Herstellung von Segeln in Island

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

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Belladonna Took
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Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Belladonna Took » 13.01.2013, 01:21

Nachdem ich mich hier als die Neue geoutet habe, die was von isländischem Wollhandwerk versteht, fange ich gleich mal mit dem grössten Brocken an, den Segeln.

Im traditionellen isländischen bäuerlichen Haushalt, zumindest in der Sagazeit, aber wohl auch noch länger, wurde die gesamte Kleidung aus Wolle hergestellt, ebenso Wandbehänge, Säcke, Socken etc. Wohlgemerkt mit der Handspindel gesponnen und auf dem Gewichtswebstuhl gewebt. Der GW wurde erst Mitte des 18. Jhds. (!!!) vom Trittwebstuhl abgelöst, zur gleichen Zeit kamen Spinnräder auf. Man kann sagen, dass das Mittelalter in Island von allen europäischen Ländern am längsten dauerte.

Wenn die Familie eingekleidet war, und dafür hat man jährlich etwa 60 kg Wolle veranschlagt, gings weiter mit den Segeln, die waren ebenfalls aus Wolle. Ich habe hier mal aus verschiedenen Quellen etwas darüber zusammengetragen.

Segel wurden in 2/2 Twill (isl. vaðmál) gewebt mit einem Gewicht von 300-750 gr/m2 bei kleineren Segeln und bis zu 1050 gr/m2 für ein grosses Segel von 100 m2. Die Bahnen wurden aneinandergenäht und anschliessend mit einem Fett (Fischöl, Talg o.ä.) behandelt. Dadurch wurde die Durchlässigkeit vermindert und Unregelmässigkeiten im Gewebe ausgeglichen.

Das nordeuropäische Kurzschwanzschaf in Island ist eine primitive Rasse und seit der Landnahmezeit im 9. Jh. bis heute unverändert (Einfuhrverbot). Das Haarkleid besteht aus tog (äussere Grannenhaare, lang, grade, wasserabweisend) und þel (wärmeisolierend, gekräuselt). Aus dem tog wurde die Kette gesponnen, aus dem þel der Schuss. Wollertrag pro Schaf 1-2,5 Kg, minus Abfall bleiben ca. 500 gr. brauchbare Wolle pro Vlies übrig.

Es wird eine Lebensdauer von 40-50 Jahren für ein gut gepflegtes Segel angenommen.

Die Arbeit begann mit dem Rupfen der Wolle. Angeblich ist gerupfte Wolle wasserabweisender als geschorene. Anschliessend wurde sie sortiert, gekardet bzw. gekämmt, tog und þel vom Rocken gesponnen. Es ist sehr wichtig, dass das Garn nicht kräuselt, denn dadurch würde der Stoff elastisch und für ein Segel unbrauchbar. Das Garn muss daher straff aufgewickelt, befeuchtet und getrocknet werden. Die Konsequenzen eines schlecht gefertigten Segels sind lebensbedrohlich, daher gehe ich davon aus, dass die Frauen bei der Herstellung höchste Sorgfalt walten liessen.

Geht man von einer durchschnittlichen Leistung von 30-50 Metern Garn pro Stunde mit der Handspindel aus, kommt man auf 4.800 Stunden nur fürs Spinnen für ein 90 m2 Segel. Das entspricht 2,5 (modernen) Arbeitsjahren!

Im Museum Roskilde hat man am GW ein Segel rekonstruiert, dabei kam die Weberin auf 25 Einträge pro Stunde. Für einen Meter braucht man also 20 Stunden und für die gesamten 157 Meter fast 3200 Stunden. (Ich habe die Zahlen nicht verifiziert, und ich weiss auch nicht, wie breit der Stoff bei der Reko war.)

Insgesamt kommt man auf 8000 Arbeitsstunden oder 4,5 (moderne) Arbeitsjahre für das Spinnen und Weben eines Segels. Darin ist das Rupfen/Scheren der Wolle und die anschliessende Behandlung des Segels nicht inbegriffen.

Eine andere Quelle geht von 20 Metern Garn pro Stunde aus, legt man das zugrunde, dauert das Spinnen für ein 100 m2 Segel 15000 Stunden.

