capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Alles rund um die verschiedenen Webtechniken

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Sidhe
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capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Sidhe » 04.05.2011, 23:56

Hallo ihr Lieben,

in meinem Studium der mittelalterlichen Geschichte, hatten wir vor kurzem den Text des capitulare de villis et curtis imperalibus durchgenommen. Dabei handelt es sich um eine Art Verordnung die die grundherrschaftlichen Verhältnisse insofern festlegt, als dass sie beschreibt wer wem wieviele Abgaben zu leisten hat. Außerdem wird teilweiwse eine Bestandsaufnahme vorgenommen und vorgeschrieben welche Tiere zu halten und welche Pflanzen zu ziehen sind.
Soweit sogut....

unter Punkt 49 steht nun folgendes:
Ut genitia nostra bene sint ordinata, id est de casis, pislis teguriis id est screonis; et sepes bonas in circuitu habeant et portas firmas qualiter opera nostra bene peragere valeant.
Übersetzung:
Unsere Frauenhäuser sind in guter Ordnung zu halten: die Wohnhäuser, Werkstuben und gedeckten Schuppen oder Webkeller. Ringsum sollen sie mit starken Zäunen umgeben sein und feste Türen haben, damit die Frauen die Arbeiten für uns ungestört durchführen können.

Auf die Frage hin wie man sich denn einen "Webkeller" vorzustellen hat, erläuterte mein Dozent eine Forschungsmeinung (?) die besagt, dass es sich um eine Art Grube handeln würde (vielleicht 1-2m tief) und darauf sei ein Dach. Die Frauen würden also dort drin sitzen und weben....
aha...dacht ich mir...braucht man dazu nicht Licht? Und feuchte Wände sind sicher auch nicht unbedingt von Vorteil.... :fear:
weiter erötern werden wir das unter Umständen in einer späteren Sitzung in der es um Frauen geht....

google sagt das dazu:
Appenzeller Webkeller (unten links)

Trotzdem interessiert mich was ihr dazu sagt. Klingt das sinnvoll?
Wäre es nicht mindestens genauso gut in einer normalen Hütte zu weben? Die ist doch sicher auch einfacher zu bauen.
Ich finde das jedenfalls alles sehr merkwürdig.... ?(

Zur Übersetzung: nächste Woche kauen wir das nochmal in Latein durch...vielleicht findet sich da der "Fehler"....

Kann natürlich gut sein, dass mir hier auch keiner weiter helfen kann..falsches Forum und so...aber vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen von euch auch so wie mich :]
man lernt ja schließlich nie aus :gut:
also...teilt mir doch eure Gedanken dazu mit...mich lässt das irgendwie nicht mehr los. :)
Zuletzt geändert von Sidhe am 05.05.2011, 11:14, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von melusine » 05.05.2011, 07:12

Es wird bestimmt für dieLeibeigenen gedacht gewesen sein.Da hatte man dann keine Wahl.
Doch in den eigenen Hütten waren nur für freie Leute genügend Platz,sich auszusuchen wo der Webstuhl stand.
Die Weberein in den Klöstern waren sicher auch anders ausgelegt.
Glasscheiben waren noch nicht so aktuell.Die Wärme zu halten war wichtiger.
Das was Dein Dozent da beschrieb klingt eher nach Erdhütte.Die waren oftmals gebräuchtlicher Wohnort.
Es gab auch Zeiten,da lebten die Leute in Langhäusern.
Es ist immer wichtig zu wissen,um welchen Zeitrahmen wir reden.Und nicht zu vergessen,welche Region....
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von shorty » 05.05.2011, 07:30

Vorstellen könnte ich mir das schon.
Allerdings hab ich Zweifel ob es sich da um Frauenhäuser also reine Frauenarbeit gehandelt hat.
Früher webten letztlich ganze Familien, Männer mindestens genauso , Kinder sowieso auch. Das war sehr harte Arbeit wie auch im verlinkte Beitrag geschrieben, alt wurde man da nicht.

