Birkenblätter

Pflanzen-, Pilz- und Tierfärbungen ...

Moderator: Perisnom

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Re: Birkenblätter

Beitrag von hirngespinst » 07.07.2013, 11:01

Hallo,

ich häng mich mal hier mit dran.

Ich hab letzte Woche meine erste Birkenblätterfärbung versucht. Mit ca 300 gr frischen Birkenblättern auf rund 300 gr Wolle. Die Blätter hab ich eine Stunde ausgekocht, in der Zeit waren die Wollstränge in der Kaltbeize. Anschließend durften die Stränge alle gemeinsam eine Stunde bei 90 Grad mit den Birkenblättern köcheln, ich habe nur diesen einen Zug gefärbt, weil ich nicht mehr Wolle zum färben hatte.

Die Farbe hat mich ziemlich überrascht: ein etwas undefinierbar-tarnfarbenes helles Oliv-gelb-grünlich. Also weder gelb noch grün noch beige, sondern irgendwas mittendrin und je nach Lichteinfall mal mehr in die eine, mal mehr in die andere Richtung spielend. Nicht wirklich hübsch, ich hatte mir das eigentlich etwas fröhlicher vorgestellt.

Jetzt überlege ich natürlich, wodurch diese Farbe zustande gekommen sein kann. Folgende Möglichkeiten sind mir eingefallen:
1. die frischen Blätter enthalten jetzt zu viel Tannin und haben dadurch eine andere Färbung bewirkt?
2. Unser Hauswasser enthält relativ viel Eisen - eevtl. hat das trotz Eisenfilter beim Färben gleich eine "Nachentwicklung" der Farbe bewirkt?
3. Die Temperatur beim Färben war zu niedrig?

Mir macht insbesondere die Überlegung mit dem Eisen in unserem Wasser echt nachdenklich. Habt ihr Erfahrungswerte, mit denen ihr vielleicht zur Klärung meiner Unsicherheit beitragen könnt?

Viele Grüße
Wiebke

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Simone » 07.07.2013, 13:11

Hallo Wiebke, ich habe letztes Jahr auch mit frischen Birkenblättern gefärbt und ein sehr kräftiges Gelb erhalten fast schon Neongelb. An den Blättern kann es nicht liegen, der einzige Unterschied, ich hatte mit Alaun gebeizt und unser Wasser ist nicht eisenhaltig. Das die Temperatur zu niedrig war glaube ich eher auch nicht, da wäre das Gelb nur blasser. Ich tippe bei Dir auf das Wasser, probier mal Regenwasser aus. Liebe Grüsse Simone

Schlompfine
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Re: Birkenblätter

Beitrag von Schlompfine » 07.07.2013, 14:42

Ich verwende immer mindestens 200% Blätter. Aber getrocknete! Und von den frischen brauchst Du in der Regel deutlich mehr (die meiste Färbeliteratur schlägt vor, von der friscen Menge doppelt so viel zu nehmen wie von der getrockneten! Der
Grünstich kommt vom Eisen, die Blassheit definitiv von zu wenig Blättermaterial.

1. Ich weiß nicht, ob der Tanningehalt in den Blättern hoch genug ist. Tannin wirkt ja als Beize. Aber farblich?? Keine Ahnung.
2. Der Grünstich kommt vermutlich vom Eisen. Du könntest es mit einem Emaillekessel probieren, der ist da unproblematisch. Kupfer geht auch, ich erhalte damit immer ein klares Gelb.
3. 90°C finde ich nicht zu niedrig, sondern ehr schon zu hoch. Ich färbe höchstens bei 70°C, Krapp ab und zu bei 80°C, aber nie mehr.

Das Eisen im Wasser kann man zu seinen Vorteilen nutzen. Ich entwickle z.b. gerne gelbes weiter zu grün, eben mit rostigem Eisen. Aber wenn du das gar nicht haben möchtest, solltest Du einen Emaillekessel versuchen und Dir eisenfreieres Wasser besorgen. Regenwasser wurde ja schon vorgeschlagen, das ist prima! Falls es nicht regnet, kannst du es auch mit detill. Wasser probieren, das ist ja nicht so teuer, wenn man nur kleine Portionen färben möchte. Dann geht das auch.

