Ungiftiges beizen

Beizen, Baden, Stränge Binden usw.

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Ungiftiges beizen

Beitrag von Troll » 03.01.2014, 21:03

Hallo!
Da meine Walnussschalenfärbung für meine Begriffe ganz gut geworden ist, würd ich auch gern andere Färbungen mit Pflanzen ausprobieren. Aber ich möchte gerne als Beize und Fixierung entweder Gerbstoffe (wie bei der Walnussschale ) verwenden oder Essig - oder etwas ähnlich leicht zu beschaffendes bzw ungiftiges. Klar ist Essigessenz im Auge schon übel und somit nicht völlig harmlos - aber ich will weder Alaun noch Kupfersalze oder so verwenden. Am liebsten etwas, das ich im Garten auskippen KÖNNTE ohne ernsthaft Schaden anzurichten. Aber natürlich sollen die Farben auch lichtecht, reibeecht und haltbar sein - sonst hab ich keine Wünsche :]
Kann ich zwecks der Gerbstoffe auch grünen Tee verwenden? ( ähm - was machen die Gerbstoffe eigendlich? Beizen sie die Wolle oder konservieren sie die Farben? )
Zum Färben würd ich bevorzugt Efeu, Brennessel, Zwiebelschalen und getrockneten Rainfarn verwenden wollen.
Hat da wer Erfahrungen?
Ach ja - ich hätte auch gern ein warmes Gelb und ein kräftiges grün - geht das mit den genannten Sachen?
Falls ich die Antworten auf meine Fragen im Forum übersehen habe - gebt mir bitte einen Hinweis...

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von shorty » 03.01.2014, 21:26

Essig ist keine Beize, das zum einen.
Gerbstoffe finde ich machen die Fasern rauh, meines Wissens und ermöglichen ähnlich wie eben Beizen ein Andocken der Farben.
Alaun ist übrigens überhaupt nicht mit Kupfersulfat usw. zu vergleichen. Damit wird seit ewigen Zeiten mit Pflanzenfarbstoffen gebeizt. Oder Weinsteinrahm
Dann gäbs noch Küpenfärbungen.

Zwiebelschale wird auch ohne Beize messinggelb bei ausreichender Dosierung ist aber nicht sonderlich farbecht.
Brennessel gibt ein schmutziges gelb beige grün... ich finde lohnt nicht

Gerbstoffe haben z.B. auch Rhabarberwurzeln, nur mal so als Idee.

Ach ja noch was zum Begriff ungiftig, nur weils pflanzlich ist, heisst das noch lange nicht, dass es ungiftig ist, auch ganz ohne Alaun ;-)
Karin
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von anjulele » 03.01.2014, 21:32

Ohne eine Beize, die man heute meist mit Alaun macht, weil es am wenigsten schädlich ist (sein soll), wirst du kaum Farbe auf deine Wolle bekommen. Die Beize bereitet die Faser für die Farbstoffe auf und sorgt dafür, dass sie auf (in) der Faser bleibt. Für die meisten Pflanzen brauchst du eine Beize.

Kaltbeize wird ebenfalls auf Alaunbasis hergestellt.

Essig(essenz) ist keine Beize.

Gerbstoffe sind nicht harmlos und unschädlich. Dies hier findest zu z. B. bei Wikipedia zu dem Thema http://de.wikipedia.org/wiki/Gerbstoff
Beim Entfernen der Schalen war ich kurz davor meine Hände zu verätzen, weil ich nicht bemerkt hatte, dass meine dicken Handschuhe schon Löcher hatten. Es hat Monate gedauert, bis alle Farbreste von den Fingernägeln verschwunden waren. Ich hatte noch Glück gehabt, jemand anderes hatte sich in den Jahren davor bei der Arbeit die Hände richtig doll verätzt.
DSCI0220.JPG
Kupfersalze gehören in den Sondermüll und sind auch für die Wollfasern schädlich.

Mit Tee kannst du ohne Beize färben.

Über die Suche findest du im Forum jede Menge Infos zu Beizen und den einzelnen Pflanzen.

