Hochzeitsrad als Ziege

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von shorty » 13.03.2016, 10:21

hab jetzt mal nachgelesen gabs wohl in Frankreich, zur Ausstattung eines ganzen Spinnsaals nach Berniére später dann in Skandinavien zur Neubelebung der Hausindustrie mit Rädern von Abraham Hedmann und Gustav Ekenmark, fals das hilft
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anjulele
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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von anjulele » 13.03.2016, 10:53

lisel hat geschrieben:Hallo Mathias,

da bin ich platt, ein Hochzeitsspinnrad mit 2-fädigen Antrieb :eek:
(habe hier mal nachgelesen was dies so ist : http://de.spinn.wikia.com/wiki/Hochzeitsspinnrad ).

Sind die beiden Spinneinheiten baugleich und wirklich dazu gedacht beide gleichzeitig verwendet zu werden oder ist dieses Rad eine sehr noble Konstruktion mit 2 Spinneinheiten mit unterschiedlichen Übersetzungen oder so.....?

Wir werden es ja bald wissen, auch wie es sich jetzt schon spinnt. Ist ja jetzt schon eine dolle Nummer und schön, dass Du es wiederbelebt hast!

Grüße aus Dresden
Technik der Lisel

Die Hochzeitsräder sind alles Flachsräder und die hatten immer den zweifädigen Antrieb. Die Spinneinheiten sind etwas versetzt zueinander, weil jede einzeln angetrieben wird. Man kann damit nicht spinnen, wenn ein zweifädiger Antrieb über alles läuft. Es ist wirklich nicht leicht damit zu spinnen, egal, ob zu zweit oder beidhändig. Ich glaube auch nicht, dass Wolle darauf gesponnen wurde, weil Flachs typisch für Mitteleuropa war. So oder so zeigt es aber eindrucksvoll, wie händisch man früher war.

Mathias, mir gefällt die Verwandlung deiner Ziege sehr. Die sind sehr selten. Bei uns im Museum gibt es auch eine solche Ziege, ebenfalls reichlich reparaturbedürftig.

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von spulenhalter » 13.03.2016, 17:07

lisel hat geschrieben:Hallo Mathias,

da bin ich platt, ein Hochzeitsspinnrad mit 2-fädigen Antrieb :eek:
(habe hier mal nachgelesen was dies so ist : http://de.spinn.wikia.com/wiki/Hochzeitsspinnrad ).

Sind die beiden Spinneinheiten baugleich und wirklich dazu gedacht beide gleichzeitig verwendet zu werden oder ist dieses Rad eine sehr noble Konstruktion mit 2 Spinneinheiten mit unterschiedlichen Übersetzungen oder so.....?

Wir werden es ja bald wissen, auch wie es sich jetzt schon spinnt. Ist ja jetzt schon eine dolle Nummer und schön, dass Du es wiederbelebt hast!

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Hallo Technik der Lisel,

Was da bei wikia steht, deckt sich mit meinem Wissen überhaupt nicht. Spinnräder gibt es seit mehr als 200 Jahren im deutschen Raum. Irgendwann waren die Webstühle mechanisiert. Die Webereien hungerten nach Garn. Eine Leistungssteigerung bei der Spinnerei wurde erforderlich. Es wurden Spinnräder mit 2 Spinneinrichtungen entwickelt, als Hungerräder bekannt. Mit diesen Spinnrädern verdoppelte sich leider nicht die Produktion, aber 160 % gegenüber den normalen Spinnrädern sollen Spinnerinnen darauf geschafft haben, wenn auch die Garnqualität nachließ.
Später wurden sie bei Hochzeitsspielen genutzt und als Hochzeitsräder bezeichnet.

Die Spinneinrichtungen sind genau identisch, mir sind nur zweifädige Hochzeitsräder in Bock und Ziegenbauweise bekannt, das ist nix nobles dabei, alles nur Leistungssteigerung und Produktivität.

Flachs wird auf dem Wocken vorbereitet und kann dann mit jeweils einer Hand ausgezogen werden.
Bei Wolle habe ich eine Vorbereitung in dieser Form noch nicht gesehen. Meist wird Wolle beidhändig ausgezogen. Damit kann von einer Person jeweils nur eine Spinneinrichtung besponnen werden.
Oder 2 Personen sitzen am gleichen Spinnrad. Dann ist die Produktivität aber nur entsprechend der langsameren Spinnerin. Besser ist es, dass dann jeder sein Spinnrad nutzt.

Meine Beate hat auf den beiden Spulen unterschiedliche Wolle. Sie wechselt dann einfach von einer Wolle auf die andere, das ist dann abwechslungsreicher. Meist läßt sie auch nur einen Flügel drehen, das geht dann leichter.

Hat man auf den Spulen Singles, die man miteinander verzwirnen möchte, kann man gleich vom Hochzeitsspinnrad auf ein anderes Spinnrad verzwirnen. Man braucht keine Lazy Kate.

