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Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 24.04.2012, 20:59
von jessy333
Hallo ihr Schönfärber,

ich erforsche grad das Färbe-Forum und bin über mehrere Färbungen mit teilweise giftigen Pflanze wie Ligusterbeeren und Efeu, usw. gestolpert.
Sind solche Färbungen wirklich völlig ungefährlich?
Oder könnte sich was von dem Gift in der Faser ablagern?
Bei ständigem Hautkontakt durchs Tragen der Wolle könnten sich die Giftstoffe (sofern vorhanden) ja theoretisch wieder lösen und und in den Körper gelangen.
Kennt sich da jemand aus? Das würde mich echt interessieren.


LG Jessy

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 24.04.2012, 21:44
von faserrausch
hallo Jessy,

das fragen wir uns hier auch bisweilen. Für mich kommen giftige Pflanzen nicht in die Töpfe. Einzige Ausnahme ist Krapp, das benötige ich als "Hautton" für Puppen und Figuren (Krapp ist kanzerogen. Es ist noch nicht geklärt, ob die gefärbte Wolle wieder Giftstoffe an den Körper abgibt). Ich färbe hauptsächlich Wolle für den Weihnachtsbasar unserer Schule und möchte deshalb auf der sicheren Seite sein (nicht, daß da noch Babymützen o.ä. aus vielleicht belasteter Wolle gestrickt werden)
Wenn Du mal zum Leimener Spinntreffen kommst, kann ich Dir meine Musterkarten mitbringen (habe heute gerade welche fertig gemacht, um die Lichtechtheit zu testen).

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 24.04.2012, 22:47
von schafgarbe
Sollten die Gifte nicht in der Wolle bleiben, dann würden sie im Abwasser landen und das wäre mir auch nicht recht. Also auch bei mir Verzicht auf Giftpflanzen.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 24.04.2012, 22:54
von Regina
Den Hautton für Puppen kannst du auch mit Rotsandelholz färben :)

Ich würde jedenfalls nicht mit Digitalis färben, bei Rainfarn, Kamala und ähnlichem bin ich aber schmerzfrei. Besonders wenn ich mir überlege, was wir mittlerweile alles an Giften in der Umwelt und in der Nahrung haben :rolleyes:

Bedenklich wäre es, wenn der Farbstoff der Pflanze gleichzeitig der Giftstoff wäre. Dann würde ich jedenfalls davon ausgehen, dass er in der Faser abgelagert ist. Da ist mir aber keiner bekannt. Über die Haut wird er nicht aufgenommen werden, es sind ja keine Nanopartikel. Aber eine empfindliche Haut möglicherweise durch den Kontakt reizen.

Die nächste Frage ist, was alles in den Säurefarben drin steckt. Nicht nur die Natur produziert Gifte. Ashford hat das Ökotex irgendwas Siegel, da sind ein paar höchst bedenkliche - aber wirklich nur ein paar - ausgeschlossen. In die anderen darf alles rein, was erlaubt ist.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 07:33
von shorty
Ich finde unterscheiden muss man wie Regina ja auch schon schrieb, zwischen Giftstoffe und Farbstoffe.
Nicht jeder Giftstoff ist ja an den Farbstoff gekoppelt.

Und ob ich nun das Abwasser von Ligusterbeeren in dem evlt Giftstoffe enthalten sind in den Abfluss laufen lasse, oder die Sträucher beim Heckenschnitt in der Grünverwertung landen, so viel Unterschied sehe ich da nicht.
Zudem sind nicht alle Giftstoffe Temperaturstabil!

Sieht man z.B. bei Vogelbeeren ganz gut, roh giftig, als Marmelade ohne weiteres geniesbar.
Gibt bestimmt noch andere Beispiele.
Das einzige mit was ich persönlich super ungern färbe sind Lebensmittel.

Letztlich muss das jeder für sich selber entscheiden.
Mit Ligusterbeeren färbe ich ohne mit der Wimper zu zucken, schon ganz einfach deshalb, weil man diesen Farbton mit nicht vielen anderen Pflanzen bekommt und dann nur auf Säurefarben ausweichen kann.
Was da so alles drinnen ist?? :-) Oder in OE Farben.
Solche Dinge werden leider häufig völlig unkritischer betrachtet
Karin

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 07:43
von Dornroesschen
Schöllkraut und Rainfarn nehme ich nicht mehr, das Gelb bekommt man auch anders hin. Liguster nutze ich aber. Ich bekomme beim Sammeln keine Hautreizungen und denke daher das es geht. Dass die Leute die Beeren früher sogar zum Weinfärben benutzt haben ist aber schon komisch.