LG
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von moniaqua » 03.01.2014, 22:22

Troll hat geschrieben:Am liebsten etwas, das ich im Garten auskippen KÖNNTE ohne ernsthaft Schaden anzurichten.
Es gilt wie überall - die Dosis macht das Gift. Kupfer in Spuren benötigt der Körper. Zum Beizen verwende ich es aber auch nicht :)
Alaun ist das, was die Hortensien blau macht. Insofern lägst Du mit Garten da gar nicht so sehr verkehrt. Alaun ist auch das, woraus diese Deo-Steine bestehen, die manchmal verkauft werden. Alaun Kaltbeize nach J. Herborth ist recht ergiebig.

Und - wie shorty und anjulele schon sagten, nur weil etwas natürlich ist, heißt es noch lange nicht, dass es auch ungiftig oder ungefährlich ist! Digitalis purpurea - Roter Fingerhut - soll z.B. auch Gelb geben. Ehrlich, da kann ich mich beherrschen. Von den von Dir genannten Pflanzen färben eigentlich alle Gelb. Efeu würde ich übrigens auch nicht freiwillig als Tee trinken, das nur nebenbei. Hups, ich lese grad im Eberhard Prinz nach, Efeu ist ja hoch spannend. Die Beeren geben nämlich im Frühjahr Gelb (mit Alaun), jetzt geben sie Graurosa (eher Grau, das habe ich schon einmal ausprobiert). Die Blätter laut Herrn Prinz ocker bis braun auf Alaun. Und das Harz aus Wurzel oder Stamm soll sogar Rot ergeben.

Brennessel gibt Gelb, aber nicht so schön wie die Zwiebeln. Die sind vielleicht besser als Tee zu trinken als zu färben ;) Rainfarn müsste auch Gelb geben, wie warm/schön, weiß ich nicht. Gelb ist aber eine der am leichtesten zu erhaltenden Farben.

Wenn Du bis zum Frühjahr wartest und Dich doch mit Alaun abfinden kannst, Birkenblätter geben ein lohnendes Gelb. Auch Apfelrinde soll schön gelb werden, das habe ich aber noch nicht ausprobiert.

Blau geht mit Indigo oder Waid, das ist dann mit Küpe oder Ammoniak (Entfärber) - auch nicht sooo prickelnd, wenn man Alaun schon ablehnt.

Es gibt sowohl hier im Forum als auch im www, über google leicht zu finden, viele Anleitungen.
Servus,
Monika

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von Troll » 03.01.2014, 22:39

Danke für eure Beiträge.
Ich kenne mich übrigens ganz passabel mit Pflanzen aus, vor allem wenn es um Heil- und Giftpflanzen geht. Ich hab sogar kapiert, dass nicht alles, was in der Natur vorkommt gut für den menschlichen Organismus ist. Alaun lehne ich ab, seitdem ich mich etwas mit der MÖGLICHEN Wirkung von Aluminium und verwandten Stoffen auf den Körper befasst habe. Muss man ja nicht mehr als nötig konsumieren - zumal es hier um mein Hobby geht und ich in keinerlei Zwang stehe, Alaun zu verwenden.
Gerbstoffe in der Art und Konzentration wie sie in Walnussschalen und grünem oder schwarzem Tee vorkommen halte ich für ein vertretbares Risiko.
Wie sieht das mit Eichenrinde oder Eicheln aus? (Wir hatten gerade Sturm... :D ) Enthalten die zum beizen geeignete Gerbstoffe ohne dabei selbst zu färben? Sprich kann ich damit die Wolle beizen und danach beispielsweise mit Efeu gelb färben? Klar kann ich das auch ausprobieren, aber da die Verarbeitung von Rohwolle sehr zeitintensiv ist, profitier ich gern von Erfahrungsberichten statt damit zu experimentieren.

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von moniaqua » 03.01.2014, 22:58

Tja, sorry, Erfahrung habe ich mit Eiche als farblose Beize nicht und auch noch nichts davon gehört oder gelesen (was nichts heißen muss). Eher, dass da Braun bei rumkommt, was ich mir sehr gut vorstellen kann, wenn ich die hiesigen Moorbäche anschaue :)
Ich kann ehrlich gesagt nicht wirklich nachvollziehen, was so schlimm an Alaun, bzw. Aluminium in gefärbter Wolle sein soll. Es gibt Stoffe, die finde ich weit schlimmer, da gibt es wirklich verlässliche Studien über die Gefährlichkeit und die werden ausgiebig konsumiert (natürlich weiß ich nicht, ob von Dir :) ). Aber gut, es ist Deine Entscheidung, Alaun nicht verwenden zu wollen.

