Rohwolle oder gekaufte Vlies

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

italia
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Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von italia » 21.01.2012, 23:37

Rohwolle oder gekaufte Vlies was ist der Unterschied?
Ist die Rohwolle besser oder nur weil es Spaß macht sie selbst zu
verarbeiten oder auch den Preis.
(Wenn das nicht der richtige Platz ich bitte verschieben)
Grüße
italia

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Sidhe
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von Sidhe » 22.01.2012, 02:27

Naja, Rohwolle ist eben noch dreckig und fettig und gekauftes Vlies ist ja meistens schon fertig gewaschen und kardiert (wenn du das meinst?)
Ich hatte letztes Jahr fast nur mit Rohwolle zu tun. Wenn du die Wolle nicht gerade mit der Waschmaschine oder Leitungswasser wäschst (sondern mit Regenwasser), dann kommt sie dich auch günstiger, würde ich sagen.
Zum anderen fand ich es interessant alle Phasen der Wollverabreitung zu durchleben - ist schon was anderes wenn man Wolle von einem Schaf (das man vielleicht noch kennt) sortiert, wäscht, zupft, kardiert und verspinnt als wenn man einfach was kauft und das verspinnt.....für mich hat die selbst gewaschene Wolle mehr Charakter :D die gekaufte kommt mir meistens irgendwie "tot" vor... :O
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Sidhe ist jetzt als ErzgebirgsWollkyre bei Etsy und Dawanda. ^^

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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von Moira » 22.01.2012, 08:17

Ich würde mich Sidhe anschließen: Rohwolle ist direkt vom Schaf - bei einem gekauften Vlies hat man weniger Arbeit. Allerdings ist es faszierend, direkt vom Schaf ab die Wollverarbeitung zu beginnen - ich habe so einen großen Respekt vor Kleidungsstücken und Textilien wieder erlangt, weil es mir bewußt wurde, wieviel Arbeit dahinter steckt.
Die Rohwolle, die ich im letzen Jahr - zusammen mit den Frauen aus der Spinnradclub-Regionalgruppe bearbeitet habe, war geschenkt. Außer der Arbeit und dem Wasser (Regenwasser) hat sie mir nichts gekostet.
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von italia » 22.01.2012, 09:06

Dann hat das nicht mit der Qualität zu tun,direkt vom Schaf ist also nicht
weicher.
Grüße
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von Mydora » 22.01.2012, 09:36

Für kleine Mengen ist Selbstbearbeitung sicher interessant und okay. Oder wenn man ein Vlies von einer besonderen Schafrasse bekommen kann und damit Verschiedenes ausprobieren will.

Aber große Mengen selbst waschen usw. - das ist eine Menge Arbeit und man braucht auch den Platz dazu (Trocknen usw.). Größere Mengen gebe ich zum Waschen weg.
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von schafgarbe » 22.01.2012, 09:44

Ist auch sonst noch eine Frage der Geduld: Kardieren oder Kämmen macht auch noch eine Menge Arbeit, insbesondere wenn Du ein ganz gleichmässiges Ergebnis willst.

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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von shorty » 22.01.2012, 11:43

italia hat geschrieben:Dann hat das nicht mit der Qualität zu tun,direkt vom Schaf ist also nicht
weicher.
Grüße
italia
Weicheit ist ja zumindest vom Ausgangsmaterial hautpsächlich eine Frage des Micronwerts, der Dicke des einzelnen Haares.
Und ob es sich z.B. um eine Rasse mit Stichel und oder Grannenhaar handelt.
Beides macht die Wolle kratziger.
Auch die Spinnfertigkeiten geben ihren Teil dazu.

Nein direkt vom Schaf ist also nicht weicher, der Micronwert ändert sich nicht, durch die weiteren Verarbeitungsschritte.
Sofern man die Wolle nicht völlig kaputt wäscht, auslaugt, malträtiert.
Was schon der Fall ist, dass man selektiver vorgehen kann, direkt vom Schaf, die Wolle ist nicht so stark durchmischt, man kann in eher weiche und eher kratzige Teile vom Vlies aufteilen.

