Ich habe einige Zeit mit mir gerungen, ob ich zum Beizen mit Tarapulver noch etwas schreiben soll

- denn Tarapulver wird aus den Samenschoten des Tarabaums/strauchs
(Caesalpinia tinctoria/Caesalpinia spinosa) hergestellt und beinhaltet viel Tannin, also Gerbsäure, die natürlich auch in heimischen Pflanzen zu finden ist!
Allerdings wird das Tannin, ähnlich wie die Aluminiumsalze des Symplocosbaums, nicht aus der Pflanze extrahiert, sondern die Pflanzenteile (Samenschoten, bzw. Blätter) werden lediglich getrocknet und gemahlen.
Der Tarabaum wächst jedoch nur in einigen Ländern Südamerikas und ich kann wirklich nicht beurteilen, ob das nachfolgende Zitat auch hier analog zutreffend sein könnte:
Oder fallen diese Bäume dem primären Urwaldraubbau zugunsten der Soja-Industrie eh zum Opfer? Dafür dürfen dann Indigene die Blätter ernten, bevor sie endgültig aus ihrem Lebensraum vertrieben werden?
Ich erinnere mich aber gelesen zu haben, dass Tarapulver in Peru schon seit Urzeiten zum Färben genutzt worden ist.
Wie dem auch sei, man nimmt etwa 10 % Tarapulver bezogen auf das Gewicht des Färbegutes , läßt es ca. 20 - 30 Min. in heißem Wasser aufquellen und gibt es dann in einem Stoffsäckchen in die Beizflotte.
Das gewaschene und
nasse Färbegut aus Wolle, Seide, Baumwolle oder Leinen wird in die Beize gelegt und ca. 1 Std. geköchelt. Anschließend heiß ausspülen und wie gewünscht färben.
Im Gegensatz zu anderen Gerbstoffbeizen verändert sich die Farbe des Färbegutes m. E. geringfügiger - blütenweiß wird z. B. dunkel wollweiß - trotzdem sollte eine möglichst kräftige Färbung gewählt werden.
Zu beziehen ist Tarapulver u. a. im Pflanzenfärbershop:
http://shop.pflanzenfaerber.eu/beizen-u ... -100g.html
Anjule schrieb:
Pflanzenfärben ansich verbraucht Unmengen an Wasser und Energie. Man kann mit Säurefarben mit wesentlich weniger Verbrauch färben.
Säurefarbstoffe scheinen in diesem Forum hoch im Kurs zu stehen und vielleicht muß der Endverbraucher tatsächlich weniger Energie und Wasser als beim Färben mit Pflanzen einsetzen. Doch wie sieht die Bilanz dieser Farben insgesamt aus?
Es wird immer wieder auf das Ökotex - Standard 100 - Siegel verwiesen. Doch das Ökotexsiegel beurteilt nur Schadstoffe/Schwermetalle, die in den gefärbten Stoffen nach diversen Spülgängen noch über dem zulässigen Höchstwerten vorhanden/oder nicht vorhanden sind.
https://www.oeko-tex.com/de/manufacture ... teria.html
Hier im Forum herrscht leider gähnende Leere zu den Inhaltsstoffen der Säurefarben - siehe auch den Thread: Zusammensetzung der chemischen Farben wie Luvotex, Ashford usw., den Shorty mal im Frühjahr 2007 versucht hat anzustoßen:
viewtopic.php?f=78&t=704
Ich dachte, ich befolge den Rat Anjules und erweitere mal meinen "Horizont" und habe mich auf Spurensuche zu den Inhaltsstoffen der Säurefarbstoffe begeben.
Bei
Ashford (
http://www.ashford.co.nz/newsite/site-p ... nformation) wird unter der Rubrik "Consumer Information - Dyes" nur sehr nebulös von schwachen Säuren in ihrem Produkt gesprochen. Welche Säure, ob Essig, Schwefel-, Salz- oder Phosphorsäure gemeint ist bleibt dabei unklar. Wodurch oder womit die unterschiedlichen Farben entstehen wird nicht erklärt.
Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Rest-Färbeflotte ungefährlich für die Umwelt und das Abwasser sei, falls man die Restflotte mittels Backpulver neutralisieren würde!! (Wissen dies die Färberinnen hier im Forum?)
