Fundsache

Typen, Spinntechniken, Fragen rund ums Spinnrad-Spinnen

Moderator: Claudi

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Klara
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Fundsache

Beitrag von Klara » 27.04.2016, 11:58

Gestern auf dem Weg zur Musikschule sehe ich auf einem Parkplatz einen Anhänger voll mit augenscheinlichem Gerümpel. Mit einem Spindelrad... Der danebenstehende Mann hat mir bestätigt, dass er auf dem Weg zur Müllkippe ist, und natürlich darf ich das Rad gerne haben :)

Beim Ausgraben habe ich dann gesehen, dass es in schlechterem Zustand ist als gedacht, aber da wollte ich dann auch nicht mehr "nein danke, doch nicht" sagen. Folglich bin ich jetzt stolze Besitzerin dieses Teiles:
Fundsache.JPG
Das vordere Bein fehlt ganz, die beiden hinteren sind wurmzerfressen. Das Holz der Basisplatte ist angeschimmelt, die Felge an einer Stelle gesplittert, die Spindelhalterung ist auch ziemlich schadhaft (Spindel fehlt natürlich ganz) und ich erinnere mich auch nicht mehr, wie die genau funktioniert hat (ich erinnere mich aber, da schon mal gerätselt zu haben am Rad einer Freundin - die Lösung war ganz einfach). Bis auf weiteres ist das Teil mal in der Werkstatt geparkt.

Ciao, Klara
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Re: Fundsache

Beitrag von Claudi » 27.04.2016, 17:11

...da hast du ja wirklich jede Menge dran zu tun!
Aber mir ist auch schon einmal ein für den Sperrmüll gedachtes Rad über den Weg gelaufen, von dem letztendich nur das Schwungrad brauchbar war.
Ganz
Liebe
Grüßis die Claudi

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Re: Fundsache

Beitrag von borekd » 28.04.2016, 09:19

Hallo Klara,

Du hast vermutlich eine Rarität ergattert. Ansichtskarten mit Abbildungen ähnlicher Räder tauchen relativ oft bei ebay auf:
http://www.ebay.de/sch/i.html?_from=R40 ... e&_sacat=0
Auffällig ist, dass in der Beschreibung häufig das Wort "Normandie" vorkommt, offensichtlich ist es für diesen Landstrich typisch (gewesen).

Diese alten Geräte haben mir schon immer gefallen, und ich habe mir oft gewünscht, sowas "in echt" (d.h. zumindest auf einem vernünftigen Foto) zu sehen. Bitte unbedingt restaurieren, entsorgen wäre jedenfalls zu Schade.

Die Funktion dieser Räder ist vermutlich ähnlich wie die von Great Wheel, lediglich das Schwungrad wird nicht an den Speichen, sondern an einer Kurbel betätigt. Daher könnte man wohl die häufiger zu findenden konstruktiven Lösungen von Great Wheel auch auf Dein Spinnrad übertragen, falls man denn nichts Authentisches findet.

Als ich vor Jahren ein Great Wheel (http://www.scforum.spinnradclub.de/view ... 19&t=25001) gebaut habe, habe ich viele wichtige Infos auf der Seite http://wyattspinwheels.com/ gefunden, auch die Bildersuche bei Google (https://www.google.de/search?q=great+wh ... kQ_AUIBigB ) kann etlich Fragen beantworten.

Das fehlende Bein kann man nachdrechseln (lassen), zur Not tut es auch ein Stück Besenstiel. Die wurmstichigen Beine kann man entweder auch erstetzen, oder mit Polyurethan-Einkomponenten Harz G4 oder G8 von Voss Chemie (gibt es bei ebay) tränken. Auch Epoxyd-Laminierharze dringen sehr tief ins Holz ein, insbesondere dann, wenn es ein wenig zerfressen ist.

Gegen Schimmelbefall habe ich schon mehrmals erfolgreich diesen Mittel angewendet:
https://www.westfalia.net/shops/househo ... nput=mould
Es riecht SEHR penetrant und verursacht Kopfschmerzen, aber im Gegensatz zu anderen chemischen Mitteln funktioniert es. Vermutlich ist es giftiger als die Konkurrenz, daher bitte lieber nur im Freien anwenden. Eine umweltfreundlichere aber ähnlich intensiv stinkende Variante soll Essigsäure sein.

