Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

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Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Michaela » 25.04.2010, 11:22

Nachdem ich selbst einige Erfahrungen mit Milchschaf, das mir sehr kratzig vorkam, als es ausgesponnen war, gemacht habe, dann aber einen Strang hatte, der mir deutlich weicher als alle anderen schien, beschäftigt mich nun die Frage, inwieweit man es beeinflussen kann, wie sich das Garn hinterher anfühlt. Ich habe hier gerade bei der strickerin gelesen, ihr BfL-Garn sei sehr kratzig, dafür schrieb sie von kuschligem Eiderwolle-Garn. Ich hatte immer gedacht, es sei eher umgekehrt, rein von der Faser her.
Was sind Eure Erfahrungen? Wie kann ich die (sicherlich immer individuell gefühlte!) Kratzigkeit oder Kuschligkeit beeinflussen, in welchen Arbeitsschritten entscheidet sich das? Oder ist es doch so, dass jede Wolle immer ungefähr gleich ist, wenn ausgesponnen, und nur unterschiedlich empfunden wird?

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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von shorty » 25.04.2010, 11:37

Zum einen ist natürlich der Faserwert- die Dicke des einzelnen Haares die in micron angegeben wird verantwortlich.
Zum anderen kann man durch unterschiedliche Spinntechnik die Fluffigkeit der Wolle beeinflussen.
Im langen Auszug locker ausgesponnen= Streichgarn ist weicher als im kurzen Auszug hergestelltes Kammgarn.

Bfl müsste vom Faserwert her deutlich niedriger also weicher sein als
Eiderschaf.
Letztlich ist aber auch weiche Alapka zur "Paketschnur" gesponnen, mit zuviel Drall nicht kratzig aber hart .

Liebe Grüße
karin
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Laurana » 25.04.2010, 11:54

Naja die Strickerin hat ja auch BFL mit Holländischer versponnen. Holländische nehm ich für Teppiche, die ist schon recht kratzig und grob. BFL ist normal kuschelweich *schmelz*

Dann denke ich auch es hat was mit der Farbe zu tun, mir kommen braune Kammzüge immer gröber vor als weisse (vom selben Typ - zB. Merino).

Als Muster durfte ich jetzt auch mal braunes Alpaka verspinnen, und das kommt mir auch ein klitzekleines bischen kratzig vor....obwohl das doch als Kuschelfaser schlechthin gilt, allerdings spinne ich generell mit viel Drall, und das macht halt schon was aus.
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Lockenschaf » 25.04.2010, 13:17

Hallo,
es gibt auch beträchtliche Unterschiede innerhalb der Schafrassen. Ich habe 12 Milchschafe, einige sind darunter, die deutlich weichere Wolle haben als der Rest. Die Wolle von Jungtieren, besonders die 1. Schur ist auch immer weicher.

Alpaka kann kratzig sein, wenn es mehr oder weniger Grannenhaare enthält, die sind überhaupt nicht weich. Bei industriell aufbereitetem Alpaka sollten die aber raus sein.

LG
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Anna » 25.04.2010, 13:19

Ich hatte schon extrem kratzige Alpaka. Habe - wegen der wunderschönen naturroten Farbe - alles versucht, einen weichen Faden daraus zu friemeln, aber es ging einfach nicht. Nach Aussagen einiger anderer Spinnerinnen, die ich um Rat gefragt habe, hing das mit Geschlecht und Alter des Tiers zusammen (war ein wohl ein nicht mehr ganz junger Hengst).
Sichtbares Grannenhaar hatte die Wolle übrigens nicht, die Fasern sahen alle gleich aus. Ich habe die kurzen Nachschnitte raussortiert, aber davon wurde der Faden auch nicht besser.