Mindboggling das Ganze. Mir wird schwindelig.

Aber ein Segel allein bringt es nicht, wenn die Crew nackt ist. In der nachfolgenden Tabelle hat jeder Seemann bei einer Besatzung von 6-8 Mann Kleidung à 6,6 Kilo und einen röggvarfeld (weiss nicht auf Deutsch. Das sind Decken mit eingewebten Locken, die ein zotteliges Aussehen geben.) So eine Decke wiegt 15 kg, ist warm und hält trocken.

Cargo ship,knarr crew 6-8 Sail 90 m2 Rugs à 15 kg Clothing à 6,6 kg Total

Wool 90 kg 90 – 120 kg 40-53 kg 220-263 kg
Labour 8000 hrs 5040-6720 hrs 2520-3360 hrs 15-18.000 hrs
4,8 years 3-3,6 years 1,5-2 years ca. 10 years


Quellen: http://www.academia.edu/1972259/The_Int ... r_and_Land
http://www.vikingeskibsmuseet.dk/filead ... ldsejl.pdf
http://www.abc.se/~pa/publ/soc_sail.htm


Wenn ich mir dann noch die Wohnbedingungen hier zu dieser Zeit anschaue, also Torfhäuser, Tranlampen, winzige Fenster, offene Langfeuerstelle, werde ich doch ganz klein. Im isl. Nationalmuseum sind Textilien ausgestellt, die sind alle ganz fein sorgfältig gearbeitet, egal ob Brettchenweberei, Altartücher oder Stickereien, aber auch Schnitzereien, und die Handschriften habe ich noch gar nicht erwähnt. Man legte eine Sorgfalt und Ausdauer in die Dinge, die nur bewundernswert ist.


Je mehr ich mich mit der isländischen Wollverarbeitung befasse, desto mehr Bewunderung habe ich für dieses Volk. Ohne sachkundige Verarbeitung von Wolle hätte hier keiner überlebt.


Soweit für heute,

Gruss in die Runde von
Belladonna Took


PS Ich sehe, dass die Tabelle im Text nicht so erscheint wie in der Vorschau. Sorry, aber viell. könnt ihr euch das selbst aufdröseln.

nell
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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von nell » 13.01.2013, 01:28

Vielen Dank für deine Ausführungen! Ich finde das total interessant und beeindruckend.

LG Nell
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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Regina » 13.01.2013, 07:07

Ein sehr schöner, beeindruckender Bericht, danke :)
Wie schön wir es heute doch haben :]
Liebe Grüße
Regina

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von versponnen » 13.01.2013, 11:14

Vielen vielen Dank für den Bericht.
Ich sah in seiner Sendung über Winkinker in Norwegen einen Nacharbeit der historischen Segel, eigentlich wurde das ganze Experiment damit beschrieben.Es war hochinteressant, mich erstaunte ,dass nicht gezwirnt wurde. Nun ,die Spaelsau haben ja auch auch sehr langes Deckhaar, und das Walken verfestigt ja das Gewebe.

Herzlicher Gruß Wiebke

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von FrauHollunder » 13.01.2013, 11:18

Na dass nenn ich mal Zahlen. Danke.
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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von anjulele » 13.01.2013, 12:09

Wow! Vielen Dank!

Vor einigen Jahren war ich mit einer handvoll Leuten zusammen, die eigentlich so einiges geplant hatten. U. a. ein Dorf, in dem gelebt wird und der Nachbau eines alten Schiffes. Der Bau des Schiffes wurde in Angriff genommen. Ich "sollte" für die Segel sorgen und hab mich geweigert. Ich war damals die einzige, die spinnen konnte, egal ob auf dem Rad oder auf der Spindel. Bis heute habe ich noch nie auf einem Gewichtswebstuhl gewebt, geschweige denn, eine wirklich gute (gewebte) Rekonstruktion gesehen. Zugegeben, ich habe noch nicht viele gesehen, weil ich nicht viel herum komme.

Ich selbst webe nur auf einen Rahmen und, auch wenn ich die Ergebnisse teilweise ganz schön finde, sie würden bei einer wirklichen Beanspruchung, etwa als wirklich brauchbares Kleidungsstück, jämmerlich versagen.