In einer Broschüre über 1. Hilfe bei Kindervergiftungen wird Liguster als weitgehend ungiftig eingestuft.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 07:51
von faserrausch
Es ist absolut entscheidend, was man daraus machen will (ob eben direkter Hautkontakt da ist). Wegen der Umwelt würde ich mich nicht grämen. Es sind ja natürlich vorkommende Stoffe.
Aber solange man eben nicht weiß, ob Giftstoffe in der Wolle bleiben, warum sollte ich da ein Risiko eingehen, zumal wenn ich ausweichen kann, wie bei den Gelbtönen.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 08:27
von Claudi
Auch rohe Holunderbeeren sind giftig... aber gekocht lecker.
Um herauszufinden, was da durch die Hitze "entschärft" wird, müßte man die Farbstoffe alle herausfinden, und dann gucken, bei welcher Temperatur der jeweilige geknackt wird.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 08:38
von shorty
So ists, und Farbstoffe sind ja nicht unbedingt gleichzusetzen mit Giftstoffen.

Die Frage ist ja, wieviele von den Giftstoffen ist nach Hitze tatsächlich noch präsent und lagert sich zudem mit dem Farbstoff mittels Beize auf den Fasern ab.

Manche Pflanzen haben ja auch versch. Farbstoffe.
Durch untersch. Beizen usw filtert man bei manchen nur ganz bestimmte Farbstoffe heraus.
Ich halte es daher für sehr unwahrscheinlich, dass im Umkehrschluss alle Giftstoffe sich pauschal in der Wolle anreichern.
Für mich ist deutlich wahrscheinlicher, dass sich große Teile davon ausschwemmen.

Bei Gelbtönen gibts ja eh so viele ungiftige Varianten, da muss man das nicht mutwillig testen.

Karin

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 08:45
von faserrausch
Ich gehe auch davon aus, daß eher nichts in der Wolle bleibt,......nur wissen tu ich es NICHT.
Holunderbeeren sind schon schwach giftig, nur kann ich schon einige essen ohne gleich Bauchgrimmen zu bekommen, während bei der Ligusterbeere......

Wir setzen uns viel mit dem Thema auseinander, nur beobachte ich immer wieder - teilweise wirklich mit innerlich runtergeklappter Kinnlade- wie blauäugig mir Menschen erzählen, sie wollen alles möglichst natürlich (das ist noch verständlich), weil ungiftig und möglichst gesundheitsfördernd. Da wird vollkommen blauäugig natürlich mit ungefährlich gleichgesetzt.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 08:50
von schafgarbe
Es sind ja auch nicht alle genannten Pflanzen hochgiftig. Bei uns in der Gruppe hat allerdings jemand mal mit Maiglöckchen gefärbt. Das würde ich z.B nicht tun.

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 09:24
von Vlasta
Die Maiglöckchen waren hoffentlich aus dem Garten... Sie stehen ansonsten unter Naturschutz. (Warum man ausgerechnet mit seltenen Pflanzen färben muß, ist mir ein Rätsel, zumal, wenn sie eh nur gelb färben - nehm´ ich mal an.)

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 09:28
von frieda
faserrausch hat geschrieben: Wir setzen uns viel mit dem Thema auseinander, nur beobachte ich immer wieder - teilweise wirklich mit innerlich runtergeklappter Kinnlade- wie blauäugig mir Menschen erzählen, sie wollen alles möglichst natürlich (das ist noch verständlich), weil ungiftig und möglichst gesundheitsfördernd. Da wird vollkommen blauäugig natürlich mit ungefährlich gleichgesetzt.
Denen drückt man dann mal mit freundlichem Lächeln einen Fliegenpilz in die Hand ...

Grüßlis,

frieda

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 09:39
von Hummelbrummel
Hallo Zusammen,

Hm, irgendwie scheine ich ein besonders sorgloser Vertreter meiner Generation zu sein.
Immerhin pflanze ich Tomaten und Kartoffeln an, und esse sie sogar, obwohl das Kraut ordentlich giftig ist, und ich habe auch schon mit dem kalten Einweichwasser von schwarzen Bohnen gefärbt - was einen schönen Blauton gibt - und mir überhaupt keinen Kopf darüber gemacht, wie das mit dem Gift ist, obwohl die Farbe nur beim Kaltfärben bleibt und das ganze nicht erhitzt wird.

Und ich esse Avocados, obwohl diese für viele Tiere tödlich sind; allerdings bin ich peinlich darauf bedacht, unsere Wellensittiche von unserem Avocado-Baum fernzuhalten.

