich aber schon brauchbar an.
DSCF8392.JPG
DSCF8396.JPG
Und eine 3 mm Rundschnur ersetzt jetzt das 2 mm Modell, die liegt evtl. besser in den Rillen.
Nun klappern nur noch die Spulen ohne Kugellager. ;-)
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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Glaskocher » 28.12.2020, 23:01

Ich hatte schon befürchtet, daß diese "halbkardanische" Aufhängung vom Knecht zu einem größeren Kippmoment führen kann. Jetzt ging es aber deutlich schneller als gedacht, bis das Klappern zu laut wurde. Dann hoffe ich mal, daß die neue, verstärkte Lagerung dem Betrieb deutlich länger stand hält.

Wenn es in zu kurzer Zeit wieder ausschlägt, dann könntest Du mit einem Metallwinkel (gestreckte N-Form) einen zweiten Befestigungspunkt auf der anderen Seite der Kugel konstruieren und dadurch die Kippkräfte eliminieren. Dann wäre es eine vollwertige kardanische Aufhängung, wenn auch etwas zur Seite versetzt.

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von Jedrik » 29.12.2020, 09:03

Hallo Glaskocher,

die zweite Abstützung würde ja nur eine in der Kugel klappernde Schraube stützen helfen, aber an der Stelle sitzt ja eine Gewindemuffe in der Kugel und das ist fest. Die geschliffene Stahlbuchse (aus einem PC-Drucker) wird mit der M6 Schraube und den Unterlegscheiben festgezogen.

Das Klappern kam schon gleich nach der ersten Lagerumrüstung und war nervig, weil jetzt Metall auf Metall gearbeitet hat. Die verwendeten Teile hatten zuviel Spiel, geschätzt 0,2mm, und die Buchsenlänge war 11,5mm, also so breit wie der Knecht.
Jetzt ist die Buchse 18,5mm lang und zwischen Stahl- und Messingbuchse sowie seitlich ist gerade genug Luft, daß sich die Teile drehen können. Dazwischen ist zähes Fett, damit sollte Ruhe sein und es musste sich optisch auf den ersten Blick nichts ändern, die Kugel hat ja was.

So oder so: Die Holzschraube, die ursprünglich in die Kugel geschraubt war, hatte sich doch einen beachtlichen Kipp-Freiheitsgrad erarbeitet. Das konnte nicht so bleiben und wir lernen mit jedem Schritt dazu. :)

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Re: Moswolt-Tuning

Beitrag von borekd » 31.12.2020, 13:25

Hallo Jedrik und Mechaniker,
... Ja, die vorhandene Drehbank (Proxxon MD300) kommt mit den Riesenspulen des Moswolt an oder über ihre Grenzen, wenn sie komplett eingespannt werden sollen. ...
Wie groß sind denn die Spulen? Die MD 300 hat doch 300 mm zwischen den Spitzen und eine Spitzenhöhe von (glaube ich) 65 mm. Wenn man statt des Reitstocks eine feste Lünette verwendet, kann man zwar holprig aber immerhin auch längeres Werkstück bearbeiten. Die Lünette kann man sich notfalls auch selbst basteln, wenn keine vorhanden sein sollte. Ähnliches ist mir schon öfter passiert, häufig baue ich tagelang diverse Vorrichtungen und Werkzeuge, mit deren Hilfe ich dann ein Werkstück einspannen oder bearbeiten kann.
Eine größere Einschränkung sehe ich in dem kleinen Spindeldurchlass, dabei lässt sich nicht ganz so einfach tricksen.

Die verlinkte Spule habe ich bewusst so konstruiert, dass sie mit primitiven Hausmitteln bestmöglich hergestellt werden kann. Doch sehe ich ein, dass jede Heimwerkerwerkstatt anders ausgestattet ist. Wenn ihr mir grob beschreiben würdet, worauf ihr zurückgreifen könnt, kann ich versuchen euch auf eure Möglichkeiten zugeschnittene Konstruktion vorzuschlagen. In einem solchen Fall bräuchte ich allerdings einige Tage Zeit.