Ich habe gerade nach Bärlapp gegoogelt; der wird auch in Zusammenhang mit Beize genannt. Scheint aber auch nur Alaun/Aluminiumsalze zu enthalten Bild Und geschützt ist er wohl obendrein. Hilft also nicht wirklich.

Gerade beim Hundespaziergang ist mir noch eingefallen, dass Eichenstaub gerade wegen der Gerbsäure auch nicht so wirklich ohne ist. Schreinereien müssen da auf Schutzmaßnahmen achten, denn das Zeug ist wohl ähnlich nett wie Asbest auf Dauer.

Einen Versuch zum Färben ohne Beize wäre vielleicht Henna wert. Bei Haaren funktioniert das jedenfalls ganz nett :) Ich hatte die Wolle letztens gebeizt; das lag aber mehr daran, dass ich die eben schon gebeizt vorliegen hatte.
Zuletzt geändert von moniaqua am 03.01.2014, 23:42, insgesamt 1-mal geändert.
Servus,
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von shorty » 03.01.2014, 23:13

Evlt auch ne Möglichkeit zu den Farben zu kommen ist das ein oder andere an natürlichen Wollfarben zu mischen.
Es gibt ja gerade im beige braun Bereich viele Farben die ja schon als Rohwolle vorkommen.
Ich hab früher auch gerne mal mit Walnüssen z.B. gefärbt, mache das aber nicht mehr sooo gerne, weil es die Fasern durch die starken Gerbstoffe total rauh macht.
Abstufungen von braun caramel usw bekommt man ebensogut wenn man z. B Juraschaf mit weiss oder Coburger Fuchs mischt.
Graue Bergschafwolle entsteht auch nur durch mischen von weiss und minimal schwarz.
Evlt kann man da auch noch mit anderen Kombis experimentieren.
Gibt zwar kein grün, ist klar, aber erweitert ganz ohne Färben auch die Farbpalette.
Ich finde für braun kann man sich das Färben eigentlich sparen...

es gibt ja durchaus auch gelbstichiges weiss bei den Rassen, müsste man evlt mal gezielt mit Coburger usw testen

ein ganz anderer Ansatz, weiss schon....
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von Troll » 04.01.2014, 00:05

@moniaqua: danke, dass du das mit dem Alaun einfach mal so stehen lässt. Alles bis zum erbrechen rechtfertigen zu "müssen" nervt manchmal einfach nur.
Da werd ich einfach mal etwas experimentiern - mal sehen, was was wird und was nicht.
@ shorty: das stimmt schon. Ich habe eine winzige Menge gescheckte Skudde (kastanienbraun und weiß ) , die ich zu einem Kammzug gekämmt habe. Die farbe ist toll, aber die Menge lohnt sich kaum zu verspinnen - schade.
Ich werd dann die Tage mal etwas köcheln - und tüchtig beten :D

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von versponnen » 04.01.2014, 04:12

mein Rat, wende dich an lebensmittelchemiker, der müsste dir sagen können welche Beizen verträglich sind. Und das Institut in Hohenstein.
http://www.hohenstein.de/de/testing/mat ... nces.xhtml

und alle Beizen wie rharbarber , Galläpfel, Tee, ..ect enthalten ja auch eine Dosis Chemie,,, daher jedes Färben ist ein zusatz von chemischen Stoffen auf und in die Faser.
aber ich sehe noch ein viel größeres problem..allergien oder pseudoallergien durch die Pflanzen-Farbstoffe selbst, dazu die Waschmittel, Pflegemittel,


daher mein Rat nimm schlicht naturfarbene Wolle , das mache ich nun immer mehr.
liebe Grüße Wiebke

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von Claudi » 04.01.2014, 08:14

Ich habe letztens im Blog von lavendelblau gelesen, dass sie mit Rhabarberblättern experimentiert hat, auch ohne Alaunbeize. Die Ergebnisse fand ich nicht uninteressant. ;) Da man die Blätter ja ohnehin nicht verwendet (im Gegensatz zur Wurzel) könnte man da vielleicht auch Versuche unternehmen, bei denen man dem Sud auch noch andere Färbepflanzen dazugibt.

