Zusammennähen von nadelgebundenen Kanten mit gleichem Stich
Wie komme ich zu dieser Fragestellung?
Um eine große Wolldecke im Dalby-Stich zu nadeln hatte ich mich entschieden, das in breiten separaten Streifen zu machen, um die meiste Arbeit während Bus- und Bahnfahrten zu tun. Das Nadeln der Einzelbahnen funktionierte sehr gut, weil sie immer im Rucksack Platz hatten. Das Problem des nachträglichen Verbindens blieb.
Der einfachste Stich, um zwei Kanten zu verbinden, ist der Überwendlichstich, der auch als Stoßnaht ausgeführt werden kann. Wenn er etwas zu fest angezogen wird, dann ist die Naht fühlbar härter, als ihre Umgebung. Bei vielen Nadelbindestichen bleibt sie sichtbar, weil ihre Struktur sich von der Umgebung unterscheidet.
Einige Begriffe, um sich besser orientieren zu können:
Oben, Unten: Hier zeigt Unten zum Bauch des Nähenden und Oben zur Stirn. Außerdem ist Unten dort, wo das Gewebe mit der neu einzufügenden Reihe logisch fortgesetzt wird. Oben ist die Unterkante des neu anzufügenden Gewebes.
Vorne, Hinten: Vorne ist näher am Nähenden als Hinten (der Nase näher).
Rechts, Links: … ist wie gewohnt das Gleiche wie bei den Händen ;--)
Nutzbarkeit:
Die vorgestellte Methode lässt sich auf alle Sticharten anwenden, die mit F1, F2 oder ähnlichen Verbindungsstichen arbeiten. Sie ist, an der Stoffebene Vorne und Hinten vertauschend, auch auf die B1 und B2 (…) Verbindungsstiche anwendbar. Bei komplexeren Verbindungsstichen wie Mid oder doppeltem Verbindungsstich (im Åslestich) fehlt mir bisher die Erfahrung, da hier eine recht komplexe Interaktion mit dem vorherigen/nachfolgenden Gewebe stattfindet. Diese Beschreibung wurde für Stiche entwickelt, die in der Hansenformel auf „...OO“ enden. Bei anderen Endungen (...OU, Andere) muss man beim Queren des Arbeitsfadens dieses Detail beachten.
Vorübungen:
Man nadelt zuerst eine Reihe im Stich der zu verbindenden Werkstücke, die ca. 15-20 Stiche lang ist. An deren Anfang beginnt man eine zweite Reihe aus einem Garn, das sich leicht wieder herausziehen läßt. Zehn gute Stiche sollten hier reichen. Eine Satin-Rundschnur hat sich als geeignet bewiesen. Die dritte Reihe nadelt man wieder aus dem Garn der ersten Reihe. Jetzt nimmt man ein dem „Normalgarn“ Ähnliches, das aber farblich anders ist und beginnt eine separate Reihe. Sobald nach wenigen Stichen das Band gleichmäßig ist kann man das Garn der mittleren Reihe nach und nach, vom Anfang beginnend, entfernen und durch die fortgeführte separate Reihe ersetzen. Dadurch erkennt man leichter, in welcher Orientierung man den zusätzlichen Verbindungsstich in die Unterkante der oberen Reihe machen muss, um die Naht unauffällig einfügen zu können.
Im realen Werkstück:
Bei schmalen anzunähenden Stücken, wie in der Übung, ist das Management der Stoffmenge unerheblich. Man greift mit der linken Hand (ohne Nadel) intuitiv. Bei breiteren anzunähenden Bahnen muss man sie so falten, dass sie hinter der „unteren“ Bahn liegt und mit ihrer Unterkante nach Vorne umgeklappt ist. Das verkleinert die Stoffmenge, die mit der linken Hand umgriffen werden muss. Man sichert die beiden Stoffe mit kurzen Stricknadeln oder als Stecknadeln verwendeten Holznadeln zunächst in ihrer Lage. Der Rechtshänder beginnt in der gewohnten Arbeitsrichtung links. Jetzt wird mit dem Nahtmaterial, wie bereits in der Übung, eine kurze separate Schlingenkette begonnen. Am Anfang der Unterkante der anzunähenden Stoffbahn sticht man in den ersten Randbogen von Vorne/oben nach Hinten/unten ein und zieht den Nähfaden durch, bis er an der Daumenschlinge spannt. Dann wird wie gewohnt in den ersten Randbogen der unteren Bahn eingestochen und der Stich wie gewohnt gearbeitet. Beim Ausstich kommt man automatisch über dem Arbeitsfaden raus. Jetzt wird in dem nächsten Randbogen oben eingestochen und der Vorgang für den nächsten Stich wiederholt.
Man sollte darauf achten, dass man nicht dem Arbeitsfaden übermäßig Drall einbaut oder entfernt. Da man sowohl Oben wie Unten einsticht muss man die Nadel dauernd drehen. Dabei kann versehentlich ein Vollkreis entstehen und permanenter Drall in den Faden gegeben werden. Das kann verhindert werden, wenn man mit der Nadel eine Achterbahn ausführt, deren Hälften gegenläufig sind. Es bleibt deshalb immer die selbe Kante der Nadel der frischen Naht zugewandt und das Ende (mit Öhr) bleibt beim Umdrehen immer unten.