Für mich hat es einfach ideelen Wert, wenn ich das Schaf dazu kenne, die Arbeitsschritte selber durchlaufe, ich wasche und zupfe nämlich gerne ;-)
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von Beyenburgerin » 22.01.2012, 12:10

Der Micronwert ist ein Anhaltspunkt, mehr aber auch nicht. Man kann auch eine Wolle mit 30 Micron bekommen, die sich wunderbar weich anfühlt. Und es gibt einzelne Schafe bestimmter Rassen, die überdurchschnittlich weiche Wolle haben. Ich habe schon so manche Wolle nachgemessen, da Göga das passende Gerät dazu hat, und war überrascht.

Das wirklich wichtige Argument, Rohwolle komplett selber zu verarbeiten, ist das "Wolfen" vorm Kardieren auf industriellen Kardiermaschinen. Da werden die Fasern zerrissen, und das zum Teil erheblich in kleine Fetzen. Und ich mag es einfach nicht, wenn Wolle so verhunzt wird. Ich hatte mir überlegt, ob ein Wollpicker etwas für mich wäre. Ich habe auf Claudis getestet, das war nicht mein Ding. Auch da wurde die Wolle geschreddert. Dann zupfe ich lieber während des Spinnens mal hier und da ein Stückchen Heu oder einen Knubbel raus.Ich habe sehr viel Rohwolle verarbeitet und nur z.T. zum Kardieren weggegeben. Und dann auch nur gezielt zu bestimmten Kardierern. Es ist einfach zu traurig, eine tolle Rohwolle zu haben, die dann zerfetzt wird. Und es ist genauso eine sehr schöne Erfahrung, die Wolle in ihrer vollen Schönheit und vor allem vollen Länge bearbeiten zu können. Und ich habe auch schon Rohwollen gekauft, z.B. Polwarth in England, die fast genauso teuer war wie hierzulande der Kammzug, und dennoch hat es sich gelohnt und ich habe noch schönerer Wolle bekommen.

LG Brigitte
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von anjulele » 22.01.2012, 21:12

@ Brigitte: Die Wolle der museumseigenen Schafe wurde nun einige Male zum Kardieren weggegeben. Mir gefällt die überhaupt nicht, weil es keine Haare mehr sind, sondern sie ist fast so, wie Watte. Kann es sein, dass die Wolle "gewolft" wurde? Das würde natürlich einiges erklären! Da ich die Wolle ansonsten roh verspinne (also ohne vorher zu waschen und zu kardieren) und die Schafe auch kenne, weiß ich, dass sie eigentlich recht lange Haare haben.

Das möchte ich dann auch noch mal zum Thema hinzufügen: Rohwolle muss nicht vor dem Spinnen gewaschen werden. Eigentlich liegen die Haare nach der Schur so ordentlich, dass sie problemlos gesponnen werden können.

Rohwolle im Ganzen vom Schaf heisst "Vlies". Warum heisst es auch so, wenn es gewaschen und als "großes Ganzes" verkauft wird.
Ausserdem habe ich gerade woanders die Diskussion um "Rohwolle", weil Händler auch z. B. ungefärbtes Kardenband als "Rohwolle" anbieten. Dabei sind diese Fasern mindestens gewaschen und gebleicht. Hat darüber jemand Infos?

LG
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von shorty » 22.01.2012, 21:52

Den Begriff Vlies gibts ja nicht nur mit Wolle oder Schafwolle.
Es ist einfach eine Faseraufbereitungsart.
Aber auch bei Bügelvlies oder Volumenvlies spricht man von Vlies.
Das hat mit Wolle nur bedingt zu tun.
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von shorty » 28.01.2012, 14:41

Ich hab darüber mal ein bißerl nachgedacht.
Hatte bereits Vliese von mehreren versch. Kardierern hier.
Ein zerreissen der Fasern kann ich eigentlich bei keinem der Vliese feststellen.

Woran könnte nun Eure Feststellung liegen?
Ich vermute es kommt auf die Vorbereitungsart an.
Ich wasche und vorallem Zupfe sehr sorgfältig.
Wolfen ist im Grunde da nicht mehr nötig. Die Wollocken sind super fluffig aufgezupft und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Beanspruchung durch eben dieses zum Faserbruch führt bei so fluffigen Locken.
Konnte ich im übrigen auch beim Pickern noch nicht beobachten.

Habe erst wieder 3 Kilo Pommernschaf zurückbekommen.
Besser hätte ich das niemals selber kardieren können.
Waren nur so meine Gedanken dazu.