Edit: ...und mit Färbeknöterich geht auch was mit Essig, hier ein Bericht dazu.
Ganz
Liebe
Grüßis die Claudi

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von Erdrauch » 04.01.2014, 10:21

Hallo Troll,

nachdem wir uns einig sind, das wir Menschen und alles was uns umgibt auf chemischen Prozessen aufbaut, schlage ich vor, das wir den Thread umbenennen in "Umweltschonendes Beizen".
Somit brauchen wir die Grundsatzdiskussion nicht jedesmal führen!

Meine Erfahrungen mit Pflanzenbeizen beschränken sich auf den krausen Ampfer und die Grosse Sternmiere, sowie mit Tara für Baumwolle und Leinen. Nach meiner Erfahrung und der einschlägigen Literatur hinterlassen alle Pflanzenbeizen einen eigenen - wenn auch nur schwachen Farbton - auf den gebeizten Fasern.

In Indonesien läuft ein Projekt in der Naturfärberei mit den Blättern eines Baumes (Symplocos cochinchinensis), die Aluminiumsalze enthalten. http://www.maiwa.com/pdf/symplocos.pdf

Ein Extrakt der Bläter ist bereits im Handel in Frankreich bei "Couleur de Garance" käuflich zu erwerben. http://www.couleur-garance.com/index.ph ... t?Itemid=2
Michel Garcia von "Couleur de Garance" http://www.youtube.com/watch?v=tE1xSq3D-bc experimentiert mit der Fermentation von Pflanzen in der Naturfärberei, denn wie wir aus archeologischen Funden in Kleinasien wissen, wurden früher Pflanzenfarben durch Fermentation, ähnlich der Indigoküpe mit Fruktose (durch Hinzufügung von Datteln oder anderen Früchten) auf die Faser gebracht.

Ich habe bis jetzt noch keine Erfahrungen mit der Fermantationsmethode gemacht, beobachte aber den Erfahrungsaustausch in diversen französischen Foren dazu.

Gruß, Erdrauch
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von Schlompfine » 04.01.2014, 10:52

Troll hat geschrieben:Danke für eure Beiträge.
Ich kenne mich übrigens ganz passabel mit Pflanzen aus, vor allem wenn es um Heil- und Giftpflanzen geht. Ich hab sogar kapiert, dass nicht alles, was in der Natur vorkommt gut für den menschlichen Organismus ist. Alaun lehne ich ab, seitdem ich mich etwas mit der MÖGLICHEN Wirkung von Aluminium und verwandten Stoffen auf den Körper befasst habe. Muss man ja nicht mehr als nötig konsumieren - zumal es hier um mein Hobby geht und ich in keinerlei Zwang stehe, Alaun zu verwenden.
Dann guck mal auf Dein Deo, sofern Du ein ganz normales verwendest, was da drin ist und was das mit Deinem Körper macht. DA würde mir viel schneller übel werden als beim Beizen mit Alaun...

Troll hat geschrieben:Gerbstoffe in der Art und Konzentration wie sie in Walnussschalen und grünem oder schwarzem Tee vorkommen halte ich für ein vertretbares Risiko.
Wie sieht das mit Eichenrinde oder Eicheln aus? (Wir hatten gerade Sturm... :D ) Enthalten die zum beizen geeignete Gerbstoffe ohne dabei selbst zu färben? Sprich kann ich damit die Wolle beizen und danach beispielsweise mit Efeu gelb färben? Klar kann ich das auch ausprobieren, aber da die Verarbeitung von Rohwolle sehr zeitintensiv ist, profitier ich gern von Erfahrungsberichten statt damit zu experimentieren.
Bedenke immer, dass Gerbstoffe Dein gefärbtes Gut angreifen. Nicht umsonst wurden im späten Mittelalter diverse Färbearten verboten, in denen Gerbstoffe zugesetzt wurden. Sicher macht auch hier die Dosis das Gift, aber so ist es. Mit Eichenrinde kann man ohne Alaunvorbeize färben. Man braucht dazu allerdings relativ viel. Farbverstärkend ist da ein Kupferkessel, jedenfalls klappts damit bei mir besser als bei Emaille. Die Rinden sollte man auch ein par Stunden auskochen. Ob die Eicheln selber einen Farbstoff enthalten, der sich mit Wolle verbindet, weiß ich leider nicht.