Schönen Gruß von Anna
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von tabata » 25.04.2010, 14:06

Jeder Mensch empfindet anders...
Ich hab sehr helle empfindliche Haut und reagiere auf manche Wolle sofort mit roten Stellen und akuten Juckreiz :eek:

Mein Sohn findet diese aber kuschelig und angenehm :)

Klar Haardicke und alles ist richtig, aber jeder Mensch ist anders... Ich hab mit Eiderwolle als Socke kein Kratzempfinden (jedenfalls mit der, die ich grad e in der Mangel hatte), habe aber eine Lammwolle die mich wahnsinnig macht, und die ist fein......
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Beyenburgerin » 25.04.2010, 18:48

Lama/Alpaka: Grannehaare können die Wolle wirklich unangenehm pieksig machen.

BFL alleine dürfte aufgrund der Dicke der einzelnen Haare überhaupt nicht kratzig sein.

Ich muss Wollschaf recht geben: jedes Tier innerhalb eine Schafsrasse ist anders. Und dann heißt es z.B. auch, Bockwolle sei kratziger. Aber ich habe auch das genaue Gegenteil erlebt. Superweiche superlange Bockwolle. Damit zeigt sich auch, dass braune wolle nicht unbedingt härter sein muss. Und ich habe in diversen Milchschafherden verschiedenste Tiere "durchgesponnen".

Fluffiges Garn kann man auch mit kurzem Auszug spinnen, wenn der einfach Faden schon nicht zu stark verdreht ist und dann beim Zwirnen auch nicht zu viel Drall drauf kommt.

Ich habe es mir abgewöhnt, vorher ganz genau Pläne zu machen, wie der Faden werden soll, meistens "sagt" die Wolle einem schon nach einem Meter, wie sie werden möchte.

Ich unterscheide bei Wolle außer kratzig und weich auch noch "beißt" und beißt nicht". Gotlandwolle fühlt sich oft erst mal toll an, aber auf der Haut "beißt" sie. Milchschafwolle mag nicht allzu weich sein auf der Haut, aber sie "beißt" nicht und lässt sich deshalb angenehmer tragen.

LG Brigitte
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Elpa » 25.04.2010, 19:36

Das interessiert mich auch.

Ich habe erst in den letzten Jahren eine Empfindlichkeit gegenüber Wolle entwickelt. Genauso, wie Brigitte das geschildert hat: kratzig - weich; "beißt" und "beißt nicht".
Im letzten Jahr habe ich verschiedene Wollfasern gesponnen, habe aber noch keine gefunden, die auf der Haut "nicht beißt".

Empfindet jeder Mensch die gesponnene Wolle anders? Muss jeder für sich herausfinden, welche Wolle er auf der Haut verträgt? Oder empfiehlt es sich für wollempfindliche Menschen generell auf andere Fasern auszuweichen?

Ich habe noch keine anderen Fasern ausprobiert. Was kann ein kratzempfindlicher Mensch versuchsweise spinnen?

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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Laurana » 25.04.2010, 20:02

Was für eine Faser verspinnst du denn, Else?
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von shorty » 25.04.2010, 20:14

Das Empfinden ist sicherlich individuell, aber das war ja nicht primär die Ursprungsfrage.

Als weich gilt (ich schreib jetzt mal gilt) Merino ( auch da gibts Abstufungen deutsche Merino- Südamerikanisch-Australmerino nach Weichheitsgrad aufsteigend, da der Micronwert niedriger )
Alpaka, Seide, Kaschmir, BabyYak ,Angora, Quiviut, Possum usw.

Im übrigen sind Grannenhaare beim Alpakas züchterisch nicht erwünscht, kommen sicherlich doch mal vor, ist aber keine hochwertige Ware, die hat überhaupt keine Grannenhaare.
Ich würde folgende Unterteilung machen:

weich- dazu ist das Gegenteil eigentlich nicht kratzig sondern hart
nicht kratzig- und kratzig.

Es gibt weiche Wollen die kratzen- Mohair z.B. und harte Wollen die gut tragbar sind. Das braune Wolle kratziger ist kann ich nicht bestätigen, jedes Tier hat andere Wolle, auch innerhalb einer Rasse und einer groben Zuteilung, die sich Fasertechnisch aufgrund der Rasse treffen lassen.