Nachtrag, bezüglich des Lichts, als wir castel Henllys angeschaut haben, ist mir auch schon die Dunkelheit in den Rund-Hütten aufgefallen.
Dort stand auch ein Webrahmen. Ich hätte auf diesem schon aufgrund mangelndem Lichts nie und nimmer weben können, auch keine andere textile Tätigkeit.
Nicht umsonst waren die Menschen mit 40 damals im Grunde uralt, teilweise blind und dem Tod näher als dem Leben, einfach abgearbeitet.
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Sidhe » 05.05.2011, 08:26

@shorty: Was die Frauenhäuser angeht: es ist unklar, ob die Frauen die dort arbeiteten, überhaupt Männer hatten. Vermutlich war das für Witwen und Unverheiratete. Schließlich hatten die Frauen mit Familie ja daheim genug zu tun.

@Melusine: Zeitraum ist wie gesagt 8. Jahrhundert. Das capitulare geht von Karl dem Großen aus, räumlich begrenzen kann man das aber nicht. Der Wirkungsbereich ist sehr umstritten...vielleicht gilt das fürs Rheinland, vielleicht aber auch für Aquitanien (Südfrankreich) oder ganz woanders.
Hätt ich vielleicht gleich mit dazuschreiben sollen....entschuldige.
Der Appenzeller Link war eben das einzige wo überhaupt sowas aufgeführt wurde, deshalb hab ich das verlinkt. Regional ist das natürlich nicht allzu hilfreich...aber zu der Zeit war das ja eh alles eins ;)


Ihr haltet es also schon für realistisch, dass im Halbdunkel gewebt wurde?
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von shorty » 05.05.2011, 08:42

Ja für realistisch.
Ich such mal das Bild raus von der Rundhütte. Ist aber zeitlich noch früher- Eisenzeit

Ich bin da ja nun nicht so bewandert, aber ich glaube nicht, dass es Arbeitsstätten nur für Witwen und Unverheiratete gab .Das wären für die benötigte Menge Stoff nach meiner Meinung nach viel zu wenige Menschen.
Die Frauensterblichkeit war deutlich höher als die der Männer.
Ich denke eher die Familien lebten da mehr schlecht als Recht in ihrer Arbeitsstätte, meinst Du es gab für Leibeigene ein Heim im eigentlichen Sinne ? Ich kann mir auch nicht vorstellen , dass es sehr viele unverheiratete Frauen gab. Weber war eigentlich ein Männerberuf, sofern man unter diesen Umständen von Beruf sprechen kann.
Für die Art Arbeitsverhältnis muss man im übrigen gar nicht so weit zurückgehen, das System funktioniert leider auch heute noch, siehe Sockenfabriken in China.
Da Arbeiten und "wohnen" die Menschen teils in großer Zahl alle im selben Gebäude.

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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Woelfin » 05.05.2011, 10:51

Hallo,
ich bin zwar nicht unbedingt bewandert in Geschichte, kann mir aber vorstellen das es ausser eurenb angeführten Gründen noch einen ziemlich praktischen gab. Die Luftfeutchtigkeit in so einem Erdhaus ist deutlich höher als aussen. Wenn dort Leinen verarbeitet wurde hätte sich das sicherlich positiv ausgewirkt.
schöne Grüße
Heike

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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Sidhe » 05.05.2011, 11:10

Hallo Woelfin, das mit der hohen Luftfeuchte hat eine andere Studentin auch angebracht. Aber muss die denn wirklich soo hoch sein bei Leinen? Ich dachte man spinnt den nur feucht und dann is gut. Ich spreche aus purer Unwissenheit :D hab noch nie mit Leinen gearbeitet.
Aber ich fände es leichter das Gewebe bzw. die Fäden etwas zu besprenkeln, anstatt auf Licht zu verzichten...