Man kann ganz viel ohne Vorbeize färben, nur kann es dann sein, dass die Farben blasser und nicht so leuchtend sind, als wenn man die Wolle beizt. Auch ist die Haltbarkeit dann interessant, weil einige Farben dann schneller ausfallen bei Lichteinwirkung und Waschen. Kommt halt darauf an, was man in welcher Intensität erreichen möchte.

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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von anjulele » 04.01.2014, 11:29

Danke Schlompfine, dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen!

Grundsatzdiskussionen lassen sich in einem Forum nicht vermeiden. Schon alleine, weil neue Mitglieder oder alte, die Neues für sich entdecken, nicht immer mit der Suche zurecht kommen oder sie gar nicht erst betätigen. Das ist zwar manchmal etwas nervig, aber andererseits gibt es zu vielen Sachen neue Informationen. Man lernt nie aus und manchmal öffnen gerade solche Diskussionen, wie sie sich mitunter ergeben, neue "Horizonte". Es kann nicht schaden, immer mal wieder eventuelle Problematiken für ein Thema zu durchleuchten.

Es hat halt alles Vor- und Nachteile. Ich finde es gut, darüber zu diskutieren. Sollte es dann dieses Thema hier schon geben - umso besser, dann hängt man es dort an und hat alles übersichtlich beieinander.

Alle Beizen hinterlassen einen für sie typischen Farbton auf den Fasern.

Pflanzenfärben ansich verbraucht Unmengen an Wasser und Energie. Man kann mit Säurefarben mit wesentlich weniger Verbrauch färben.

Warum man nun unbedingt Blätter eines Baumes aus Indonesien, die Aluminiumsalze enthalten, verwenden sollte/müsste/könnte, leuchtet mir nicht ein. Ohne Chemie sind diese Salze nicht aus den Blättern zu holen. Der Dreck bleibt dann praktischerweise in Indonesien? Ich glaube, Indonesien hat ganz andere Probleme. Oder fallen diese Bäume dem primären Urwaldraubbau zugunsten der Soja-Industrie eh zum Opfer? Dafür dürfen dann Indigene die Blätter ernten, bevor sie endgültig aus ihrem Lebensraum vertrieben werden?

Erdrauch, hast du mit einer der Taras aus dem Forum getestet, oder ist "Tara" eine Beize? Auf Leinen und Baumwolle klingt interessant, weil Pflanzenfasern anders zum Färben aufbereitet werden müssen.

LG
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von marled » 04.01.2014, 11:43

Es liegt ganz einfach in der Natur der Sache, dass farbige Wolle in den meisten Fällen eine Beize braucht. Wirksame Beizen haben immer einen Metallsalzanteil, egal ob in reiner Form oder mit Pflanzen erzeugt. So sollen auch Vogelmiere und Sauerampfer eine wirksame Beize ergeben, aber auch auf Grund des erhöhten (Oxal)säuregehaltes. Die Säuren in den Pflanzen greifen das Metall im Kochtopf (sofern nicht emailliert) an und verbinden sich zu einem Metallsalz - wenn das ich mit meinen NUll-Kenntnissen in Chemie richtig verstanden habe.
Wenn man also Metallsalzspuren in der Kleidung vermeiden will, bleibt nix anderes übrig als auf naturfarbene Wolle zurückzugreifen.
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Re: Ungiftiges beizen

Beitrag von Erdrauch » 06.01.2014, 10:32

Ich habe einige Zeit mit mir gerungen, ob ich zum Beizen mit Tarapulver noch etwas schreiben soll ;) - denn Tarapulver wird aus den Samenschoten des Tarabaums/strauchs (Caesalpinia tinctoria/Caesalpinia spinosa) hergestellt und beinhaltet viel Tannin, also Gerbsäure, die natürlich auch in heimischen Pflanzen zu finden ist!

