Handhebel oder Tritte?

Moderator: Rolf_McGyver

anne
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Handhebel oder Tritte?

Beitrag von anne » 05.11.2012, 12:35

Hallo zusammen,

ich befürchte, dass ich eine ganz dumme Frage habe, aber ich bekomme sie selbst wirklich nicht geklärt.

Ich weiß nun, dass es Webstühle mit Tritten und solche mit Handhebeln gibt. Bislang habe ich immer gedacht, dass die Handhebel eben die Tritte ersetzen - dass ich eben einen Hebel betätige, wo ich sonst treten würde.

Jetzt habe ich gelesen, dass jemand Webpatronen für die Handhebel umrechnen will und wo anders, dass Handhebel mehr Möglichkeiten bieten. Jetzt bin ich verwirrt :vogel:

Was ist tatsächlich der Unterschied - könnt ihr mich aufklären?

Liebe Grüße,

Anne

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shorty
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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von shorty » 05.11.2012, 12:37

Selbst ich als Weblaie würde immer Tritte vorziehen weil der Arbeitsfluss der Hände mit jedem Handhebel drücken unterbrochen wird.
Technisch müssen die Spezialisten antworten.
Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von anne » 05.11.2012, 13:13

Vom Arbeitsablauf her habe ich das bislang auch immer gedacht und Tischwebstühle für mich eher verworfen... - wenn die jetzt aber sogar mehr Möglichkeiten haben sollen, könnte diese platzsparende Variante irgendwann doch interessant werden, wenn ich mit mehr Schäften weben möchte.

Liebe Grüße,

Anne

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von Klara » 05.11.2012, 13:20

Die Handhebel ersetzen die Tritte. Unterschied ist einerseits, dass man mehrere Schäfte an einen Tritt binden kann, während immer nur ein Handhebel an einem Schaft ist. Andererseits ziehen die Tritte beim Rollenzugwebstuhl die Schäfte nach unten, die Hebel heben die Schäfte.
Eine Patrone "umzurechnen" - erforderlich sollte höchstens ein "umzeichnen" sein - ist kein Problem, wenn man das Prinzip der jeweiligen Systeme verstanden hat.

Das mit den mehr Möglichkeiten der Handhebel gilt höchstens vielleicht (!) für manche Kontermarsch-Webstühle, die mit "skeleton tie-up" (also einem Tritt an einen Schaft gebunden) kein brauchbares Fach liefern (stimmt's dass man bei Kontermarsch-Webstühlen die Trittanbindung unterm Weben nicht ändern kann?) Ein ordentlicher Rollenzugwebstuhl (oder Jack-Loom) mit Tritten kann webtechnisch alles, was ein Handhebel-Webstuhl auch kann - nur bequemer, wie Shorty schon schreibt.

Nur dass die Handhebel ja meistens an tragbaren Tischwebstühlen montiert sind, von denen einige sogar faltbar sind. Wer also viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu Webkursen fahren will, wo's keine Leihwebstühle gibt (z. B. nächsten Sommer zu Jason Collingswoods Kurs in Wales im Rahmen der UK Guilds' Summer School) braucht einen Tischwebstuhl. Wobei ich niemanden kenne, der nur einen Tischwebstuhl hat - aber drei der vier Weberinnen in meinem Bekanntenkreis einen Tischwebstuhl als Zweit- (oder Dritt-, Viert-...)Webstuhl haben.

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von schafgarbe » 05.11.2012, 13:42

Also ich denke, dass Ausprobieren die Hebel schon Vorzüge haben. Ich kann dann alle möglichen Muster, die mit einer Kette möglich sind durchprobieren, ohne die Verschnürung zu ändern. Für das eigentliche Weben sind Tritte effizienter. Ich habe aber leider nur Platz für einen Tischwebstuhl, da muss ich mich trotzdem auf Hebel beschränken.

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von nadelundfaden » 05.11.2012, 15:20

Hallo,

ich habe NUR einen Handhebeltischwebstuhl. Ich habe ihn von 8 auf 16 Schäfte aufgerüstet.

Ja, man webt damit nicht so schnell. Ja, Kontermarsch wäre schöner.