Das schöne ist - Es ist ein besonderes Spinnrad.
Gruß Mathias

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von shorty » 13.03.2016, 17:32

Auch wenn ich denke das zur Blütezeit dieser Spinnräder vorwiegend Flachs gesponnen wurde, das auch besser zu dieser Bauweise passt, lässt sich Wolle schon einhändig verspinnen, nämlich dann wenn man richtig englisch woolen spinnt. Wolle kann man schon auch auf nen Wocken binden....
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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von spulenhalter » 13.03.2016, 17:48

Zurück zum eigentlichen Thema: Das Spinnrad soll fertig werden.
Erste Versuche mit dem Antriebsfaden war ein 2 mm Baumwollgarn. Um damit aber einen ausreichenden Einzug zu erreichen, mußte eine zu große Vorspannung eingestellt werden. Am Ende bin ich auf eine 3 mm gewebte Schnur gekommen, auch als Zeltschnur bekannt.
Ein normaler Knoten würde aber zu dick werden.
Knoten.jpg
Die Schnur wurde ca. 3 cm auseinandergezupft. Die Hälfte der Schnur mit einer Nadel in die Mitte des anderen Schnurendes hineingezogen, die andere Hälfte außen angelegt, etwas Lederkleber aufgetragen und mit einem Nähgarn umwickelt.
Die Klebstelle bleibt weich und ist nicht wesentlich dicker als die sonstige Schnur. Damit läuft die problemlos und ruckfrei über Spule und Wirtel.

Die beiden Antriebsschnüre sind nun als Acht zusammengelegt und jeweils über eine Spinneinrichtung aufgelegt.
Ziege-aufgelegt2.jpg
Es kann angesponnen werden.
2te_Spindel2.jpg
Die zweite Spinneinrichtng hat nun auch eine neue Verstellspindel bekommen. So kann die Spannung der Antriebsschnur fein eingestellt werden.
2te_Spinneinheit.jpg
Beide Spinneinrichtungen können nun nach freier Wahl genutzt werden.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Gruß Mathias

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von Venus von Willendorf » 13.03.2016, 18:13

Hallo Mathias,

wirklich ganz toll ist Dir die Revitalisierung gelungen. Da bekommt man Lust auf auch so ein Rädchen! :D
Beste liebe Grüße
Michaela

Perfektionismus ist fad, nur das Unvorhergesehene ist interessant!

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von Rani » 13.03.2016, 18:50

Sehr schön geworden. Ein Video mit zwei Spinnern in action wär natürlich toll!???

Gruss Rani

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von -Kerstin- » 13.03.2016, 20:07

Spitze :-)
Kann ich auch hier die Bilder reinsetzen ich weiss nicht wie es in PN geht Mathias?

LG Kerstin

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von Lottischaf » 13.03.2016, 21:42

Hallöchen,

ich habe mal ein Video bei Youtu..... davon gesehen.
beide Spulen liefen gleichzeitig und sie hatte ein Vlies in der Hand und auf beiden gesponnen..............
Das sah schon cool aus.
Aber ich glaube es lief nicht unter Hochzeitsrad.....
Von den Rädern ist gerade eines bei eba*** weggegangen. Das war noch top in Ordnung.

:) aber das Rad sieht nun supie toll aus. Hut ab.
Versponnene Grüße von Steffi und Zoo

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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von shorty » 14.03.2016, 00:21

zur Spinntechnik auch wenn hier eigentlich OT
Wolle :
https://www.youtube.com/watch?v=aKpxK9qAxH4
Flachs
https://www.youtube.com/watch?v=F7mG6sPtgNY

hier übrigens ne interessante Antriebsriemenvariante ;-)
https://www.youtube.com/watch?v=9FK0xsFa5wM

gibt noch deutlich mehr auf you tube...
evtl kannn man die Filme auch anderswo passender anhängen als hier zwingend ans Restaurationsthema..
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Re: Hochzeitsrad als Ziege

Beitrag von lisel » 14.03.2016, 08:43

Hallo Mathias,

vorweg es war ein wirklich interessanter und lehrreicher Beitrag. Man hat ja untrüglich bei mir gemerkt, ich habe das Rad ja zu Anfang für ein Stück so ähnlich wie Sägebock + Schrotsäge vor dem Standesamt gehalten. :O

Auch die Spinnwikia war da auf dem Holzweg. Danke für die Erklärung von Dir. So ist es, wenn nur viele im WWW gegenseitig voneinander abschreiben, werden Irrtümer zur Wahrheit. Naja nun dürfte die Sache, ich sag mal lieber Hungerrad, für mich und sicher vielen Anderen spätestens jetzt klar sein.

Nun sucht man sicher nicht zufällig nach so einem Rad und es ist auch nicht leicht zu finden. Gehört sicher Beharrlichkeit dazu. Wenn es denn mal auftaucht ist der Zustand meist nicht so erbaulich. Ich wäre bei der Beschreibung der Schäden am Schwungrad und die neu erforderliche Spannspindel sicher wieder zum „Deoversagen“ gekommen. ;(
Auch die Sache mit dem Backofenreiniger, das dunkle Beizen wegen den Ölverfärbungen, Wachsmischung ….man lernt nie aus.

Also Hut ab Mathias, schön erklärt, gut gemacht und einen für mich aussichtslosen Fall wieder voll funktionsfähig in unsere Zeit transportiert. :gut:

Grüße aus Dresden Technik der Lisel
Viele Grüße von Lisel :wink:

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