Heutzutage gibt es nur noch wenige, die die Fertigkeiten dieser alten Handwerke (im Grunde aller) wirklich noch beherrschen. Dazu kommt, dass in allen Handwersberufen die "modernen" Arbeitsweisen gelehrt werden und das alte, noch vorhandene Wissen so gut wie gar nicht mehr weitergegeben wird. Somit stirbt nach und nach jahrundertealtes Wissen aus. Mit den Händen wird gar nicht mehr gearbeitet. Ich kenne Erwachsene, die kaum eine vernünfte Schleife binden können. Das Gehirn wird auch immer weniger genutzt, weil unsere technische "Errungenschaften" uns den Alltag "erleichtern". ...ok, darüber diskutieren wir hier schon an anderen Stellen...

Wie ist denn das mit dem Erhalt des alten Wissens auf Island? Gibt es noch Leute, die fähig sind, dieses Wissen weiterzugeben? Oder kommt auch nur ab und zu jemand in einem Museum vorbei, schaut sich all die alten Sachen an, staunt, wie gut die Menschen doch ohne alle Techniken gearbeitet haben und rauschen dann wieder in ihre moderne Welt zurück?

LG
anjulele

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von stuart63 » 13.01.2013, 12:11

Ein toller Bericht :gut: vielen Dank.
Das muss ich mir ein paar Mal durchlesen, um mir die Masse der Info zu verinnerlichen. Mein Güte, leicht hatten es die Menschen früher nicht!

LG Katja
Wer sich selbst treu bleiben will, kann nicht immer anderen treu bleiben

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Adsharta » 13.01.2013, 12:20

Vielen Dank für diesen Bericht. Wenn man bedenkt, daß es in Island doch die Hälfte des Jahres auch noch ziemlich dunkel ist, dann ist das wirklich eine beachtliche Leistung. Da können wir eigentlich nur noch staunen und uns gratulieren, daß es uns so gut geht.
lg Adsharta

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Sephrenia » 13.01.2013, 12:44

Danke für diesen hochinteressanten Bericht! Ich bin immer wieder fasziniert davon, mit welchem Geschick und welcher Kunstfertigkeit damals mit einfachsten Mitteln Dinge hergestellt wurden, die wir heutzutage kaum mit moderner Technik rekonstruieren können.

Was ich mich bei solchen Daten allerdings immer frage ist, auf welcher Grundlage diese Berechnungen entstehen. Denn heute beherrscht kaum noch jemand diese alten Techniken, schon gar nicht mit der Erfahrung und Routine, die die Menschen damals hatten. Wenn ich z.B. sehe, dass angenommen wird, dass mit der Handspindel nur 30-50m Garn pro Stunde (oder gar nur 20m!) gesponnen wurden, stutze ich doch etwas. Ich, als halbwegs geübte Spindelspinnerin, schaffe durchaus um die 150-200m in der Stunde. Ok, das ist mit einer Kopfspindel und optimal vorbereitetem Material. Aber dennoch, sollten die Menschen damals, die schon im Kleinkindalter spinnen lernten und für die das Spinnen mit der Handspindel so selbstverständlich wie atmen war, nicht schnellere und bessere Spinner gewesen sein als eine moderne Hobbyspinnerin? Also entweder steckt da die Zeit für die Vorbereitung der Wolle mit drin, oder irgendein Archäologe hat seine ersten Versuche mit der Handspindel als Maß genommen...

LG Kiki

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von sockolade » 13.01.2013, 13:28

Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht! Ich freue mich immer wieder, dass durch das Internet viele Inhalte wieder auf eine breitere Überlieferungsbasis gestellt werden! Vielleicht geht dann nicht mehr so viel verloren.
LG sockolade

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von spulenhalter » 13.01.2013, 18:16

Die Leute von Früher haben aber viele ihrer Sachen nur einmal im Leben angefertigt.

Heute kauft man ja alle Nase lang etwas neues, auch wenn es nicht länger hält, als die Sachen, die man gerade aussortiert.

