Übersetzung beim zweifädigen Rad?

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Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von sisasarah » 18.03.2011, 14:54

Ich frage mich schon ein Weilchen, wie ich denn bei meiner zweifädigen Ziege das Übersetzungsverhältnis herausbekomme?
Bei einem einfädigen Rad ist es doch einfach Schwungraddurchmesser:Wirteldurchmesser, oder nicht?
Nun gibt es ja überall bei neuen Rädern (nach denen ich mich vorsichtig umguck ;-) ) diese Angaben und ich kann sie halt gar nicht mit meinem Spinnerlebnis vergleichen, weil ich nicht weiß mit welcher Übersetzung ich denn spinne ?(
Ist das Verhältnis von Schwungrad zu Wirtel relevant oder zur Spule oder Spule zu Wirtel oder umgekehrt?
Ich bin völlig verwirrt!
Oder kann man das so gar nicht vergleichen mit einfädigen Rädern?
Über Aufklärung wär ich sehr dankbar :-)
glg
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von Kattugla » 18.03.2011, 18:45

Wenn Du die Übersetzung meinst, anhand der sich einschätzen lässt, wie schnell das Rad (maximal) einzieht, dann ist es das Verhältnis Spulenwirtelrinne:Antriebsrad. Über die Umdrehung vom Flügelwirtel wird ja der Drall bestimmt (hoffe, dass ich mich jetzt nicht vertu'), der Einzug über die Umdrehung der Spule.

Also Beispiel: ein Faden, den Du in die Spulen-Wirtelrinne legst, ist 20cm lang, das Schwungrad hat einen Umfang von 160cm, dann ist die Übersetzung 1:8.
So ganz haut das bei zweifädigen Rädern aber nicht hin, da der Antrieb ja mit Schlupf arbeitet. Da bleibt dann von einer 1:8 vielleicht noch eine 1:6,5 übrig oder weniger... ist also nicht ganz mit den einfädigen Rädern vergleichbar.
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von sisasarah » 18.03.2011, 19:11

Also angenommen ich ziehe den Antriebsfaden ganz stramm, dass ich annähernd den maximalen Einzug habe, dann würde ich in deinem Beispiel jetzt an die errechneten 1:8 rankommen?
Aber eine hohe Einzugsgeschwindigkeit alleine nützt ja nichts, wenn dann nicht mehr genügend Drall in den Faden kommt.
Das hatte ich (glaub ich jedenfalls) schon bei Baumwolle.
glg
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von shorty » 18.03.2011, 19:21

Also 1 zu 8 ist keine hohe Übersetzung eher ne langsame ;-)
Für Baumwolle sollte die Übersetzung deutlich höher und der Einzug relativ gering sein.
Indische Baumwollspinnräder haben viel höhere Übersetzungen, müsste mal schauen, dürften bis 1 zu 100 hoch gehen.

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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von sisasarah » 18.03.2011, 20:26

Klar das 1:8 eher niedrig ist weiß ich auch ;-)
Es war ja nur ein Beispiel und ging um die grundsätzliche Mathematik dahinter.
Hab einfach noch nicht nachgemessen wie es bei mir aussieht.
glg
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von Eurasierwolle » 18.03.2011, 22:37

Ich versuchs mal, ganz "plastisch" zu erklären: Das Verhältnis 1:8 (bleiben wir mal bei dem Beispiel) bedeutet ja in der Praxis, dass sich bei einer Umdrehung des Schwungrads der Spinnflügel acht mal dreht, der noch nicht auf die Spule aufgewickelte Faden also auch 8x gedreht wird (Drall). Für einen dünnen Faden mit viel Drall braucht man also mehrere Umdrehungen des Schwungrads, bis der Faden fertig ist zum Aufwickeln - man muss entsprechend lange den werdenden Faden festhalten, gegen das Einzugsbedürfnis der Spule.
Die Wirtel von Spinnflügel und Spule sind aus gutem Grund verschieden im Querschnitt: Der Antrieb vom Flügel hat eine V-förmige Rinne, darin "klemmt" der Antriebsfaden relativ leichter "fest" und dreht somit den Flügel auch mit reduzierter Spannung des Treibriemens. Der Drall ist ja entscheidend für die Bildung eines stabilen Fadens, er sollte also immer "produziert" werden.
Die Rinne im Spulenwirtel ist dagegen rundlich und relativ flach geformt, darin kann der Antriebsriemen leichter durchrutschen als in der V-förmigen Rinne. Wenn man also gegen den Einzug gegenhält, mit dem Faden so die Spule "festhält", rutscht der Antriebsfaden in der Spulenrinne und dreht die Spule nicht. Je loser die Spannung des Treibriemens eingestellt ist, desto zarter der Einzug - man braucht wenig Kraft, um den Faden festzuhalten, bis genug Drall auf dem Stück Faden ist. Wenn man dann den fertigen Faden Richtung Spule (Einzugsöffnung) schiebt, "greift" der Antriebsriemen wieder in der Spulenrinne und dreht die Spule entsprechend, wickelt also den fertigen Faden auf der Spule auf.
So also zweifädig angetriebenes Spinnen "in Zeitlupe"... Das Verhältnis von Schwungradumfang zu Wirtelumfang sagt also nicht wirklich viel über die "Geschwindigkeit" des gesamten Spinnens auf einem Rad aus - man kann ja langsam oder schnell treten! Und als Tempobegrenzer kommen die Hände ins Spiel - weiter Teil 2
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von Eurasierwolle » 18.03.2011, 23:05

