Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Typen, Spinntechniken, Fragen rund ums Spinnrad-Spinnen

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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von ZILLY » 10.04.2012, 22:45

Noch was für Spinn-Mädchen

Hier ein kleines Buch ( Leseprobe)
6 Spinnmärchen.

zwei davon kannte ich nicht , das wird nachgeholt ( bin ja ne Märchenjule )

http://books.google.de/books?id=ys4glD2 ... &q&f=false

zu kaufen:
http://www.amazon.de/uralte-Spinnm%C3%A ... 3842346689
winkt ZILLY

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Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von Hoedlgut » 11.10.2012, 14:37

Hallo ihr Lieben! Ihr kennt das sicher, man sitzt am Spinnrad und bekommt dann die Frage von Aussenstehenden: "Und wo hat sich da das Dornröschen gestochen?"
Dann erklärt man dass sie sich nicht am Spinnrad, sondern an einer Handspindel gestochen hat. Am Spinnrad würde das ja schlecht gehen.
Meistens folgt ein einsehendes Nicken und alles ist geklärt.

Heute bekam ich aber die Gegefrage, warum die Handspindel denn überhaupt spitz sei.
So, da sitz ich jetzt, und hab keinen blassen Schimmer was ich da drauf nun souverän antworten soll.

Ich selbst bin ja ein Spinnrad Liebhaber, und hab selbst keine einzige Handspindel zu Hause. Und bevor ich irgendwas daherbrabble frag ich doch gleich bei den Profis nach die das sicher wissen. :D

Ich werd die Antwort dann geflissentlich weitergeben. :))

Danke!
Ideen sind wie Kaninchen. Man hat ein paar und lernt damit umzugehen, und kaum versieht man sichs hat man ein Dutzend. (John Steinbeck)

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von wolfssilber » 11.10.2012, 14:52

Ich habe eine Kreuzspindel mit mit ganz spitzer Metallspitze, an der ich mich zur großen Erheiterung meiner märchenkundigen Familie schon öfters gestochen habe.
Diese Spindel kann man so genial wie keine andere auf dem Boden drehen, also "supported". Ich denke dafür ist die Spitze gemacht.
Ob das jetzt die historisch und handwerklich richtige Erklärung ist, weiß ich aber nicht.

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von Spinnfee » 11.10.2012, 14:56

Ich glaube, ich hab da mal irgendwo was gelesen, dass früher, wenn man gespindelt hat, das ja meistens im Stehen gemacht hat und die Böden waren ja selten schon aus Stein/Holz sondern eher aus Lehm. Und wenn da nun die Spindel runterfällt, bleibt sie im Boden stecken und das Spinngut wird nicht verschmutzt.
Funktioniert übrigens wirklich, zumindest bei weicheren Böden. Wenn die Spindel eine Spitze unten hat, bleibt sie noch in der Wiese stecken.
Wie das aber bei hartgestampftem Lehm aussieht, weiß ich nicht, so einen Boden hatte ich beim Handspindeln noch nicht.
Aber keine Gewähr für die Aussage, okay?
Liebe Grüße von der Spinnfee

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von festgestrickt » 11.10.2012, 15:00

Ich habe mal irgendwo im Forum gelesen, dass die (Fuß-)Spindel unten spitz sei, damit sie in der Erde stecken bleibt, wenn sie runterfällt - dann wird die Wolle nicht schmutzig. Jedenfalls war das früher so! Heute haben wir ja überall Asphalt oder sonstige feste Bodenbeläge. Ich weiß jetzt aber nicht, ob das wirklich belegt ist, oder ob sich da irgendwer einfach gedacht hat, das müsste so gewesen sein.

lg festgestrickt
Liebe Grüße
Sabine

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von desch » 11.10.2012, 15:00

Da gäbe es mehrere Möglichkeiten:

Zum einen an der Spitze der Supported Spindeln, die tatsächlich sehr spitz sein können, wobei da stechen im laufenden Betrieb eher von unsachgemässer Benutzung zeugt,
oder aber evtl am Dorn eines Spindelrades. Die können fast genauso spitze sein, wie die Supported und man kann sie als neugieriges Gör im laufenden Betrieb auch berühren und sich daran stechen.

Ansonsten alternativ auf die Haken am Flügel verweisen, wobei man sich da eher die Finger dran brechen als pieksen könnte, wenn man bei sehr flinkem Betrieb an den Flügel greift, oder auf einen unnatürlich spitzen Wocken?


Und wenn gar nichts mehr geht: Das Spinnrad an dem sich Dornröschen gestochen hat hat doch die böse Fee auf dem Dachboden unter Verwahrung gehabt, die hat da bestimmt auch noch dran rumgedoktort ;) Dann kommt rein theoretisch alles in Frage...
LG s´Desch

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von festgestrickt » 11.10.2012, 15:01

Oh, ich seh' grade, Spinnfee war schneller als ich!

lg festgestrickt
Liebe Grüße
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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von Spinnfee » 11.10.2012, 15:44

:lol: Doppelt hält besser
Liebe Grüße von der Spinnfee

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von stuart63 » 11.10.2012, 15:45

Die Spindelräder haben total spitze Spindeln (Dorn) der hat nicht nur den Namen so einfach, der ist spitz wie ein Dorn!
Meine Charkha Spindelspitze ist ein Mordinstrument.