@shorty: danke für die bilder - das ist ja wirklich interessant.
Was die Frauen angeht: in dem capitulare ist ausdrücklich die Rede dass dort nur Frauen sind. Im nächsten Satz wird auch noch gesagt, dass diese Häuser befestigt werden sollen und umzäunt werden. [das hab ich im ersten Beitrag mal ergänzt] Warum ist noch nicht ganz klar (das wird in der Frauensitzung hoffentlich nochmal erläutert)....bisher ging die Spekulation soweit, dass man sich vor Männern schützen muss *räusper* eben weil dort vielleicht nur Jungfrauen o.Ä. arbeiten. Ist aber wie gesagt nur Spekulation.
Dort wir auch nicht nur gewebt, sondern allerlei Wolle und Flachs verarbeitet.
Dazu hier mal Punkt 43 in der Übersetzung:
"Unseren Frauenarbeitshäusern soll man, wie verordnet, zu rechter Zeit Material liefern, also Flachs, Wolle, Waid, Scharlach, Krapp, Wollkämme, Kardendisteln, Seife, Fett, Gefäße und die übrigen kleinen Dinge, die dort benötigt werden."
Es wird also gewaschen, gekämmt, kardiert und gefärbt....aber was machten die mit dem Fett?
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von shorty » 05.05.2011, 11:19

Verseifen evtl , Seife besteht ja zu einem sehr großen Anteil aus Fett.

Bin gespannt, was ihr da erarbeitet. Sehr interessant, auch für mich als Laie.
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Verdandi » 05.05.2011, 11:21

Wenn da nur Frauen waren und das ganze befestigt werden sollte: ein Orden oder Stift? Ähnlich wie die Beguinenhäuser?

Und in W. Müller: Textilien steht: "Ausgrabungen in Buch bei Berlin legten unterirdische Webgruben aus der Zeit 1200-800 v. Chr. frei, in denen vor allem für die Leinenweberei ausreichend Feuchtigkeit herrschte. Dieser auch als "Tunge" bezeichnete 15 bis 20 qm große Raum wurde von Plinius und Tacitus erwähnt und hieß unter Bezug auf die Frauentätigkeit "Genicium"."
Nie wieder wird es heute sein. Nur wenn du ganz in den Augenblick hineingehst, erlebst du die Innenseite des Glücks.
(W. Sprenger)

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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Sidhe » 05.05.2011, 11:41

Hallo Verdandi,

das ist auch ein interessanter Aspekt. Aber dann hätten sie das doch auch mit einem entsprechenden Wort betiteln können. Hier ist ja von genitia die Rede...ich kann das nur grammatisch gerade nicht Zerpflückung..mein Latein ist eher mäßig...aber nächste Woche weiß ich dazu mehr :D
beziehungsweiese müsste man dann noch prüfen ob dieser Ausdruck auch in anderen Schriften im Zusammenhang mit klösterlichen Lebensweisen auftritt.
Danke für den Hinweis :]

Das die Römer darüber schrieben, hab ich doch auch schonmal irgendwo gelesen.....die Germanen würden ihre Stoffe "unter der Erde" fertigen.....*grübel*
Also nochmals danke für das genicium ^^


@shorty: klar Seife aus Fett....hätt ich auch drauf kommen können :D danke
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Asherra » 05.05.2011, 12:10

Ja, es sind tatsächlich die Leinenweber, die in allen Kulturen in den Keller geschickt werden. Auf einer feinen Leinenkette gleichmäßige Spannung zu halten ist in einer trockenen Umgebung eine echte Plage, also warum es nicht leichter machen? Überdacht muß es ja eh sein, weil frau wird nicht fertig an einem Tag. Und ein einfacher, offener Schuppen wird schwierig, da kommen nachts dann die Viecher dran. War ja noch nix mit Glasfenstern bis unter die Decke. Morgens raus kommen und Nachbars Ziege hat wieder die halbe Kette gefressen, nee danke! Dann doch lieber im Halbdunkel, wo frau auch bei Regen gut sitzt.
Die meisten Gebrauchstextilien sind eh Leinenbindung und nicht 8schäftige Spielereien mit 60 Schuß langen Mustern.

