Seite 1 von 2

Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 17.02.2009, 18:20
von Artemis
Bin gerade in meinem bunten Wollkorb bei gebleichtem Flachs im Band angekommen und habe - unbedacht, wie ich bin - einfach blindlings mit dem Spinnen begonnen.

Nach einiger Zeit kam dann der erste Frust: Die Fasern sind teilweise kurz und lang, manchmal hakelt es so fürchterlich, dass ich das Spinnrad anhalten und die Fasern von Hand vorsichtig trennen muss, damit ich keine dicken Knoten im Faden habe, ein anderes Mal reißt es mit einfach alles mit ein paar viel zu kurzen Faserchen aus den Fingern. Das Garn wird mal dick und mal dünn, ist total zerfleddert durch die ungleiche Stapellänge und sieht überhaupt nicht hübsch aus ;(
Mache ich was falsch oder ist das normal?


Ich hatte mal gelesen, dass man Flachs auch nass spinnen kann, genauere Erläuterungen habe ich dazu aber nie gefunden. Muss ich da den kompletten Flachs nass machen? Ihn komplett einweichen, oder einsprühen? Die Finger zwischendrin immer in Wasser tauchen? Ich bin ratlos, vielleicht klärt ihr mich mal auf :)

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 17.02.2009, 18:35
von teacosy
Hallo Locke,
ja Flachs wird nass versponnen. Die alten Flachsspinnräder hatten immer eine Vorrichtung am Rad wo sich Wasser befand. Also stell dir ein Glas neben das Rad und tauch ab und zu mal deine Finger darin ein und dann spinn weiter.

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 17.02.2009, 18:35
von frieda
Die Finger zwischendrin immer mal wieder befeuchten. Auf keinen Fall den ganzen Flachs nassmachen, das klebt Dir alles zusammen. Und den Flachs vorher vielleicht ein wenig auflockern. Und möglichst nicht die ganze Zeit in der Hand halten, weil auch die Hautfeuchtigkeit den zum zusammenhaften bring.

Grüßlis,

frieda, mag kein Leinen spinnen

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 17.02.2009, 18:37
von teacosy
teacosy schrieb am 17.02.2009 15:05 Uhr:
Hallo Locke,
ja Flachs wird nass versponnen. Die alten Flachsspinnräder hatten immer eine Vorrichtung am Rad wo sich Wasser befand. Also stell dir ein Glas neben das Rad und tauch ab und zu mal deine Finger darin ein und dann spinn weiter.
Flachs wird auch nicht in der Hand gehalten er wird auch einem Wocken gebunden und von dort aus versponnen da der handschweiß ihn nur verklebt.

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 17.02.2009, 20:11
von Greifenritter
Das meiste wurde ja schon gesagt. Aber noch etwas differenzierter:

Flachs und andere Bastfasern reagieren sehr empfindlich auf Feuchtigkeit. Das ist einerseits ein Nachteil, weil naß gewordener Flachs zusammenklebt und sich nicht mehr gut ausziehen läßt, andererseits aber auch ein Vorteil, weil die selben Vorgänge auch bewirken, daß die Fasern im Faden regelrecht "zusammengeleimt" werden und der Faden so mehr halt bekommt und sogar glatter wird.


Früher wurde vor allem Langflachs versponnen.
Die Fasern haben eine sehr hohe Stapellänge. Direkt aus der Hand kann man den Langflachs aus zwei Gründen nur sehr schwer verspinnen: Zum einen verhedernn sich die langen Fasern und man kann nicht mehr anständig ausziehen, zum anderen bewirken die meist leicht feuchten Hände, daß die Fasern zusammen kleben. Aus diesem Grund hat man den Langflachs wie Teacosy schon schrieb auf einen Wocken gebunden von dem man ihn ohne langen Kontakt mit den Händen und sauber geordnet verspinnen kann. Es gibt verschiedene Arten einen Wocken zu binden, die richtige ist geschmacksache aber auch von der Art und Form des verwendeten Wockens abhängig.

Heute bekommt man oft Flachs-Kardenbänder die aus Werg (kurze Flachsfasern) bestehen. Hier verhakt sich nicht so viel, aber die Reaktion auf Feuchtichkeit bleibt die selbe. Der Wocken ist hier kein Muß und es ist schwer das Kardenband auf einen Flachsstab zu binden, aber ein Woll- bzw. Werg-Wocken (so eine Art Körbchen für die Fasern) ist hier sehr von Nutzen.

Wenn Du Flachs verspinnst, solltest Du Dir ein Schälchen mit Wasser bereit stellen mit dem Du die Finger der vorderen Hand (also der vorne am Faserdreieck, die nicht mit dem Faservorrat in Berührung kommt = die am EInzug) anfeutest. Durch die nassen Finger wird der Faden glatter und haltbarer. Wie oben von teacosy schon erwähnt befinden sich daher an alten Flachsrädern oder Wocken oft kleine Schüsselchen, die waren zum Finger anfeuchten gedacht.
Früher wurde oft auch einfach in Umgebung mit viel Luftfeuchtichkeit (Flachskeller) gesponnen, das hat aber den Nachteil, daß der Flachs leicht zusammenklebt und man beim Aufbinden und Ausziehen sehr vorsichtig sein muß. Für den Anfang daher besser nicht alles anfeuchten.
Eine andere version ist das Anfeuchten der Finger mit Spucke (daher die Geschichten von den Flachsspinnern mit der dicken Unterlippe).