Rein für mich persönlich kann ich nur sagen, vieles ist Gewohnheit, wer vorher nur Seide oder BW getragen hat, findet fast jede Wolle kratzig, soll kein Vorwurf sein. Ich hab früher z.B. keine Bergschafwolle getragen, macht mir nichts mehr aus als Jacke.
Ob bei allen Menschen eine Art Gewöhnung eintritt kann ich nicht sagen, bei mir wars schon so.
Ja sicher kann man auch auf andere Fasern ausweichen, Seide z.B. mit halt anderen Eigenschaften.

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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Elpa » 25.04.2010, 20:43

Ich habe im letzten Jahr von den Anfangsfasern (Hermann, Heinerich usw.) über Schwarzkopfmerino, Alpaka, Lama, Seide, Hund, Watte, Space usw. vieles gesponnen.

Von Shorty habe ich ein wunderschönes Schwarzkopfmerino versponnen und dann zu einer total kratzigen Stola verarbeitet.

Ich vermute, dass bei guten Fasern tatsächlich kratzig und weich durch den Drall beeinflußt werden kann.
Ich spinne immer noch mit ziemlich viel Drall.
Manchmal lasse ich dann eine fertige "ausgeruhte" Spule nochmal linksrum reinlaufen, um den Drall zu mindern.
Manchmal hilft bei mir auch eine Spule erstmal auf den Wollwickler zu packen und dann von innen und außen zu verzwirnen. Das nimmt meiner Erfahrung nach auch den Drall etwas raus.

Mir erscheint das so "vorbehandelte" Garn etwas weicher.

Das alles habe ich mit Wollfasern ausprobiert. Mit den vielen anderen Fasern habe ich koch keine Erfahrung sammeln können.

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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Michaela » 25.04.2010, 20:47

Schonmal vielen Dank für die Antworten. Es stimmt, dass es Sinn ergibt, die Garne nicht nur in "weich/hart" sondern zusätzlich "nicht kratzig/kratzig" (oder beißend oder nicht) zu differenzieren. Inspiriert von der Streichgarn-Thematik habe ich mal nach langem Auszug im Forum gesucht und ein Video beguckt. Das geht ja wirklich sehr flott (auch wenn es noch unregelmäßiger war als der kurze, der jetzt ganz gut klappt) - ich bin gespannt, ob ich da einen Unterschied sehe im grünen Milchschaf, wenn es verzwirnt und gebadet ist.

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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von anjulele » 25.04.2010, 21:28

Die Unterschiede bei der Wolle liegen nicht nur an der Rasse. Die Haltung, das Klima, das Futter beeinflussen die Qualität der Wolle auch. Selbst an einem Tier ist die Wolle unterschiedlich. Wenn ihr Wolle von immer den selben tieren verarbeitet, werdet ihr auch da Unterschiede feststellen.

LG

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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Beyenburgerin » 25.04.2010, 21:46

Meine Haut ist definitiv unempfindlicher geworden, seit ich mich mit dem Spinnen beschäftige und viele meiner fertigen Teile sozusagen mit Namen (der Schafe) kenne. Aber es gibt Tage, an denen muss ich einfach weicheres anziehen.

Kratzig und beißend sind zwei verschiedene Dinge. Eine Wolle wie Milchschafwolle ist von der Faserstärke her eigentlich kratzend, beißt aber nicht. Gotland ist dünner, beißt aber auf der Haut. Auch Wensleydale kann z.T. recht unangenehm auf der Haut werden. Die Haarstruktur ist ja auch total anders als z.B. bei Merinos.

Es ist möglich, aus der schönsten superweichen Wolle mit zu viel Drall furchtbar harte Paketschnure zu spinnen. Das würde dann eine zusätzliche Kategorie "Beton" bedeuten.

LG Brigitte
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Re: Weich oder kratzig - was sind die Faktoren dafür?

Beitrag von Elpa » 25.04.2010, 22:17

Heißt das im Allgemeinen, dass "kratzig, beißend, unangenehm auf der Haut" durch zu viel Drall hervorgerufen werden kann?

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