Aber, ich kann zum Beispiel für jeden Schußfaden ganz neu bestimmen, welcher Schaft gehoben wird. Wenn ich also von 1 bis 16 gerade einziehe, kann ich irre viel Muster machen.

Stellt Euch vor, ich möchte Doppelgewebe mit mehreren Schaftpartien weben, dann brauche ich pro Muster bis zu 4 Schäfte, kann oben und unten also 2 verschiedene Partien entwerfen. Nicht, dass ich das schon gemacht hätte, aber die Bücher dazu stehen schon in meinem Schrank.

Mich haben die Schals fasziniert, die irre Muster haben, siehe
http://www.creative-weaving.blogspot.de ... sting.html
Auf der Titelseite dieses Buches ist ein Beispiel dafür. Endlich habe ich das Buch und ich arbeite mich heran.

Nachteil: ich kann nur als einseitig offenes, also falsches Doppelgewebe eine breite Wolldecke weben. Einen Flickenteppich wohl gar nicht.

Hätte ich zuviel Geld, dann würde ich einen mechanischen Dobbywebstuhl kaufen. hier: Megado von Louet: http://www.louet.nl/de/megado
Dann müßte ich die Hebel nicht mehr für jeden Schussfaden neu bewegen, sondern würde mit einem Fußpedal nur noch "treten", ob ich eine Reihe vor oder zurück will. Dann müßte ich nur einmal den Rapport mit Stiften in die Platten einstecken, die als Endlosband durch den Fußtritt weiterbewegt werden. Das ganze läßt sich auch noch von Pc steueren, aber dann bleibt der mechanische Genuß nicht mehr. Und den gibt es auch mit 130 cm Webbreite. Dieser Webstuhl würde die Vorteile von allen in sich vereinen. Also in meinen Augen das Gelbe vom Ei!!!!

Leider fehlt mir eine gut gefüllt Portokasse. Aber der wäre es.

Wichtig vor dem Kauf eines Webstuhls ist also die Frage (neben Platz und Geld): was will ich weben?

LG Ate

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von anne » 05.11.2012, 16:03

Vielen Dank für eure Antworten - jetzt glaube ich, dass ich durchblicke.

Momentan muss ich mich ja zum Glück noch nicht entscheiden, aber auch wenn ich bei meinem Kontermarsch auch schon mal zwischendurch umgebunden habe (@Klara, ich weiß nicht, ob es irgendwelche Regeln gibt, dass man das nicht darf, ich habe es einfach mal gemacht), hat der Tischwebstuhl ja offenbar schon Vorteile, wenn es um häufigere Musterwechsel geht. Dafür punktet der feste mit geschmeidigeren Arbeitsabläufen. Ich kann mir vorstellen, dass ich irgendwann meinen Glimakra auf sein Maximum von 8 Schäften aufrüste und noch viel mehr irgendwann einen Tischwebstuhl komplexere Mustern haben werde.

Liebe Grüße,

Anne

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von Regina » 05.11.2012, 17:34

Längere Musterfolgen kannst du oft leichter mit den Handhebeln weben.
In der "Methodik der Bindungslehre" von Donat aus 1908 (eine Fundgrube) gibt es einige Patronen mit 8 oder 12 Schäften und 48 Tritten!
Das ist mit unseren Trittwebstühlen nicht machbar, wer hat schon soviel Tritte? Und wenn, wer würde den richtigen der 48 treffen?

Ob ich die weben möchte, weiss ich nicht, denn ich muss mir 48 Musterfolgen merken oder bei jedem Schuss nachlesen.
Es gibt aber auch Patronen, bei denen man weniger Tritte als Schäfte braucht.