...Teil 2: Je nachdem, wie schnell man mit den Händen in der Lage ist, die Fasern der gewünschten Garnstärke entsprechend auszuziehen und den einlaufenden Drall zu kontrollieren, muss man die Trittgeschwindigkeit anpassen.
Einen Einfluss auf das zweifädige Spinnen hat meines Erachtens auch das Material des Treibriemens! Ich habe jetzt bei meiner neuen "Ella" den zweifädigen Kopf drauf und geniesse den butterweich einstellbaren Einzug mit dem PUR-Riemen. Diese elastische Schnur lässt sich ganz locker einstellen, dass sie schon fast auch auf dem Flügelwirtel in Rutschen kommt. Damit habe ich einen so minimalen Zug auf dem Faden, dass sich auch sehr kurzfaseriger Eurasier-Babyplüsch ganz bequem und dünn verspinnen lässt, ohne einem den halbfertigen Faden aus der Hand zu ziehen. Mein altes "Haldane Lewis" hat auch zweifädigen Antrieb, aber mit einer unelastischen Kunststoffschnur. Darauf konnte ich den Einzug nicht sooo weit herunterregeln, der Zug auf dem werdenden Faden blieb immer noch deutlich spürbar, bei "kritischen" Fasern durfte ich öfters das Ende des Fadens auf der Spule suchen und neu einfädeln...
Am besten, Du spielst die ganze Geschichte mal Umdrehung für Umdrehung auf Deiner hübschen Ziege durch. Dann merkst Du am ehesten, wie sich die rechnerische Übersetzung, Tretgeschwindigkeit und Auszugstempo gegenseitig beeinflussen.

Viel Spaß!!!
Cornelia
(sehen wir uns bei Michaela oder bei Nordpolarbär? Dann kannst Du Ella ja mal zum Vergleich probieren!)
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von Klara » 19.03.2011, 20:52

Also nach meinem Verständnis ist das Übersetzungsverhältnis, das in der Regel angegeben wird, das, das anzeigt, wie schnell der Drall ins Rad kommt. Und für Drall ist der Flügel zuständig. Die Übersetzung beim zweifädigen Rad, ist also wie beim einfädigen mit Spulenbremse, Schwungrad durch Flügelwirtel (ob frau den Umfang oder den Durchmesser misst bleibt sich gleich). Sieht man übrigens auch daran, dass z. B. Ashford für Betrieb mit Flügelbremse für seine zweifädigen Räder noch eine höhere Übersetzung angibt - der Spulenwirtel ist ja kleiner (und bei flügelgebremsten Rädern lautet die Formel "Antriebsrad durch Spulenwirtel", da das der einzige angetriebene ist).

Schlupf mal ausser acht gelassen - wenn man den mit reinnimmt wird's so kompliziert, dass ich mir die entsprechenden Seiten bei Amos immer noch nicht durchgelesen habe.

Wenn das nicht klar war, probiere ich's gerne am Montag noch mal - ich bin heute um 5 aufgestanden.

Ciao, Klara

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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von sisasarah » 19.03.2011, 22:48

Vielen Dank für eure ausführlichen Erklärungen! :danke:
Einiges meine ich jetzt zumindest verstanden zu haben.
Und nu gehts ab inne Heia bin auch zu níx mehr in der Lage :silly:
glg
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von versponnen » 20.03.2011, 00:20

du kannst es praktisch austesten..
.mache mit einem roten faden einen knoten an einer speiche deines Rades oder , eine markierung an einem punkt außen am antriebsrad. ebenso an dem spinnflügel.

nun drehst du ganz langsam das rad genau einmal und schaust,
wie oft dein spinnflügel sich dreht, so weißt du die übersetzung.

genauer wird das austesten,wenn du 10 umdrehungen misst und zählst und anschließend durch 10 die umdrehungen des spinnflügels teilst...
wie schnell die spule aufwickelt ist unerheblich. das regelt die einstellung des schlupfes.

aber so siehst du wie bei einem fahrrad genau das übersetzungsverhältnis.da willst du ja auch nicht wissen,wie es ist,wenn du im leerlauf fährst. gruß wiebke!

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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von sisasarah » 20.03.2011, 11:01

@ Eurasierwolle
ups :O hab ich ganz übersehen, bei Manuela werde ich nicht dabei sein.
An dem Wochenende feier ich meinen Geburtstag :-D *freu*
Aber bei Nordpolarbär bin ich dabei :-)

Ich habs jetzt mal ausgemessen und die Übersetzung Flügelwirtel: Antriebsrad ist ca. 1:13.
Mit der Aussage kann ich jetzt immerhin schon was anfangen :-)
Auch insgesamt hab ich jetzt das Funktionsprinzip meiner zweifädigen heißgeliebten Marianna etwas besser verstanden.
Danke dafür nochmal an alle :gut:
glg
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von Kattugla » 20.03.2011, 11:06

Das kommt gut hin mit der Finnin, meine Dänin hat auch eine ca. 1:13.
Scheint sowas wie skandinavischer Standard zu sein. ;)
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Re: Übersetzung beim zweifädigen Rad?

Beitrag von shorty » 20.03.2011, 11:08

Ist ja auch ne schöne Geschwindigkeit ;-)
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