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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Sidhe » 05.05.2011, 12:22

Die Viecher würden ja dann auch durch die Umzäunung abgehalten werden. Also theoretisch...

Sieht ganz so aus, als müsste ich mich damit abfinden, dass man es eben einfach als zweckmäßig angesehen hat in halbdunklen Gruben zu arbeiten. :lol:

Noch eine Frage an die Leinenverarbeiter: wie verhält sich Leinen denn bei Trockenheit? Bröselt der auseinander oder wie hab ich mir das vorzustellen? :fear:
Ist dann ein Gewebe daraus so viel strapazierfähiger? Oder rubbelt sich das ruck zuck durch? Reicht dann womöglich das Tragen (Schweiß und so) und es ausreichend feucht zu halten?
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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Regina » 05.05.2011, 12:48

@Karin: Dass essbares Fett verseift wurde, glaube ich nicht, dazu war Nahrung viel zu schwer zu beschaffen. Und das Lanolin in der Wolle ist unverseifbar.

Mannomann, da sieht man erst, wie sehr sich die Verhältnisse zu unseren Gunsten geändert haben.
Liebe Grüße
Regina

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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von Asherra » 05.05.2011, 12:49

Leinen ist im trockenen Zustand überhaupt gar nicht elastisch, kein bisschen, nada. Da du zum Weben eine gleichmäßige Spannung auf der Kette willst ist Leinen da richtig gemein. (Tut auch den Fingern nicht gut, was bekomm ich Blasen vom Leinen knoten, würg!)Wolle ist elastisch, da ziehst du dran und sie gibt nach und wenn du mal ein wenig zu viel Spannung drauf hast gleicht sich das über die Länge der Kette auch wieder etwas aus. Selbst Baumwolle dehnt und streckt sich ein bisschen.
Leine tut das nur dann, wenn es feucht ist. Auch dann nicht extrem viel, aber genug, daß wenn du auf eine Leinenkette im feuchten Zustand gut Zug drauf bringst und sie dann trocknen läßt sie entweder reißt oder, was durchaus vorkommt, mit dieser immensen Kraft und Zugfestigkeit dir den Webstuhl zerlegt (einer meiner Webstühle hatte tiefe Riefen in einem Baum wo so was mal passiert ist und anderen hat's wohl schon Bäume zerbrochen).

Leinen ist im feuchten Zustand etwas elastisch, dehnbar und biegt sich gut. Trocken ist es hart wie Holz und der Schußfaden kommt von der Spule wie gewickelter Draht, sehr störrisch.
Selbst wenn du die Schußspulen feucht machst (und in der Tiefkühltruhe lagerst, sonst wird's auch mal sporig, bäh) kann es sein, daß sich das Gewebe schon verändert vom Anfang der Spule, wo alles noch schön naß ist zum Ende hin, wo es trockener wird. Es läßt sich nicht mehr so sauber anschlagen und wehrt sich.
Wenn ich viel Leinen verarbeiten müßte hätt ich auch lieber so nen schönen, immer gleichmäßig feuchten Keller. Ok, heute kann man sich auch so eine Nebelschale unter den Webstuhl stellen und hoffen, daß das reicht.

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Re: capitulare de villis (um795) - Erwähnung von "Webkeller"?

Beitrag von shorty » 05.05.2011, 12:51

Da magst Du gut Recht haben. Ist mir nur so als erstes eingefallen.
Vielleicht hat man das Fett auch ausgelassen, zum Verzehr und für Lampen verwendet, keine Ahnung.

Ach ist das spannend. Manches aus früherer Zeit wird wohl immer im Dunkeln bleiben.

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