Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Fasern waschen, zupfen, kämmen, kardieren und mischen

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Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Alienor » 01.09.2010, 21:23

Nachdem ich jetzt wochenlang Infos gesammelt habe, über div. Kardiermaschinen, Woolpicker, und Wollkämme, komme ich so ganz langsam in Zweifel, ob meine Entscheidung für einen e-Karder wirklich richtig ist (noch nicht bestellt, ich spare noch... :O ).
Ich spinne in erster Linie dünne glatte Kammgarne/worsted aus meist Kammzügen, sehr selten aus Kardenvliesen, und da scheint ein Karder nicht wirklich zielführend, weil die Fasern ja eben nicht alle parallel ausgerichtet werden wie beim Kämmen.
Beim Karder kann man auch nicht unbedingt drauf rechnen, daß er beim Waschen vermurkelte Rohwolle glatt und offen kriegt, was mit einem Picker und Kämmen aber schon eher gut klappen könnte.

Ich kann definitiv nur entweder e-Karder ODER Picker & Kämme für die nächsten Jahre kaufen - wer kann raten?

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Asherra » 01.09.2010, 21:42

Ich würd zum Kämmen aber nicht vorher mit dem Picker drüber, da ist ja wieder alles kraut und rüben verwurschtelt. In die Kämmen hängst du die Locken so wie sie nach dem Waschen sind einfach ein. Im besten Fall bekommst du so einen Kammzug, der nicht nur alle langen Fasern parallel, sondern auch noch in die selbe Richtung Spitze-Wurzel ausgerichtet hat. Das kann ein kommerzieller Kammzug nicht.

Es ist wohl auch möglich recht parallel zu kardieren, das braucht aber Übung. Ich kann's nicht. Ich hab aber einen kardierten Batt hier liegen, das ist kein Vergleich zu den kündeligen, chaotischen kardierten Vließen, die ich schon versucht hab zu spinnen, viel glatter, viel geordneter, keine Klümpchen drin. Gehen tut es, ich kann's nur nicht ;)

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Alienor » 01.09.2010, 21:59

Hei, Asherra,
sorry, ich dachte beim Picker mehr an so vermurkste industriell gewaschene Rohwolle - ich hab hier ein paar Kilo "gewaschene Locken" liegen, die keine Locken mehr sind, sondern eher 20cm dicker Vorfilz... :rolleyes:
Wenn ich selbst wasche, kommt da was erheblich besseres bei raus, aber mit dem, was ich grad hab, kann ich ohne Picker nix anfangen - mit Fingern, Handkarden und Kämmen geht da nix - ich meinte natürlich nicht, Kammzüge mit Picker zu bearbeiten, sondern hab ein paar Rohwollquellen fürs nächste Jahr aufgetan, und da ist nicht sicher, ob diese Vliese soooo supertoll sein werden - die Fasern an sich sind es jedenfalls, aber nicht jeder Schäfer ist geneigt, auf Handspinner einzugehen, auch nicht für mehr Geld. :rolleyes:

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Fiall » 02.09.2010, 08:17

Der Picker bringt die Wolle aber, wenn ich Asherra richtig verstanden habe, arg durcheinander und optimalerweise hast du für einen Wollkamm wohl die intakte Locke zur Verfügung, was bedeutet Locken notfalls von Hand mit einer Flickkrde öffnen.

Ich ziehe meine Vliese nach dem Kardieren zum Kardenband aus. Da ist sicher nicht alles perfekt parallel, aber ich finde es ist mit Kammzug durchaus vergleichbar. Beim Kardieren achte ich aber auch darauf, die Locken der Länge nach und nicht kreuz und quer einzufüttern.
GLG,

Veronika

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Claudi » 02.09.2010, 09:13

Hi!
Was der Picker herausläßt, ist wirklich nicht mehr der Brüller für die Wollkämme. Da würde ich auch sagen, daß diese Kombi nicht zusammengehört.
Als Vorbereitung für's spinnen aus der gewaschenen Flocke und für die Trommelkarde finde ich ihn superduper, weil dabei auch viel Pflanzenkram herausfällt, vor allem die Minipartikelchen.
ich dachte beim Picker mehr an so vermurkste industriell gewaschene Rohwolle
Also, selbst für ein paar Kilo mehr davon würde ich mir kein solches Gerät für um die 300 Euro zulegen. Soll denn vermurkste industriegewaschene Wolle zum Dauerzustand werden? Dann lohnt sich der Picker natürlich wirklich. ;)
Aber mehr als einmal würde ich mir das von der Firma nicht gefallen lassen... ;)
Für die Wollkämmerei ist es tatsächlich besser, wenn man den Stapel nach der Wäsche noch erkennen kann.
Ob du glücklich mit Vlies von der Trommelkarde, oder Kardenband wirst, könntest du doch zuerst einmal vor der Anschaffung eines eigenen Gerätes ausprobieren. Du könntest dir hier im Forenflohmarkt von einem anderen Mitglied so etwas aus privater Werkstatt kaufen oder ertauschen. Gib' doch einfach ein Gesuch auf!
Alles, was aus Shops stammt, ist damit nicht wirklich zuverlässig vergleichbar, weil das aus den Industriemaschinen kommt.
Ganz
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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von angi » 02.09.2010, 09:58