Weiter erscheinen dann u. a. folgende Hinweise für Ashford-Farben:
- Farb - Behälter gut verschließen und außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren!
- Handschuhe tragen und die Arme bedecken!
- Atemschutzmaske tragen wenn mit dem Pulver oder einer Sprühlotion gearbeitet wird.
- Töpfe und Utensilien, die beim Färben benutzt werden, sollten auch weiterhin nur noch
hierfür genutzt werden!
- Produkt ist gefährlich für Wasserorganismen und kann lang andauernde schädliche Wirkungen auf
Gewässer und deren Umgebung haben!!!!
Zu
Lanaset-Farben von Ciba-Geigy habe ich nur einen vagen Hinweis auf die Inhaltstoffe in einer technischen Anleitung für Färbereibetriebe auf Seite 5, 2. Absatz, 1. Zeile, gefunden:
http://www.textile-dyes.co.uk/lanaset.pdf
Danach enthält Lanaset stark färbende Metallkomplexe!
In einer englischsprachigen Färbeanleitung für Lanaset wird darum gebeten,
("As a small planetary kindness") aus Freundlichkeit unserem Planeten gegenüber die Restfärbeflotte mit 3-5%igem Ammoniak/also haushaltsüblichem Salmiakgeist zu neutralisieren bevor die Flüssigkeit ins Abwasser gekippt wird.
Ferner wird, wie bei Ashford, darauf hingewiesen, Handschuhe, Schutzkleidung und Atemmaske während des Färbens zu tragen.
Im Blog "handspindel" von Ulrike Bogdan fand ich dann einen Beitrag vom 08.06.2011: ISEND 2011 Teil 2 - synthetische Farben vs Naturfarben, indem die Inhaltsstoffe in Säurefarben beim Namen genannt werden.
Ich zitiere (Hervorhebungen wurden von mir eingefügt):
"Synthetische Farben enthalten Schwermetalle (ja, damit sind auch die Farben von Ashford, Luvotex, Procion, Lanaset und Konsorten gemeint). Soweit sollte das allen klar sein. Dazu gehören Arsen, Blei, Zink, Chrom und Quecksilber. Diese Schwermetalle entstehen zum Teil bei der Produktion der synthetischen Farben und könnten herausgefiltert werden, was allerdings die Farbzusammensetzung und damit die Farbe verändert. Oder sie gehören einfach zu der Farbe dazu (ist so häufig im Künstlerfarbbereich oder bei den Anstreicherfarben).
Damit wir uns also ein buntes T-Shirt für 5 EUR kaufen können, müssen eine ganze Menge Leute in den Entwicklungs- und Schwellenländern leiden. Denn dort werden dann die synthetischen Farben ähnlich gedankenlos angewendet wie hier bei unseren HobbyfärberInnen und genauso in den Ausguss oder eben gleich in den Fluss gekippt. (Hej, ich war daran auch beteiligt. Wenn ich bedenke wie viele Liter Abfallfarbe allein bei meiner ganzen Procionfärberei angefallen sind, die dann in unser Abwasser gelangten, wird mir schlecht.)"
http://www.handspindel.de/?id=185
Nun möchte ich mit meinem Beitrag keineswegs die Säurefärber/Innen verteufeln, denn farbige Fasern sind schön und wünschenswert, doch wir Pflanzen- und Säurefarbenfärber sollten ehrlich über die Hintergründe unseres Tuns reflektieren. In diesem Sinne ist es vielleicht auch nützlich den Thread "Frage zu Ashford Farben und Topf"
viewtopic.php?f=78&t=8544&start=15 nochmals zu überdenken.
Um evtl. Wasser und Energie beim Färben einzusparen, sollten wir uns vielleicht mit den traditionellen Färbemethoden in Nigeria oder Mali, bzw. bei einigen Indianerstämmen in Nordamerika beschäftigen. Dort wird häufig mit mineralhaltiger Erde (z. B. eisenhaltigem Schlamm) das Gewebe/die Faser gebeizt.
Für heute habe ich genug geschrieben, sollte ich mir den Unwillen des einen oder anderen Forenmitglieds durch meine Ausführungen zugezogen haben, so schlage ich mir jetzt schon an die Brust und rufe: mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa!
Gruß, Erdrauch