Aber vorsicht, genau dieses Anfeuchten der Finger bringt auch Probleme mit sich. Die dauernd feuchten Finger sind empfindlicher und man kann (wie in vielen Geschichten beschrieben) sehr schnell die Finger blutig spinnen, was mit Schafwolle praktisch unmöglich scheint. Die Aufgeweichte haut in verbindung mit dem gegen Wolle eher harten faden kann schnell zu Schrunden oder gar Rissen, teils sogar zu kleinen Schnitten führen. Also lieber langsam und vorsichtig arbeiten und nicht übertreiben, wenn die Finger noch nicht abgehärtet sind.

Flachs braucht übrigens relativ viel Drall und wird in der Regel sehr dünn ausgezpogen 8sonst wird es kein Garn sondern ein Seil).

Bastfasern (zu denen auch der Flachs gehört) sind ganz anders zu spinnen als Tierhaare, da wirst Du etwas üben müssen bis Du das genauso im Griff hast.

Allerdings sollte Dir auch klar sein, daß ein aus Werg gesponnener Faden nie so glatt und fein sein wird wie ein aus Langflachs höchster Qualität hergestellter. Ist wie bei Kamm- und Streichgarnen bei Wolle.

Genauso geht man übrigens bei Hanf oder Nessel vor.

CU
Danny (die ganz gerne mal etwas Flachs spinnt - solange die Fingerkuppen mit machen)

p.s.
Frag mal Rebell nach Ihren Erfahrungen, sie hat unlängst fleißig Flachs gesponnen und der Faden war wunderbar.

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 17.02.2009, 23:32
von landschaf
Hi Danny,

hast Duevtl. irgendwo eine Beschreibung,wie man den Flachs
auf den Wocken bindet?Im Hentschel ist ja eine bebilderte
Erklärung,aber anhand der "antiken" Fotos bklicke ich da
nicht wirklich durch!ZU blöd bin Bild .

LG Landschaf

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 18.02.2009, 05:23
von Greifenritter
Was für einen Wocken hast Du denn und wie lang ist Dein Flachs? Davon hängt das Aufbinden ja ab.

CU
Danny

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 18.02.2009, 21:53
von landschaf
Ich habe gar keinen Wocken,wollte mir evtl. einen
arbeiten lassen.Flachs reizt mich schon.

Lg Landschaf

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 19.02.2009, 05:03
von Greifenritter
Wenn Du in erster linie in Shops mit vorbereiteten fasern kaufen willst wäre ein Korb- bzw. Woll- oder Flachswocken das beste, denn die kardenbänder legt man da einfach rein.

Die anderen Wocken machen nur für Langflachs wirklich Sinn.

CU
Danny

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 19.02.2009, 10:42
von shorty
Hier ist ein link, auf dem zu sehen ist, wie man einen Wocken aufbindet:
http://www.faserfieber.de/alg/pflanz/flachs.html

Liebe Grüße
Karin

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 19.02.2009, 11:54
von Artemis
Ich danke euch für die vielen Tipps :))

Im Moment versuche ich mich gerade an Bambus, das lässt sich ähnlich verspinnen, ist aber wesentlich weicher und seidiger. Ganz großartige Faser! Wenn ich damit fertig bin, klemme ich mich hinter den Flachs - will irgendwann mal Leinen selbst weben (ja, in vielen, vielen Jahren ...)

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 19.02.2009, 16:08
von Greifenritter
Eine sehr schöne Beschreibung für das Aufbinden auf einen Stabwocken!


@Artemis
Was für Bambusfasern hast Du denn?

Bambus-Bastfasern sind dem Flachs recht ähnlich (evtl. ein wenig weicher), Bambus-Regenerat ist meist feiner, weicher und recht angenehm zu spinnen.

CU
Danny

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 19.02.2009, 18:33
von Artemis
Das ist die Faser von unserem Wollschaf.

Ich hatte mir nur mal eine kleine Menge bestellt, aber jetzt werde ich meinen Vorrat da wohl etwas aufstocken ;)
Vor allem die Reißfestigkeit von Bambus überrascht mich - ein futzeldünner Faden wie Nähgarn, der nur bei erheblichem Zug reißt, kriegt man mit Wolle so schnell nicht hin.

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 19.02.2009, 19:28
von Greifenritter
Aha, das scheinen die bastfasern zu sein. Die sind wirklich sehr haltbar.

>CU
Danny

Re: Flachs spinnen - wie?

Verfasst: 08.03.2009, 01:56
von Richi
die Flachsfasern, oder auch Leinen im Band, gefärbt gibt es ja auch beim Wollschaf.
Wenn mir die Farben da nun nicht zu 100% gefallen und ich die gern mischen würde: wäre es schlauer, die zu kardieren oder zu kämmen?
Letzte Woche habe ich mir Hundefellkämme gekauft, um das mit dem Kämmen mal zu testen. Das Probeband Leinen in weiß hat dran glauben müssen und es ist ziemlich viel übrig geblieben, die harten Fasern blieben außen vor. Ist das jetzt gut oder schlecht? Habe ich damit womöglich gute Fasern aussortiert und schlechte behalten?