Es ist schön, wenn man solche Zahlen einmal sieht.
Gruß Mathias

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von marled » 13.01.2013, 18:39

Tolle Zusammenfassung, Belladonna! Ich glaube allerdings auch, dass die Zahlen so nicht so ganz stimmen und dabei halt nicht bedacht wurde, dass den Menschen früher vieles geläufig war, was wir heute nicht mehr beherrschen oder nur noch in der Freizeit machen. Für die Herstellung des Thorsberg-Mantels z. Bsp. wurde als reine Arbeitszeit ein Jahr angegeben mit zwei - drei Frauen, die sich NUR damit beschäftigen. Die Zeitangabe halt ich nur für realistisch, wenn die Arbeit am Mantel NEBEN der Tagesarbeit geleistet wurde.
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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Martha » 13.01.2013, 18:54

Vielen Dank für den Bericht ! Unvorstellbar das ganze in unserer heutigen Wegwerfgesellschaft .
Lieben Gruß
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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Belladonna Took » 14.01.2013, 00:24

Bei den 20 Metern pro Stunde wurde ich auch stutzig. Ich habe meine Spinnleistung zwar nie gemessen, aber rein gefühlsmässig meine ich, mehr zu produzieren. Werde bei Gelegenheit mal messen.


Mit meinem Beitrag wollte ich zweierlei:

einerseits ein Bewusstsein für die enormen Leistungen mit einfachsten, in unserm Fall seit Jahrtausenden unveränderten Gerätschaften. Und das nicht hauptberuflich wie die modernen Museums-Reko-Leute, sondern mit wuselnden Kindern, rauchendem Feuer etc.

Andererseits (aber das brauche ich uns Handwerkern/innen ja nicht zu sagen) sind diese Fertigkeiten ein Kulturgut, das nicht verloren gehen darf. Das Textilhandwerk ist nach der Beherrschung des Feuers und der Entstehung der Kunst das älteste Handwerk überhaupt. Älter als der Ackerbau und viel älter als die Pyramiden.

Siehe hier:
http://archaeology.about.com/od/tempora ... ntions.htm
http://archaeology.about.com/od/textile ... eaving.htm

Ohne Textilien wäre die Besiedlung etlicher Kontinente nicht möglich gewesen. Und das erwachte Bewusstsein über die schrecklichen Produktionsbedingungen von Textilien in China, Indien und anderswo macht uns vielleicht/hoffentlich den wahren Wert von Textilien klar.

Also, lasst uns spinnen und weben mit einem dankbaren Gedanken an unsere Vormütter!

Gruss
Belladonna Took

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Re: Herstellung von Segeln in Island

Beitrag von Belladonna Took » 14.01.2013, 00:46

@ Anjulele
Wie ist denn das mit dem Erhalt des alten Wissens auf Island? Gibt es noch Leute, die fähig sind, dieses Wissen weiterzugeben? Oder kommt auch nur ab und zu jemand in einem Museum vorbei, schaut sich all die alten Sachen an, staunt, wie gut die Menschen doch ohne alle Techniken gearbeitet haben und rauschen dann wieder in ihre moderne Welt zurück?
Na ja, hier ist es auch 5 vor 12. Aber da die alte bäuerliche Landwirtschaft hier noch bis in die 40/50 er Jahre dauerte, also bis die amerikanischen Soldaten Arbeit, Strassenbau und Geld hierhinbrachten, kann man grade noch alte Menschen erwischen, die selbst noch gesponnen haben. Ich habe neulich im Árbæjarsafn Freilichtmuseum eine 87 Jahre alte Dame kennengelernt, die dort karden und spinnen demonstrierte. Das waren so leichte, elegante Bewegungen, eben 100000 mal gemacht. Solche Menschen suche ich und lerne von ihnen.

Doch, es gibt schon noch Menschen, die traditionelles Handwerk beherrschen und mit den Produkten Geld verdienen. Färben, schmieden, weben oder halt Kurse geben wie ich. Leben kann ich davon allerdings nicht.

Ich höre oft "Du bist isländischer als wir" und das ist ein grosses Kompliment.

Die allermeisten Isländer sind aber sehr modern und haben zum alten Handwerk keinen Bezug mehr. Stimmt doch, Marled, oder?


Gruss
Belladonna Took

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