Karin
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von gandalf » 29.01.2012, 15:53

Feedback aus der Archeschäferei:

Ich habe zu Beginn selbst gewaschen und kardiert. Selber waschen benötigt SEHR viel Wasser und die richtige Temperaturführung um das Fett rauszubekommen und dauert. Meine Kurbelkardiermaschine hat das gemacht aber eigentlich hatte ich immer zu viel Restfett in der Wolle.

Mit der Zunahme der Schafmenge hab ich waschen und kardieren lassen (Regensburger/Ötztal und Dickel/ Sauerlandwolle). Das Ergebnis der Auftragsarbeiten fand ich beide Male überzeugender als meine eigenen Bemühungen. Die Wolle war wunderbar fluffig, 3-5 % Restfettgehalt und die Fasern keineswegs zerrupft.

Shorty hat auch davon gesponnen und sich bisher nicht beschwert :fear: . Falls du was dazu sagen möchtest, gerne Shorty! - ich bin keine Spinnerin aber für mich waren die Fasern sehr schön und die bisherige Rückmeldung verschiedener Spinnfrauen war sehr positiv. Natürlich gibt es rassenbedingt Unterschiede (Grannenhaare...). Hab immer Vlies machen lassen.

Die Ergebnisse der handgesponnenen Fäden hingegen waren je nach Spinnerin und vor allem auch je Spinnmethode z.T. recht unterschiedlich. Da ist das Wollhexle immer wieder am Experimentieren. Die kann sicher noch mehr dazu sagen. Insgesamt kommt der fertige Faden beim Handspinnen weicher heraus als beim maschinengesponnenen Faden.

Grüße von
Barbara
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von shorty » 29.01.2012, 16:02

Da gabs nichts zu beschweren, die Wolle war sehr ! schön.:-)
Kann das Zerrupfte in keinster Weise nachvollziehen.
Wie gesagt hatte schon von Euch, aber auch von anderswo industriell aufbereitete Wolle, bisher sehr zufriedenstellend.
Einige Vliese kamen deutlich schöner zurück als meine eigene Kardierten !
z.B. die Alp. Steinschafwolle-- einmal selber kardiert, einmal bei Wollpoldi.
Letztere war viel schöner.

Evlt ist das auch ne Frage der Faserqualität.
Brüchige Wolle muss ja nicht primär mit der Verarbeitungsmethode zu tun haben.
Haltungsbedingungen usw spielen da auch ne Rolle.
Ich grübel da ja schon ne Weile drüber, warum das scheints bei den obigen Kommentaren so war.
Bin noch keinem Schluss gekommen.
Karin
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von anjulele » 29.01.2012, 16:26

Das macht mich nun auch neugierig. Eigentlich verspinne ich nur Rohwolle. Die wasche ich erst nach dem Zwirnen. Eure vielen Vorschläge hier im Forum haben mich aber auch ausprobieren lassen die Wolle vorher zu waschen. Sogar in der Waschmaschine! - Ich glaub es selbst nicht! :eek: die Wolle ist danach durchaus in einem ustand, der sich auch ohne zu kardieren gut verarbeiten lääst.

Ich weiß nicht, wo die Museumswolle kardiert wird, werde aber mal anregen einen anderen Anbieter auszuprobieren. Da ich weiß, wie die Wolle im Rohzustand ist, finde ich es um so ärgerlicher, solch einen Murks zurück zu bekommen.

LG
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Re: Rohwolle oder gekaufte Vlies

Beitrag von lilly 66 » 30.01.2012, 11:11

Ich verarbeite auch sehr gerne Wolle direkt vom Schaf. Nach dem Waschen zupfe ich sie sehr sorgfältig. Dann kann man ja entweder färben oder kardieren oder so gezupft spinnen. Im Moment mag ich das lieber als fertige gekaufte Kammzüge. Hab jetzt gerade 2 Vliese Texel bearbeitet, die vor Weihnachten geschoren wurden. Ein Traum, kaum Einstreu drin. Beim zupfen hab ich gemerkt das es genau das ist was ich will. Diese Wolle hat für mich so was lebendiges. (ich meine keine Motten :totlach: )
Das waschen macht im Moment die Waschmaschine mit Regenwasseranschluß. Ist eine Alte die im Wollprogramm wirklich schonend ist und ein Spritzer Neutralreiniger.
Natürlich macht das alles Arbeit und es dauert wirklich bis mal ein Faden gesponnen ist und dann verstrickt ist. Aber ich mag diese Arbeitsprozesse.
Probier es doch mal aus.

LG Lilly

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