Schau mal hier:
Bild
Gelb = birke ohne eisen (im Kupfertopf)
Grün = Birke mit Eisen im Kupfertopf.
Das Gelb wird klarer, wenn ich besagten Emaillekessel nutze (was aber auf meinen Veranstaltungen leider nicht geht, daher Kupfer).

Ich hoffe, das hilft ein wenig weiter.

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Re: Birkenblätter

Beitrag von hirngespinst » 07.07.2013, 17:35

Liebe Dank für die Antworten!

Emailkessel hab ich ja benutzt, das Eisen ist halt im Wasser. Vielleicht muss ich mir da wirklich mal was einfallen lassen, wie ich auf Regenwasser zurückgreifen kann.

Und danke für die Hinweise mit der Blattmenge und der Temperatur!

Wenn ich jetzt einfach nochmal nachfärbe, muss ich dann auch erneut beizen? Ich hab die Stränge nach dem Färben gründlich ausgewaschen - habe aber nicht so wirklich eine Vorstellung, ob die Beize quasi anwesend sein muss zum färben, oder ob sie grundlegend was mit der Faseroberfläche macht?

Ihr seht, ich bin wirklich komplette Farbanfängerin...

Liebe Grüße
Wiebke

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Schlompfine » 07.07.2013, 17:53

Nein, du brauchst nicht nochmal beizen.
Das spart auch Zeit, es sei denn man macht eine Direktbeize (Beize mit zum Färbegut und dem Stoff; quasi alles zusammen).


Zuviel Beize greift im Übrigen auch die Faser an.

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Claudi » 07.07.2013, 21:14

Schlompfine hat geschrieben:Ich verwende immer mindestens 200% Blätter. Aber getrocknete! Und von den frischen brauchst Du in der Regel deutlich mehr (die meiste Färbeliteratur schlägt vor, von der friscen Menge doppelt so viel zu nehmen wie von der getrockneten!
Meine praktischen Erfahrungen bei Birkenblättern waren das genaue Gegenteil von dieser Angabe. Frische Blätter färbten bei mir immer viel stärker, als getrocknete. Sowohl bei selbst getrockneten, als auch bei gekauften. Sogar noch im Herbst, wenn jede Menge gelbe dabei waren, brauchte ich für die gleiche Farbintensität nur etwas die halbe Menge.
Ganz
Liebe
Grüßis die Claudi

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Schlompfine » 08.07.2013, 06:57

So erfährt das jeder anders :) Man muss halt auch viel probieren. Und wenn die Farbe zu blass wird, dann wars ganz klar zu wenig Farbstoff ;)

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Re: Birkenblätter

Beitrag von hirngespinst » 08.07.2013, 09:57

Eine Frage fällt mir noch ein: Kocht ihr die Färbepflanzen richtig aus vorher? Oder brauchen die vielleicht auch gar nicht so viel Hitze im Vorfeld (ich hab meinen Einweckkessel auf "kochen" gestellt gehabt).

Viele Grüße
Wiebke

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Schlompfine » 08.07.2013, 18:53

Das kommt immer auf das Färbegut an. Habe ich Krappulver oder was-auch-immer in Pulverform, weiche ich es nur ein, solange ich das Wasser aufheize. Habe ich aber Blätter oder Wurzeln oder andere Pflanzenteile, weiche ich die meist über Nacht ein und koche sie am nächsten Tag je nach Pflanze 1-3 Stunden bei etwa 80°C aus (alles nur so circa, je nach dem wie ich dran denke, den Kessel wieder abzuschalten). Das lasse ich dann auch wieder auskühlen (oft über Nacht). Ein vorheriges Auskochen holt meistens deutlich mehr Farbstoff aus der Pflanze als eine Zugabe erst beim Färben. Die mir vorliegenden (modernen) Färberezepte geben auch alle ein voriges Auskochen der Färbegüter vor. Das ist dann zwar ein Schritt mehr als wenn man es weglassen würde, aber so bekomme ich auch mehr Farbe.