Das Buch Methodik der Bindungslehre gibt es als freien Download als PDF
Liebe Grüße
Regina

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von Eurasierwolle » 05.11.2012, 17:55

Als "Web-Dummie" möchte ich auch mal meinen Senf dazu abgeben: Für mein Verständnis ist ein Tischwebstuhl mit Hebeln leichter überschaubar, man hat alles im Blick und muß sich nicht mit den Füßen auf die Suche nach dem "richtigen" Tritt machen. Wer Hände und Füße gut koordiniert bekommt, hat sicher einen Tempo-Vorsprung beim Weben, ein Laie wie ich hat mit der Koordination eher mehr Probleme. Besonders, wenn man die Weberei mal unterbrechen muß und dann wieder anfangen will - wo bin ich? Ein Blick auf die Hebelstellung gibt sofort Aufschluß, oooder man krabbelt kurz unter den Webstuhl und schaut sich Tritte und Verschnürung an... :D

Viele Grüße
Cornelia
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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von Wollminchen » 05.11.2012, 18:13

Da kann ein ganz einfacher Rechenschieber mit Perlen Abhilfe schaffen ;)
Einfach für jeden Tritt eine Perle der einen Farbe,
für jede Musterfolge eine Perle der anderen Farbe, usw.
weiterschieben.
Liebe Grüsse
das Minchen

Noch ganz klein isser, aber mein
Lilaliche-Minchenwelten Bild

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von anne » 05.11.2012, 18:31

Ich bin gerade sehr froh, dass ich mich getraut habe dumm zu fragen - mir kommen schon wieder ganz viele Ideen, auch in welche Richtung ist weiter lesen will.

Vielen Dank,

Anne

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von Klara » 05.11.2012, 18:56

Falls das bei meinem obigen Post nicht so rausgekommen ist: Am Rollenzugwebstuhl kann man einen Schaft an einem Tritt anbinden, und am Jackloom ist das sowieso so. Bleibt nur das Problem, den richtigen Tritt zu finden.

Leute, die's wissen sollten, raten übrigens von mechanischen Dobby-Webstühlen ab - weil man da die einnmal gewebten Muster nicht speichern kann (ausser, man kauft sich mehrere Sätze Platten, vermutlich). Mit PC-Steuerung muss man sich die Arbeit des Muster-Eingebens nur einmal machen. Also wenn schon, denn schon (welcher "mechanische Genuss"? Treten und Schützen werfen muss man immer - welcher Mechanismus nun genau die Schäfte hebt, ist mir relativ egal. Solange das System funktioniert...).

Ciao, Klara

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von Yllej » 05.11.2012, 20:47

ich bin ja völliger Webneuling und habe mich aus Platzgründen für den 8-schäftigen Ashford Tischwebstuhl entschieden. Den gibts aber nur mit 4 Tritten. Ok, Plan war ihn im Selbstbau auf 8 Tritte zu erweitern. Ich finde das Arbeiten mit den Hebeln aber so super, dass ich den Plan vorerst einmal aufgeben habe, es sind gar keine Tritte montiert. Der Schal im Weben macht Spaß nebenan hat 20 Mustersätze a 42 Reihen, Es sind 8 Schäfte eingezogen, jede Reihe besteht aus einer 4er Hebel-Kombination. Das geht ganz flott und reibungslos.

Sehr gute Helfer dabei sind mein Universalreihenzähler am Mittelfinger und die 42_Reihenliste. Anschlag-Klick, der Reihenzähler liegt dabei ständig in der hohlen Hand und stört in keiner Phase. Damit kann ich jederzeit unterbrechen und dort weitermachen wo ich aufgehört habe.

Ich denke mal, meine Augen-Hand Koordination ist auch besser, als meine Fuß-Hand Koordination. Ich würde vermutlich bei jedem Tritt erst schauen, ob mein Fuß eh auf dem richtigen Tritt ist :))

weis der Geier, warum das Foto jetz liegt ?( ich habe es aber hochkant am Webstuhl :))

lg, Yllej
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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von nadelundfaden » 05.11.2012, 21:09

An Klara,

ja im Prinizp hast Du recht, aber wenn der PC streikt, bin ich aufgeschmissen. Reine Stöpselmechanik kann ich besser überblicken und beherrschen. Wahrscheinlich ist PCgesteuert auch noch teurer, da man PC und Software braucht. Dumm nur, dass so ein Dobby genauso viel wie ein Gebrauchtwagen kostet.

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Re: Handhebel oder Tritte?

Beitrag von schafgarbe » 05.11.2012, 22:30

Gut zu wissen, dass das mit 8 Hebeln so gut klappt, falls ich doch mal aufrüsten möchte.

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