Das Ansetzen frischer Längen an den Arbeitsfaden erfolgt in gewohnter Art und Weise. Man sollte aber darauf achten, mit etwas kürzeren Stücken zu arbeiten, weil das Durchziehen dadurch erleichtert ist. Ich habe drei Fäden durch das Öhr gehen, statt der gewohnten Fünf.
Sobald die Naht mindestens zehn Stiche lang ist kann ihr überstehender Anfang geöffnet und durch einen Reihenabschluss ersetzt werden. Am Ende der Naht wird ebenfalls ein Reihenabschluss gemacht.
Beim Vernähen von Schlauchenden achtet man darauf, daß beim Start der Naht der Schlauch in sich nicht bleibend verdreht bleibt. Der Start einer separaten Reihe erübrigt sich, weil man die bereits aktive Reihe nur mit dem anderen Ende des Schlauches verbinden muss. Allerdings kann man jetzt das überschüssige Gewebe nicht ganz so einfach nach hinten weg klappen. Sobald die Naht den Anfang des Werkstückes trifft wird der Nähfaden „rückwärts“ in die ersten Stiche des Anfanges eingewebt, wie es bei einer separaten Reihe zum glatteren Randabschluss auch gemacht wird.
Zusammennähen von nadelgebundenen Kanten mit gleichem Stich
Moderator: Rolf_McGyver
-
- Vlies
- Beiträge: 238
- Registriert: 20.10.2019, 20:18
- Land: Deutschland
- Postleitzahl: 51371
-
- Vlies
- Beiträge: 238
- Registriert: 20.10.2019, 20:18
- Land: Deutschland
- Postleitzahl: 51371
Re: Zusammennähen von nadelgebundenen Kanten
Ergänzung um das Annähen von Abschlußstreifen an die Enden einer Fläche. Das ist dann im rechten Winkel zum Reihenverlauf. Da die Reihenbreite selten im ganzzahligen Verhältnis zur Stichlänge steht muß man Kompromisse machen. In meinem Fall heißt das, daß die erste Reihe quer zum Reihenverlauf des Stückes etwas dichter genadelt wird, als normal nötig ist. Als alleiniger Randabschluß ist das völlig In Ordnung, weil sich der Stich etwas stauchen läßt, ohne Wellen zu schlagen, im Gegensatz zu einem breiten Streifen. Jetzt hefte ich den bereits fertigen Streifen mit kurzen Stricknadeln am Werkstück an und verteile diese Nadeln alle 20 Stiche auf der Randbahn. Dann zähle ich die Stiche zwischen den ersten zwei Nadeln in der ersten Querreihe und weiß dann, wieviele Stiche ich in der zweiten genadelten Reihe dazwischen ab- oder zunehmen muß, um die Randbahn in der nächsten Reihe ohne Faltenwurf annähen zu können. (Beschreibung im Startposting dieses Threads) Beim Abnehmen ist es gut, zwei Stiche der Vorreihe mit einem F2-Verbindungsstich zusammenzufassen, statt einen Stich auszulassen, weil das so keine Löcher hinterläßt.
Auch wenn man Bahnen mit unterschiedlichen Stichen aneinander nähen will kann das Anpassen der Stichweite hilfreich sein.
Wenn die Abschlußreihe schräg zur eigentlichen Arbeitsrichtung verlaufen soll, dann hilft das Anpassen der Reihenenden, um die Kante weniger wellig erscheinen zu lassen. Bei Winkeln von 45-90° zum Reihenverlauf kann man die Kante begradigen, indem man kurz vor dem Reihenende zu- oder abnimmt. Dadurch "wandern" die Stufen ins Innere des Gewebes. Bei Winkeln von weniger als 45° ist es besser, die Reihen selbst flach auslaufen zu lassen. Das wird erreicht, indem man die Stiche zunehmend stärker anzieht, vereinfacht und in ihrer Tiefe vermindert, bis man beim Saumstich angekommen ist.
Auch wenn man Bahnen mit unterschiedlichen Stichen aneinander nähen will kann das Anpassen der Stichweite hilfreich sein.
Wenn die Abschlußreihe schräg zur eigentlichen Arbeitsrichtung verlaufen soll, dann hilft das Anpassen der Reihenenden, um die Kante weniger wellig erscheinen zu lassen. Bei Winkeln von 45-90° zum Reihenverlauf kann man die Kante begradigen, indem man kurz vor dem Reihenende zu- oder abnimmt. Dadurch "wandern" die Stufen ins Innere des Gewebes. Bei Winkeln von weniger als 45° ist es besser, die Reihen selbst flach auslaufen zu lassen. Das wird erreicht, indem man die Stiche zunehmend stärker anzieht, vereinfacht und in ihrer Tiefe vermindert, bis man beim Saumstich angekommen ist.