tier- und spinngerechte Schafhaltung - wie geht das?

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monika
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tier- und spinngerechte Schafhaltung - wie geht das?

Beitrag von monika » 09.05.2009, 22:24

Hallo liebe Leute,

da hier ja einige von Euch auch Schafe halten, hab ich heut mal eine Frage: wie kann ich Schafe artgerecht halten und gleichzeitig auch gut zum Spinnen geeignete Wolle bekommen, sprich nicht zu schmutzig und nicht zu viel Einstreu...?

Ich hab ja vor kurzem Wolle von einem Schäfer bekommen und wenn ich das mit den Bildern vergleiche, die arcadia von ihren Coburger Fuchsschafen gerade eingestellt hat, dann sind da echt Welten dazwischen... und ich frage mich gerade, woran das liegt. Sind Schafe, die nur auf der Weide sind, sauberer als wenn sie im Stall gehalten werden? Und wie ist das im Winter? Und ist das Stroh nun gut für die Schafe aber schlecht für die Spinnerinnen?

Die Wolle, die ich habe, ist teilweise wirklich sehr schmutzig, also die Spitzen z.T. 2-3 cm verklebt, was auch beim Waschen nicht gut rausgeht, sondern erst beim kardieren. Einstreu ist sehr unterschiedlich, teils eher grobe Teile, die gut rauszuzupfen sind, teils ganz feine Teilchen, die beim Auseinanderziehen oder Kardieren auch ganz gut rausgehen.
Ich habe ja vom gleichen Schäfer und der gleichen Herde Wolle von verschiedenen Tieren und Rassen, die auch sehr unterschiedlich sauber sind. Liegt das nun am individuellen Tier, das evtl. "reinlicher" ist als das andere, liegt das an der Rasse, d.h. ist die unterschiedliche Wolle unterschiedlich "verschmutzungsanfällig"? Logischerweise ist ja die Wolle an den unterschiedlichen Körperteilen auch unterschiedlich sauber , das war auch deutlich zu sehen.

Fragen über Fragen - ich hoffe, Ihr könnt mir weiterhelfen...
Herzliche Grüsse von Monika, die trotz der schmutzigen Wolle ganz begeistert vom Rohwolle-Verarbeiten ist... :D

Klara
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Re: tier- und spinngerechte Schafhaltung - wie geht das?

Beitrag von Klara » 09.05.2009, 23:25

monika hat geschrieben:
1. Sind Schafe, die nur auf der Weide sind, sauberer als wenn sie im Stall gehalten werden?

2. Und wie ist das im Winter? Und ist das Stroh nun gut für die Schafe aber schlecht für die Spinnerinnen?

3. Liegt das nun am individuellen Tier, das evtl. "reinlicher" ist als das andere, liegt das an der Rasse, d.h. ist die unterschiedliche Wolle unterschiedlich "verschmutzungsanfällig"?
1. Ja, wenn die Weide aus Gras besteht und nicht aus Matsch, in den sich die Schafe legen müssen. Und wenn keine Kletten oder sonstiges Zeug, das sich in die Wolle hängt, drauf wachsen.

2. Sauberes, spelzenfreies (oder wenigstens spelzenarmes) Stroh ist gut für Schafe und Spinnerin - die Halme setzen sich nicht in der Wolle fest. Tödlich für die Wolle sind Über-Kopf-Raufen, oder Rinder-/Pferderaufen für die Schafe - dann rieselt ihnen nämlich der Dreck aus dem Heu (Grassamen und sonstiges) auf Nacken und Rücken. Und wenn das Stroh sauber und trocken ist werden die Schafe auch nicht mistbraun...

3. Es liegt auch am Individuum: Ich habe gerade die Wolle von 120 unter gleichen Bedingungen gehaltenen Schafen eingesammelt - manche waren viel dreckiger als andere, aber vor allem an der Wolle: Je feiner und gekräuselter, desto mehr hält sie den Dreck fest. Bei schlichten Wollen schüttelt man einmal und schon fällt das bisschen, was noch drin ist, raus (na ja, beinahe jedenfalls).

Konkrete Beispiele: Die 120 Vendéen (feine, kräuselige Wolle), die ich gerade eingesammelt habe, sind katastrophal. Die Schafe waren den Winter über im Stall und als ich mir den genau angeschaut habe, habe ich die Rinderraufe für den Rundballen entdeckt. Ausserdem kriegen die Vendéen Durchfall, wenn sie aufs Gras kommen (im Gegensatz zu den Solognotes, bei denen ich vorige Woche war), was die Wolle auch nicht verbessert (und das Scheren besonders lecker macht).