Ich ziehe meine Vliese nach dem Kardieren zum Kardenband aus. Da ist sicher nicht alles perfekt parallel, aber ich finde es ist mit Kammzug durchaus vergleichbar. Beim Kardieren achte ich aber auch darauf, die Locken der Länge nach und nicht kreuz und quer einzufüttern.
genauso mache ich das auch!
Da dauert das Kardieren zwar länger, aber das Spinnen wird zum puren Vergnügen!
Nix Knötchen oder irgendwie Verwurschteltes, sondern (fast) genauso schön wie Kammzug, mit dem Vorteil, daß auch kürzere, weichere Fasern, die man im Kammzug nicht mit drin hat, auch einkardiert sind und mit versponnen werden können.
liebe Grüße, angi

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Fiall » 02.09.2010, 10:07

@Alienor: Vielleicht findet sich ja auch wer mit Kardiertier in deiner Nähe und du kannst deine Wolle da mal testen?

@angi: Genau! Bei den Kämmen würde es mir um den "Abfall" leid tun. Bin mir sicher, das würde ich dann doch nicht wegwerfen wollen. *g*
GLG,

Veronika

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Asherra » 02.09.2010, 11:14

Der "Abfall" ist auch sauber und recht locker, den könnte man verspinnen wie kardierte Wolle. Es hat halt Klümpchen drin. Ich mag kein klumpiges Garn, also verwende ich die Kämmreste andersweitig: Stopfwolle, Filzwolle, Nistmaterial für die Haustiere, und das ganz garstige Zeug geht auf den Kompost, da holen sich die Vögel auch noch was.

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Claudi » 02.09.2010, 11:20

Heips!
Vielleicht ist ja in absehbarer Zeit ein Treffen in Deiner Nähe, wo Leute mit Picker und Kardiertier kommen?
Oder ein Mitglied mit diesen Geräten wohnt in erreichbarer Entfernung?
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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Klara » 02.09.2010, 11:25

Die paar Kilo Filzlocken würde ich unter Lehrgeld verbuchen und entweder als Kissenfüllung (oder so was) nehmen oder meine Lieblingsfeindin damit "beglücken".

Ich spinne (spann) zwar auch lieber aus Kammzug, aber für mich ist kardieren einfach effektiver als kämmen - man muss beim Waschen nicht so aufpassen (Kämmen tut man nämlich Locken, die Lockenstruktur muss also beim Waschen erhalten bleiben. Was bedeutet, man darf weder vorher noch nachher zupfen - und der Picker hat auch nichts zu tun), hat weniger Abfall (bei mir immer rund die Hälfte) und schneller geht's für mich auch. Und ein selbstkardiertes Batt ist mit gekauftem Vlies auch nicht zu vergleichen (kann's sein, dass bei den gekauften Vliesen die Lagen gekreuzt werden, damit sie besser zu verfilzen sind?).

Wieso man zum Trommelkardieren Übung braucht, weiss ich nicht - für mich macht da die Maschine die Arbeit. Man darf sie nur nicht überfüttern und muss die gleiche Wolle halt 3 bis 4 mal kardieren, wenn's mit 2 mal nicht ausreicht (ein einziger Durchgang reicht nach meiner Erfahrung mit diversen zweitrommligen Haushaltsmaschinen überhaupt nie nicht). Aber wie schon Veronika vorgeschlagen hat, am besten findest du jemand mit Trommelkarde und probierst selber aus.

Warum muss es denn unbedingt ein e-Karder sein? Bis du den amortisiert hast - ist es nicht günstiger, die Wolle zum Kardieren wegzuschicken?

Industriell wird die beim Waschen verwurschtelte Wolle angeblich zuerst per Wolf gezupft, dann kardiert, damit die Fasern schon mal grob parallel ausgerichtet sind, und kann noch gekämmt, wenn Kammzug rauskommen soll. Kardieren und dann kämmen habe ich ein Mal probiert - es ging, aber es tat mir um den "Abfall" (der in dem Fall ja nun wirklich nicht sooo furchtbar war) so leid...