Klar: "Natürlich" heißt nicht automatisch "ungefährlich". Das gilt für Löwen wie für Tollkirschen und ebenso für Feuer.
Es ist die Frage, wie man damit umgeht.
Aber ich esse und trinke doch meinen Farbsud nicht und was im Magen giftig wirkt, muss das noch lange nicht auf der Haut. Und was für Tiere oder Pflanzen giftig ist, muss es nicht für den Menschen sein und umgekehrt.
Und obwohl ich insgesamt sehr wenig Kosmetik verwende, bin ich der Überzeugung, dass das, was mir auf der Haut sehr gut tut, (mal ein schöner pflanzlicher Badezusatz oder bei Bedarf eine Salbe, oder Seife und Haarwaschmittel) mir mitunter nicht bekäme, würde ich es schlucken. Möglicherweise würde ich sogar krank davon - dann wäre es als giftig einzustufen. Dennoch lasse ich es an meine Haut.
Also ehrlich, bei Efeu, Liguster etc hätte ich mir da keine Gedanken gemacht. Und dass meine giftige Unkraut-Wolfsmilch letztes Jahr so ein schönes leuchtendes Grün ergeben hat, hat mich sehr gefreut. So war das Zeug wenigstens zu was nutze. Ansonsten wäre es einfach so auf dem Kompost gelandet, wo mich das Gift auch nicht gestört hätte.
Anders wäre es mit giftigen Pflanzen, bei deren Kontakt ich Ausschlag bekomme, wie Thuja. Das muss nicht sein - aber die gehört wohl auch nicht zu den Färbepflanzen.

Viele Grüße von der sorglosen Hummelbrummel

PS: Ganz so sorglos bin ich denn doch wieder nicht. Zum Beispiel weiß ich, dass mir viele Waschmittel Probleme bereiten und Reste davon nach der Wäsche noch hinreichend drin hängen, so dass mein Körper darauf reagiert. Auch weiß ich, dass sie für die Umwelt giftig sind. (Daher meide ich sie, soweit es geht, aber vermutlich ist auch mein ökologisches Waschmittel "giftig" genug - jedenfalls würde ich auch das nicht essen oder trinken - und es bleibt auch davon genug in der Wäsche, dass die Haut Kontakt damit hat und trotzdem verwende ich es.)

Re: Färben mit giftigen Pflanzen?

Verfasst: 25.04.2012, 11:47
von Troll
Gibt es irgendwo eine Liste der Färberpflanzen, die gesundheitlich problematisch sind (also bei Hautkontakt mit dem gefärbten Stoff :) ) Früher, im guten alten Mittelalter ist man aufgrund mangelnder Alternativen und/ oder Kenntnis ja eher sorglos mit der Thematik umgegangen - und Färber hatten - wie die meisten anderen einfachen Leute - ohnehin nicht so die hohe Lebenserwartung.
Unsere Dozentin hat uns gerade gestern einiges interessantes über karzinogene Färbemittel in modernen Textilien erzählt und ein Arzt (Allergologe ) hat mir geraten, für meine zu Neurodermitis und Atemwegsproblemen neigende Tochter Kleidung vom Flohmarkt zu kaufen - da seien immerhin schon die meisten überschüssigen Farben herausgewaschen...

Es gibt im übrigen immer mehr Fachleute die der Meinung sind, dass die jüngeren Menschen unserer Zeit in dem wohlhabenden Teil der Welt bereits wieder im Durchschnitt eine sinkende Lebenserwartung haben, weil sie sich zu häufig von in der Verarbeitung abgewerteten Lebensmitteln ernähren und zu vielen Giftstoffen aus den verschiedensten Bereichen (hier ein Hinweis auf den Fracking - Thread ) ausgesetzt sind.
Und wenn man schon um die Gefährlichkeit einiger Pflanzen weiss und es ungiftige Alternativen gibt (gerade bei Gelb scheint das ja so zu sein ) - wozu das ganze? Gerade bei Kinderkleidung kann der Ärmel oder der Schal schnell im Mund landen. Bei schwach giftigen Pflanzen wäre ich da auch nicht soooo pingelig, werde im Sommer (falls ich überhaupt dazu komme ) allerdings garantiert nicht mit Pfaffenhütchen oder Eibe färben.
Wenn der Organismus ohnehin schon so vielen Giften ausgesetzt ist, dann muss ich doch nicht noch tüchtig was dazutun wo es sich einfach vermeiden lässt. Wie weit da jeder einzelne in seinem "Öko - wahn " geht ist natürlich Geschmacksache.