LG Katja
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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von Tulipan » 11.10.2012, 18:51

desch hat geschrieben:
Ansonsten alternativ auf die Haken am Flügel verweisen, wobei man sich da eher die Finger dran brechen als pieksen könnte, wenn man bei sehr flinkem Betrieb an den Flügel greift, oder auf einen unnatürlich spitzen Wocken?


Und wenn gar nichts mehr geht: Das Spinnrad an dem sich Dornröschen gestochen hat hat doch die böse Fee auf dem Dachboden unter Verwahrung gehabt, die hat da bestimmt auch noch dran rumgedoktort ;) Dann kommt rein theoretisch alles in Frage...
Da Märchen ist wesentlich älter als das Spinnrad und es steht auch ausdrücklich Spindel drin! Wir hatten das Thema schon mal, mit "Dornröschen" müsste man den thread eigentlich finden können.

Früher wurde meist mit einem in den Gürtel gesteckten Wocken und einer in der Hand gedrehten Spindel gesponnen. Die waren auch oben spitz. Wenn man einen Stock mit dem Messer oben verjüngt, ist es am einfachsten, ihn ganz spitz zu machen.
Die Spitze unten ist auch nützlich, weil eine Spindel, wenn sie auf dem Boden ankommt, wie ein Kreisel noch weiterläuft, es ist ja auch die Rede davon, dass die Spindel tanzt. Das istaber alles nur Spekulation, eine wirklich befriedigende Erklärung habe ich noch nirgends gefunden.

lG
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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von desch » 11.10.2012, 19:12

Wie alt ist denn das Märchen deiner Meinung nach? Auch wenn es schon weit vor den Gebrüdern Grimm (18schiessmichtot) aufgetaucht ist, Spinnräder wurden schon im Mittelalter ums 12/13 Jahrhundert verboten. Lt Wikipedia gibt es die erste schriftliche Erwähnung des Märchens in einer anderen Fassung (in der von keiner Spindel sondern von einem Schlafdorn gesprochen wird) um 1330, also nach dem Spinnradverbot.

Über die Jahre wird ja auch endlos viel dazugedichtet und weggenommen... Müssig heute drüber nachzusinnen ;)
LG s´Desch

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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von shorty » 11.10.2012, 19:24

Ja das stimmt schon mit dem Spinnradverbot.
Trotzdem waren zu dieser Zeit Spindeln weitaus gebräuchiger.
Dass es das Spinnradverbot gab, sagt wenig über die prozentuale Verbreitung aus, für den Großteil der Spinner war ein Spinnrad damals unbezahlbar.

Ich sag immer so, war nicht dabei, ;-)

Aber im Grunde reicht als Erklärung im Normalfall Alter des Märchens und damals vorherschendes Spinngerät völlig aus.
Ausserdem bezweifle ich , dass an dem Textteil umgedichtet wurde, es heisst zweimal explizit Spindel, auch wenn ein Spinnrad abgebildet ist.
Ich hätte eher Zweifel , wenn Spinnrad stehen würde.
Ich versuch mal zusammenzufassen
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Re: Frage an die Handspindel-Profis!

Beitrag von Tulipan » 11.10.2012, 19:27

Wie alt das Märchen wirklich ist, kann wohl niemand sagen, denn sie wurden ja lange nur mündlich überliefert
In "Spinnst Du? Na klar!" (Ulrike Claßen-Büttner 2009) steht, dass die frühesten Darstellungen von Spindelrädern in Europa um 1340 aus England nachgewiesen sind. Die älteste Darstellung eines Flügelspinnrades stammt aus Jahr 1480.

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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von shorty » 11.10.2012, 19:31

Die Spinnradverbote sind allerdings früher ;-) Bildnachweis halt erst 1480 fürs Flügelrad.

Zitat...Spindelräder gabs auch in Europa schon früher, da bereits 1224 in Venedig, 1280 in Speyer usw ein Verbot dagegen erlassen wurde.


Trotzdem bin ich fest von ner Spindel überzeugt.

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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von Klara » 12.10.2012, 16:56

Und das Fenster in der Kathedrale von Chartres ist auch Anfang 13. Jh. Zugegeben, man kann sich streiten, ob's ein Spindel- oder ein Spulrad ist, aber die Dinger werden ja heute noch für beide Zwecke verwendet...

Was die Märchen angeht, muss man weder glauben, überzeugt sein, noch diskutieren - in Grimms und Perraults Fassung steht "Spindel" (bzw. fuseau) - wörtlich. Die früheren Fassung von Giambattista Basile (1575-1632) kenne ich nur nacherzählt (hier: http://www.mouseplanet.com/fairytales/ft011011.htm), aber auch da gibt's nur eine Spindel, kein Spinnrad. Ich find's ziemlich sinnlos, Texte zu diskutieren, wenn man sie nicht gelesen hat. Und wenn man sie gelesen hat, ist die Frage "Woran stach sich Dornröschen" beantwortet.

Ciao, Klara

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