Freunde haben mir die Wolle ihrer Suffolk gegeben (auch fein und kräuselig), die ganzjährig mit Unterstand im Freien leben. Wie die Raufe genau aussieht, weiss ich jetzt nicht, aber die Wolle ist weitgehend sauber - von Matsch/Mist und Einstreu/Heu.

Meine Thônes et Marthod werden zwei Mal im Jahr geschoren, das einmal also gleich nach dem Winter, wo sie viel Zeit im Stall verbringen. Die Wolle ist weitgehend sauber, und das bisschen Dreck, das drin ist, rieselt raus bzw. lässt sich leicht auswaschen.

Die Angoraziegen, im gleichen Stall, haben wohl jeden Samen im Heu magnetisch angezogen und halten ihn auch in der gewaschenen Wolle noch elektrostatisch fest...

Tier- und spinngerechte Haltung ist also kein Widerspruch. Übrigens bin ich auch nicht überzeugt, dass die Tiere was gegen Decken (zum Wolle sauberhalten - die gibt's schon) hätten - teilweise frieren sie nach der Schur nämlich durchaus (je nach Wetter - man macht einen Termin mit dem Scherer und wenn dann gerade eine Kaltluftfront kommt, war das Pech). Wenn ich mal dazukomm, mach' ich welche für Charly und Lucy - wenn die nicht einverstanden sind, bleiben sie keine 10 Minuten drin...

Ciao, Klara

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Re: tier- und spinngerechte Schafhaltung - wie geht das?

Beitrag von shorty » 10.05.2009, 08:26

Ich kann da Klara nur beipflichten.
Zu 1 ein Beispiel, Die Bergschafe hier werden ja zweimal geschoren, die Herbstschur ist deutlich besser als die Frühjahrsschur.
Den ganzen Sommer über sind die Tiere auf der Alm, ohne Raufen, mehrfach abgeregnet, die Wolle ist supersauber ohne Einstreu.
Die Frühlingsschur ist von den ganzen Winter im Stall gehaltenen Tieren, die ist oft verstroht udnd manchaml auch an der Schnittstelle etwas verfilzt, wenn es zu warm im Stall war, und oder die Tiere zu dicht standen.

Zu 3
Es ist ganz klar, dass sich bei dem geschlossenene , kräuseligen Vlies des Merinos mehr Dreck hält als an der dachbildenden, strähnigen Haarstruktur der Bergschafe.

In USA ist es sehr weit verbreitet, grade die feinen wertvollen Wollrassen zu coaten, sprich sich bekommen ein Mäntelchen. Dadurch hat man deutlich weniger Verschmutzungsgrad.
Sicher nicht für alle Rassen und überall praktikabel.

Liebe Grüße
Karin

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Re: tier- und spinngerechte Schafhaltung - wie geht das?

Beitrag von Miriam » 10.05.2009, 10:04

Interessantes Thema, danke, dass ihr so viel dazu berichtet habt :))
Ich habe ja noch nicht viel Erfahrung damit, aber bei der Rohwolle, die wir letzten Frühling nach der Schur bekommen haben, habe ich auch vermutet, dass die durch die Stallhaltung so dreckig war; die Spitzen sind ebenso verklebt wie auch bei Monikas Wolle.

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Re: tier- und spinngerechte Schafhaltung - wie geht das?

Beitrag von Sabine » 10.05.2009, 14:38

Aloha zusammen,

das ist wirklich ein interessantes Thema.

Leider wird ja mit der Wolle kein Geld mehr verdient und daher gibt es wenig Grund für die Schafhalter auf die Wolle acht zu geben. Was normalerweise allerdings wäre das nicht wirklich ein Grund auf eine artgerechte Haltung zu verzichten.

Da die Schafe ja auch unterschiedlich robust sind und unterschiedliche Ansprüche an Umwelt und Witterungsbedingungen stellen, kann man ja nicht pauschal sagen wie Schafe zu halten sind.

Die einen sind am Liebsten immer draussen, egal wie das Wetter ist, ander gehen gerne in den Stall, wenns naß ist. Vermutlich könnte man jeder Rasse einen Stall anbieten, wo die Möglichkeit besteht jederzeit ein und aus zu gehen. Und es sollte regelmäßig ausgemistet werden, damit sich die Tiere nicht in ihren eigenen Dreck legen müssen.

Wie obe schon erwähnt sind natürlich der größe der Tiere angepasste Tröge und Raufutterbehälter sehr von Vorteil.

Wenn das ganze sich dann auch noch finanziell lohnt, durch höhere Erträge, dann haben die Tiere auch eine Chance auf eine Artgerechte Haltung. Traurig aber wahr und bei fast allen Tieren zu beobachten.
Alles liebe

Sabine

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