Allerdings wird das Tannin, ähnlich wie die Aluminiumsalze des Symplocosbaums, nicht aus der Pflanze extrahiert, sondern die Pflanzenteile (Samenschoten, bzw. Blätter) werden lediglich getrocknet und gemahlen.

Der Tarabaum wächst jedoch nur in einigen Ländern Südamerikas und ich kann wirklich nicht beurteilen, ob das nachfolgende Zitat auch hier analog zutreffend sein könnte:
Oder fallen diese Bäume dem primären Urwaldraubbau zugunsten der Soja-Industrie eh zum Opfer? Dafür dürfen dann Indigene die Blätter ernten, bevor sie endgültig aus ihrem Lebensraum vertrieben werden?
Ich erinnere mich aber gelesen zu haben, dass Tarapulver in Peru schon seit Urzeiten zum Färben genutzt worden ist.

Wie dem auch sei, man nimmt etwa 10 % Tarapulver bezogen auf das Gewicht des Färbegutes , läßt es ca. 20 - 30 Min. in heißem Wasser aufquellen und gibt es dann in einem Stoffsäckchen in die Beizflotte.
Das gewaschene und nasse Färbegut aus Wolle, Seide, Baumwolle oder Leinen wird in die Beize gelegt und ca. 1 Std. geköchelt. Anschließend heiß ausspülen und wie gewünscht färben.

Im Gegensatz zu anderen Gerbstoffbeizen verändert sich die Farbe des Färbegutes m. E. geringfügiger - blütenweiß wird z. B. dunkel wollweiß - trotzdem sollte eine möglichst kräftige Färbung gewählt werden.

Zu beziehen ist Tarapulver u. a. im Pflanzenfärbershop: http://shop.pflanzenfaerber.eu/beizen-u ... -100g.html


Anjule schrieb:
Pflanzenfärben ansich verbraucht Unmengen an Wasser und Energie. Man kann mit Säurefarben mit wesentlich weniger Verbrauch färben.
Säurefarbstoffe scheinen in diesem Forum hoch im Kurs zu stehen und vielleicht muß der Endverbraucher tatsächlich weniger Energie und Wasser als beim Färben mit Pflanzen einsetzen. Doch wie sieht die Bilanz dieser Farben insgesamt aus?
Es wird immer wieder auf das Ökotex - Standard 100 - Siegel verwiesen. Doch das Ökotexsiegel beurteilt nur Schadstoffe/Schwermetalle, die in den gefärbten Stoffen nach diversen Spülgängen noch über dem zulässigen Höchstwerten vorhanden/oder nicht vorhanden sind. https://www.oeko-tex.com/de/manufacture ... teria.html

Hier im Forum herrscht leider gähnende Leere zu den Inhaltsstoffen der Säurefarben - siehe auch den Thread: Zusammensetzung der chemischen Farben wie Luvotex, Ashford usw., den Shorty mal im Frühjahr 2007 versucht hat anzustoßen: viewtopic.php?f=78&t=704

Ich dachte, ich befolge den Rat Anjules und erweitere mal meinen "Horizont" und habe mich auf Spurensuche zu den Inhaltsstoffen der Säurefarbstoffe begeben.

Bei Ashford (http://www.ashford.co.nz/newsite/site-p ... nformation) wird unter der Rubrik "Consumer Information - Dyes" nur sehr nebulös von schwachen Säuren in ihrem Produkt gesprochen. Welche Säure, ob Essig, Schwefel-, Salz- oder Phosphorsäure gemeint ist bleibt dabei unklar. Wodurch oder womit die unterschiedlichen Farben entstehen wird nicht erklärt.
Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Rest-Färbeflotte ungefährlich für die Umwelt und das Abwasser sei, falls man die Restflotte mittels Backpulver neutralisieren würde!! (Wissen dies die Färberinnen hier im Forum?)