Dann kommt es drauf an, was ich färbe. Bei Dochtwolle (mache ich mittlerweile fast gar nicht mehr) habe ich das Färbekraut so mit im Kessel schwimmen lassen und die Reste nachher aus der getrockneten Wolle geschüttelt. Das ging gut. Mittlerweile stecke ich die Färbepflanzen in billige Damennylonstrümpfe und lasse die beim Färben mit im Kessel dümpeln. Färbe ich Vliese, Kammzüge oder ganze Stoffbahnen, entferne ich die Pflanzenteile komplett. Hat bei Kammzügen und co. den Vorteil, dass ich da am Ende nichts mehr rauspulen muss. Und bei Stoffen umgehe ich die Gefahr von Flecken und Schattierungen aufgrund dem Kontakt mit dem Färbematerial.

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Re: Birkenblätter

Beitrag von hirngespinst » 09.07.2013, 09:36

Dank dir für die ausführliche Beschreibung!

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Re: Birkenblätter

Beitrag von hirngespinst » 17.07.2013, 10:55

So, hier nun das Ergebnis vom Nachfärben. Ich bin schon etwas überrascht, aber es gefällt mir deutlich besser als die erste Farbe:

Ich hab nochmal frische Blätter gesammelt, und die Wolle nach dem Auskochen der Blätter zu den Blättern in den Sud gepackt. Das Ganze hab ich dann insgesamt 3mal für je eine Stunde auf 70 Grad köcheln, und die Wolle in der Flotte auskühlen lassen.


Herausgekommen ist ein - ich würde sagen - Messington. Eine ganz interessante Farbe irgendwo zwischen braun und gelb, mit leichten Grünanteilen, der sich je nach Lichteinfall sehr unterschiedlich zeigt. Färben mit Pflanzen ist auf jeden Fall eine sehr spannende Angelegenheit!
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Re: Birkenblätter

Beitrag von Violaknits » 17.07.2013, 16:50

hirngespinst hat geschrieben:So, hier nun das Ergebnis vom Nachfärben. Ich bin schon etwas überrascht, aber es gefällt mir deutlich besser als die erste Farbe:

Ich hab nochmal frische Blätter gesammelt, und die Wolle nach dem Auskochen der Blätter zu den Blättern in den Sud gepackt. Das Ganze hab ich dann insgesamt 3mal für je eine Stunde auf 70 Grad köcheln, und die Wolle in der Flotte auskühlen lassen.


Herausgekommen ist ein - ich würde sagen - Messington. Eine ganz interessante Farbe irgendwo zwischen braun und gelb, mit leichten Grünanteilen, der sich je nach Lichteinfall sehr unterschiedlich zeigt. Färben mit Pflanzen ist auf jeden Fall eine sehr spannende Angelegenheit!
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Das ist jetzt ein schöner Farbton geworden. Letzte Woche habe ich auch mit Birkenblättern gefärbt und der Ton war so "heumäßig". Da ich in der Flocke gefärbt habe, werde ich jetzt nicht nochmals überfärben, werde bei der nächsten Färbung aber dann mehr Blätter sammeln und mal deine Methode versuchen.

LG Anja

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Schlompfine » 17.07.2013, 20:56

@ hirngespinst: das ist eine tolle und (für mich) unerwartete Farbe. Die gefällt mir sehr!

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Re: Birkenblätter

Beitrag von Eurasierwolle » 18.07.2013, 13:17

Wie bei allen Färbekräutern hängt das Farbergebnis stark vom Entwicklungsstand der Pflanze ab! Ganz junge oder blühende Triebe färben anders als "erwachsene" Blätter (nach der Sommersonnenwende gesammelt). Aber gerade das ist doch das Spannende beim Färben mit Pflanzen!

Viele Grüße
Cornelia
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Re: Birkenblätter

Beitrag von versponnen » 18.07.2013, 21:12

liebe wiebke, ich habe die Erfahrung gemacht,der 2. zug ergibt ein klares und doch sehr kräftiges Gelb, also beim 1. zug werden alle Beifarben von der wolle aufgenommen.
und sonst schönes Gelb mit Brombeere und himbeere gehabt, aber es kommt auch darauf an,was für töpfe du verwendest. Ich benutze Alu-töpfe oder Edelstahl bei blau-grün..



liebe Grüße wiebke

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