Zum Knecht:
... Nun gab es eine neue, längere Messingbuchse mit genauer Passung in 8,0 für die geschliffene Stahlbuchse, dazu zwei auf die Buchse gepreßte und verklebte Distanzringe, um die fehlende Materialstärke des Knechts auszugleichen, und eine dünne Stahl-Anlaufscheibe. ...
Das sieht schon sehr solide aus. Das, was den Verschleiß hier verursacht, ist das für eine Gleitlagerung stets erforderliche Lagerspiel. Sollte sich die neue Lösung wider Erwarten ebenfalls als nicht dauerhaft genug erweisen, könnte man noch ein Rillenkugellager (weil spielfrei) in Betracht ziehen. Im parallel laufendem Thread zu der Aufarbeitung des Wernekinck Rotterdam habe ich eine Skizze eines mit Pendelkugellager ausgestatteten Knechts verlinkt. Das Lager wurde dort in einer geschlitzten Bohrung mit einer Querschraube geklemmt, das würde auch an der unteren Befestigung funktionieren. Und es ist sehr einfach, auch nur mit Handwerkzeugen, herzustellen.
... Und eine 3 mm Rundschnur ersetzt jetzt das 2 mm Modell, die liegt evtl. besser in den Rillen. ...
Bei verschlissenen oder falsch eingestochenen Rillen ist es grundsätzlich richtig, eine dickere Schnur versuchen einzusetzen. Bei den PUR Riemen kommt allerdings leider noch der Faktor der Dämpfung der Spannungsunterschiede (z.B. durch unrund laufendes Schwungrad) zum tragen. Wir hatten bei uns zu Hause vor Jahren zuerst einen 4mm Riemen im Einsatz, dann 3mm, um letztlich bei dem 2mm zu landen. Letzterer lieferte um einige 100% bessere Eigenschaften gegenüber seinen Vorgängern.

Daher empfehle ich, auch weil das Überdrehen der Spulenscheiben sowieso geplant ist, die Rillen nachzuarbeiten. Vor einigen Jahren habe ich dazu das hier verfasst:
https://www.scforum.spinnradclub.de/vie ... 19&t=26273
(Bitte nur als eine technologische Anregung verstehen, die dort aufgeführten Maßangaben kann man wohl kaum auf ein Moswolt übertragen.)
Die Tatsache, dass bei einer solchen Nacharbeit zwangsläufig kleinere Wirkdurchmesser und somit höhere Übersetzungen entstehen, könnte Dir (schätzungsweise) beim Spinnen sogar entgegenkommen.
... Und dann müssen wir noch wissen, wohin die Reise überhaupt gehen soll, da gibt es viele Möglichkeiten (kleinerer Flügel und entsprechende Spulen, Flügelantrieb oder zweifädig usw.) ...
An solche Gedanken kann ich mich bei uns noch sehr gut erinnern. Meine Frau hat dann aber recht schnell angefangen zu "dünn", zu "schnell" und zu "zweifädig" zu tendieren, daher habe ich mich vorzugsweise bisher damit beschäftigt. Die Grundlagen des zweifädigen Spinnens habe ich hier zusammengefasst https://www.scforum.spinnradclub.de/vie ... 19&t=28075
und in einigen zusammenhängenden Threads versucht die umgesetzten praktischen Lösungen vorzustellen.
Nach diesen Vorerfahrungen sehe ich den Umbau eines Moswolt zum Flügelantrieb als möglich (ob sinnvoll, dass müsstest Du selbst nach Deinem subjektiven Empfinden entscheiden), für zweifädig wirst Du allerdings mit Sicherheit ein anders Spinnrad brauchen. Und zwar eines mit einer kleineren sich bewegenden Masse (siehe euer Umbau des Spinnflügels - goldrichtig!), kleineren Spulen, besserem Rundlauf und wahrscheinlich auch höheren Übersetzungen. Einen zweifädigen Moswolt kann ich mir nicht vorstellen.

Gruß
Borek

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