Weiter erscheinen dann u. a. folgende Hinweise für Ashford-Farben:
- Farb - Behälter gut verschließen und außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren!
- Handschuhe tragen und die Arme bedecken!
- Atemschutzmaske tragen wenn mit dem Pulver oder einer Sprühlotion gearbeitet wird.
- Töpfe und Utensilien, die beim Färben benutzt werden, sollten auch weiterhin nur noch
hierfür genutzt werden!
- Produkt ist gefährlich für Wasserorganismen und kann lang andauernde schädliche Wirkungen auf
Gewässer und deren Umgebung haben!!!!

Zu Lanaset-Farben von Ciba-Geigy habe ich nur einen vagen Hinweis auf die Inhaltstoffe in einer technischen Anleitung für Färbereibetriebe auf Seite 5, 2. Absatz, 1. Zeile, gefunden: http://www.textile-dyes.co.uk/lanaset.pdf
Danach enthält Lanaset stark färbende Metallkomplexe!

In einer englischsprachigen Färbeanleitung für Lanaset wird darum gebeten, ("As a small planetary kindness") aus Freundlichkeit unserem Planeten gegenüber die Restfärbeflotte mit 3-5%igem Ammoniak/also haushaltsüblichem Salmiakgeist zu neutralisieren bevor die Flüssigkeit ins Abwasser gekippt wird.
Ferner wird, wie bei Ashford, darauf hingewiesen, Handschuhe, Schutzkleidung und Atemmaske während des Färbens zu tragen.

Im Blog "handspindel" von Ulrike Bogdan fand ich dann einen Beitrag vom 08.06.2011: ISEND 2011 Teil 2 - synthetische Farben vs Naturfarben, indem die Inhaltsstoffe in Säurefarben beim Namen genannt werden.

Ich zitiere (Hervorhebungen wurden von mir eingefügt): "Synthetische Farben enthalten Schwermetalle (ja, damit sind auch die Farben von Ashford, Luvotex, Procion, Lanaset und Konsorten gemeint). Soweit sollte das allen klar sein. Dazu gehören Arsen, Blei, Zink, Chrom und Quecksilber. Diese Schwermetalle entstehen zum Teil bei der Produktion der synthetischen Farben und könnten herausgefiltert werden, was allerdings die Farbzusammensetzung und damit die Farbe verändert. Oder sie gehören einfach zu der Farbe dazu (ist so häufig im Künstlerfarbbereich oder bei den Anstreicherfarben).

Damit wir uns also ein buntes T-Shirt für 5 EUR kaufen können, müssen eine ganze Menge Leute in den Entwicklungs- und Schwellenländern leiden. Denn dort werden dann die synthetischen Farben ähnlich gedankenlos angewendet wie hier bei unseren HobbyfärberInnen und genauso in den Ausguss oder eben gleich in den Fluss gekippt. (Hej, ich war daran auch beteiligt. Wenn ich bedenke wie viele Liter Abfallfarbe allein bei meiner ganzen Procionfärberei angefallen sind, die dann in unser Abwasser gelangten, wird mir schlecht.)"

http://www.handspindel.de/?id=185

Nun möchte ich mit meinem Beitrag keineswegs die Säurefärber/Innen verteufeln, denn farbige Fasern sind schön und wünschenswert, doch wir Pflanzen- und Säurefarbenfärber sollten ehrlich über die Hintergründe unseres Tuns reflektieren. In diesem Sinne ist es vielleicht auch nützlich den Thread "Frage zu Ashford Farben und Topf" viewtopic.php?f=78&t=8544&start=15 nochmals zu überdenken.

Um evtl. Wasser und Energie beim Färben einzusparen, sollten wir uns vielleicht mit den traditionellen Färbemethoden in Nigeria oder Mali, bzw. bei einigen Indianerstämmen in Nordamerika beschäftigen. Dort wird häufig mit mineralhaltiger Erde (z. B. eisenhaltigem Schlamm) das Gewebe/die Faser gebeizt.

Für heute habe ich genug geschrieben, sollte ich mir den Unwillen des einen oder anderen Forenmitglieds durch meine Ausführungen zugezogen haben, so schlage ich mir jetzt schon an die Brust und rufe: mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa!

Gruß, Erdrauch
Zuletzt geändert von Erdrauch am 06.01.2014, 11:52, insgesamt 3-mal geändert.
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