Halte uns bitte auf dem Laufenden, das ist ein sehr interessantes Projekt.

Gruß
Borek

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Re: Fundsache

Beitrag von sockolade » 28.04.2016, 09:26

hallo Klara,
ich hätte auch dran gezogen, und dann festgestellt, dass es keine Einrichtung zur Spannungsregulierung hat, oder? Ich glaube eher, dass es eine Spulvorrichtung war.
Mit einem Lederriemen um die breite Felge kann man so ziemlich alles drehen was man so drehen muss, kann man immer brauchen!

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Re: Fundsache

Beitrag von shorty » 28.04.2016, 10:28

Hi Klara,
klasse Teil , auch wenn noch viel zu machen ist.
Sowas findet sich hier in aller Regel nicht im Sperrmüll und ähnlichem.
Ich tippe auf Spindelrad wie Borek auch
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

Klara
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Re: Fundsache

Beitrag von Klara » 28.04.2016, 11:00

Ich hab' doch in meinem Text schon Spindelrad geschrieben - da gibt's überhaupt keinen Zweifel für mich. Ich kenn die Dinger ja in Aktion, da ist nichts weiter Geheimnisvolles dran. Ausser, dass man die Spindelhalterung richtig hindrehen muss ;)

Sockolade, wozu eine Spannungsregulierung? Spindelräder haben keine Einzug und keine Höhenverstellung, da gibt's nichts zu regeln.

Ich hab' ein kleineres Modell, das eine Freundin als Spulvorrichtung nutzt, dieses grössere habe ich fürs Spinnen genutzt gesehen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass in Haushalten, in denen gesponnen und gewebt wurde, das gleiche Rad zum Spinnen und Spulen verwendet wurde. Wenn's nicht überhaupt in einem Aufwasch gemacht wurde: Die alte (und extrem unfreundliche) Dame damals auf dem Landwirtschaftsfest hatte nämlich Halmstück von (ich glaube) Bärlauch auf die Spindel gesteckt und die Wolle da draufgewickelt. Jetzt müsste man ausprobieren, wie Bärlauchhalm im Schiffchen dreht. Mach' ich vielleicht mal - wenn ich welchen finde (die Gemeinde lässt den Strassenrand viel zu oft mähen).

borekd, Wenn du das Teil willst, kannst du es haben - müsstest es aber abholen. Was machst du im Sommerurlaub? (Meine Ferienwohnung ist gegen Tiere füttern und Mist absammeln kostenfrei - ich würde dann in Urlaub fahren.) Ich hab' nämlich eigentlich keine Lust auf Holzarbeit...

Ciao, Klara

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Re: Fundsache

Beitrag von shorty » 28.04.2016, 11:56

Dass Du das weisst , war mir klar, schmunzel, war für Sockolade der Satz ;-)...war nur zu faul zum splitten, sorry
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Re: Fundsache

Beitrag von marie-claire » 28.04.2016, 18:30

Da hast du eine" Roue à filer" gefunden. Solch ähnliche gibt es einige in der Nachbarschaft

Falls du ein Modell brauchst, bitte melden.

In Reparaturen dagegen bin ich kein Spezialist.

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Re: Fundsache

Beitrag von lisel » 02.05.2016, 11:16

Hallo Klara,

ich hätte auch in den Container gegriffen, weil altes Zeug mich magisch anzieht. Bei Edelstahl und allem was glänzt ist es bei mir noch schlimmer.

Borek hat ja schon sehr detaillierte Vorschläge zur Aufarbeitung gemacht.

Ich hätte dann noch eine Ergänzung wegen der Schimmelbehandlung. Schimmel wird auch mit Alkohol behandelt. Dazu wird vergällter Industriealkohol, sprich Brennspiritus ohne Verdünnung auf das befallenen Werkstück aufgetragen. Am besten an der frischen Luft machen und alles damit Abwaschen. Damit wird auch gleichzeitig entfettet, was für die anderen Arbeiten durchaus Vorteile hat.

Grüße Technik der Lisel
Viele Grüße von Lisel :wink:

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