Ciao, Klara

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von angi » 02.09.2010, 11:59

Die paar Kilo Filzlocken würde ich unter Lehrgeld verbuchen und entweder als Kissenfüllung (oder so was) nehmen oder meine Lieblingsfeindin damit "beglücken

... ich hab mit einem total verfilzten Vlies meinen Kater beglückt.
Ich kann euch sagen - er ist begeistert!
liebe Grüße, angi

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Fiall » 02.09.2010, 12:41

Bei der Rohwolle, die ich bisher kardiert hab (Merinorheinschaf und Alpaka) reichte sogar 1 Durchgang. Wenn ich dagegen was mischen will, jage ich das Vlies bis zu 5x durch. *hust* Da ist dann besondere Sorgfältigkeit angesagt, denn mit jedem Durchgang erhöht sich auch die Gefahr der Knötchenbildung, wenn man ungeduldig zufüttert. ;) Zumindest trifft das für das Mischen von Kammzügen bei mir zu.
GLG,

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Alienor » 02.09.2010, 21:00

Hallo,
e-carder muß es sein, weil ich gesundheitlich in allen großen Gelenken stark eingeschränkt bin, deswegen krieg ich ja jetzt auch einen e-spinner, weil trampeln auch nimmer geht. ;( (Radfahren geht, aber ein Spinnrad mit Fahrrad-Antrieb hab ich noch nicht gesehen... :totlach: )

Ganze rohe Vliese hab ich bislang fast nur Blaukopf-Fleischschafe gehabt, also fasermäßig nicht umwerfend, aber es übte immerhin. Von anderen Rassen hatte ich bislang immer nur etwa Kilostücke, und leider noch nie wirklich gute Partien. Von daher hatte ich für mich beschlossen, daß ich mir die Arbeit auch sparen und gleich fertige Kammzüge kaufen kann - aber jetzt bin ich halt doch wieder angefixt, und ihr seid schuld... :lol:

Ich hatte damals schon ein Ashford-Kardiertier, aber da griffen die Zähne zu tief ineinander und das Ergebnis war wirklich nicht das, was ich wollte - heute bin ich schlauer, aber damals gab es nix anderes...

Und ich mag kämmen viel lieber als handkardieren, weil ich eben sehr glatte Garne will, und rolags sind mehr für langen Auszug und "woolen", und dafür fehlt mir die Geduld oder die Nerven.

Ich weiß, daß ich im Idealfall allen Spinnmöglichkeiten offen gegenüberstehen sollte - bin ich aber nicht, ich will Lace ohne Halo, und sonst nix, und bin erst zufrieden, wenn meine swatches so ausehen, wie ich mir das vorgestellt habe, und das Endprodukt viel, viel später auch.
Ist halt meine persönliche Meinung - ich glaub, ich jage ab jetzt lieber richtig gute Vliese und kämme nur noch....

Ich bedanke mich herzlichst für die vielen, zum Nachdenken bringenden Meinungen!

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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Claudi » 02.09.2010, 21:16

Heips!
aber ein Spinnrad mit Fahrrad-Antrieb hab ich noch nicht gesehen... :totlach:
Nein, eeecht noch nie gesehen? Das kann ich garnicht glauben.
Tom Walther hatte früher eines im Programm, das Reisespinnrad "Nick". Ich habe jetzt nur auf die Schnelle hier ein Bild gefunden.
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Re: Wollpicker und Kämme oder Kardiermaschine?

Beitrag von Klara » 03.09.2010, 06:48

Wenn du solche Gelenkprobleme hast, dass du keine Trommelkarde kurbeln kannst, bezweifle ich, dass du mit englischen Wollkämmen glücklich wirst. Auch wenn Peter Teal die verkleinert und leichter gebaut hat - ich finde, es ist immer noch anstrengend genug.

Aber es gibt ja auch noch Hundekämme - eine Strähne in die Hand genommen, beide Enden ausgekämmt, und schon hat man glatte, parallell ausgerichtete Wolle. Und für Lacegarn reicht so eine Strähne auch ziemlich weit (kennst du das Video von Mabel Ross? Beeindruckend).

Und was das Handkardieren angeht: Niemand sagt, dass man die Fasern quer zum Rolag zusammenrollen und im langen Auszug spinnen muss! Man kann das Batt auch von der Karde abnehmen und quer zusammenrollen/-legen, oder länglich ziehen - und schon hat man parallelle Fasern (auch bei Mabel Ross, glaube ich).

Ciao, Klara

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