(Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
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(Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Stufenwirtel
Die Vorteile von mehreren Übersetzungsstufen in einem Spinnradantrieb braucht man wohl in einem Fachforum nicht zu erläutern. Bereits an alten Spinnrädern findet man in den meisten Fällen Wirtel mit zwei Rillen. Hinzu kommt, dass man gern ein leichtgängiges Spinnrad haben möchte, und daran hat das Rillenprofil einen nicht unbedeutenden Anteil.
Die gute Nachricht ist, dass man beides haben kann. Die schlechte Nachricht ist (?ist sie denn wirklich so schlecht?), dass man i.d.R. auf Selbsthilfe angewiesen ist.
Das Prinzip
(Achtung, es wird theoretisch, aber nur wenig und kurz.)
In diversen alten Threads hier kann man Hinweise bezüglich eines Vergleichs zwischen einem Spinnradantrieb und dem in der Industrie immer noch geläufigem Keilriementrieb lesen. Diese Hinweise sind insofern richtig und wertvoll, dass sie an das Prinzip der Kraftübertragung in einem Riementrieb erinnern, nämlich an die zwingend erforderliche Reibung des Riemens an der Riemenscheibe. Bezogen auf den bei uns (aber auch z.B. bei den Uhrmacherdrehstühlen) üblichen Rundriemen sieht es in der Rille des Wirtels etwa so aus, wie es in der folgenden Skizze gezeichnet ist: Die linke Hälfte zeigt den Zustand ohne jegliche Vorspannung, rechts sieht man übertrieben dargestellt die Deformation des Riemens, wenn der Antrieb gespannt ist. Nahe dem Rillengrund ist zusätzlich dieselbe Problematik für eine Leinen- oder Baumwollschnur gezeigt, so wie sie üblicher Weise bei dem zweifädigen Antrieb vorkommt. Der Riemen bzw. die Schnur werden in der Rille „verkeilt“, dadurch entsteht selbst bei einer relativ geringen Vorspannkraft (und somit leichtgängiger) ziemlich viel Reibung in der Rille, und der Antrieb kommt zustande.
Würde dagegen der Riemen flach auf einem zylindrischen Rillengrund liegen (so wie es bei manchen Schwungrädern der Fall ist), müsste man für eine vergleichbare Reibung wesentlich straffer (und somit schwergängiger) spannen. Im anderen Extremfall, wenn der Flankenwinkel der Rille extrem spitz wäre, würde sich der Riemen bei geringster Vorspannung zu fest in der Rille verkeilen, möglicher Weise sogar so fest, dass der Antrieb blockiert wäre.
Daraus geht hervor, dass es offensichtlich einen optimalen Flankenwinkel geben muss, bei dem eine zuverlässige Mitnahme bei der geringsten Vorspannung erfolgt. Beim bereits erwähnten Keilriementrieb beträgt dieser Winkel ca. 40°, bei dem Rundriementrieb eines Uhrmacherdrehstuhls sind es ca. 45°. Man hätte also einen erprobten Richtwert, dem man versuchen könnte zu folgen. Doch wenn man versucht mit dem Flankenwinkel von 40° einen z.B. in 5mm Durchmesserschritten gestuften Wirtel eine Skizze (z.B. 10-fach vergrößert auf Millimeterpapier) so zu zeichnen, dass jeweils die eine Flanke verlängert diese Stufe bildet, stellt man schnell fest, dass man rein geometrisch auf einer Wirtellänge von z.B. 20mm nicht so viele Übersetzungsstufen unterbringen kann, wie man erwartet hat. Erst beim auf knapp 30° reduzierten Winkel sind es 4 bis 5 Stufen, und damit lässt sich schon leben. Ergänzend möchte ich noch erwähnen, dass sich neben dem Rillenprofil auch noch der Umschlingungswinkel und die Materialeigenschaften des Riemens bzw. der Antriebsschnur entscheidend an den Antriebseigenschaften (Leichtgang/Schwergang, Durchrutschen/Mitnahme) beteiligen. Ohne auf diese Einflüsse hier näher eingehen zu wollen, möchte ich aus praktischer Erfahrung empfehlen, bei Problemen oder nur Unzufriedenheit verschiedene Antriebselemente zu testen (die Unterschiede sind manchmal überraschend groß) bzw. – falls konstruktiv möglich – den Achsabstand zwischen dem Schwungrad und dem Spinnflügel versuchen zu vergrößern.
Gruß
Borek
(wird fortgesetzt)
Die Vorteile von mehreren Übersetzungsstufen in einem Spinnradantrieb braucht man wohl in einem Fachforum nicht zu erläutern. Bereits an alten Spinnrädern findet man in den meisten Fällen Wirtel mit zwei Rillen. Hinzu kommt, dass man gern ein leichtgängiges Spinnrad haben möchte, und daran hat das Rillenprofil einen nicht unbedeutenden Anteil.
Die gute Nachricht ist, dass man beides haben kann. Die schlechte Nachricht ist (?ist sie denn wirklich so schlecht?), dass man i.d.R. auf Selbsthilfe angewiesen ist.
Das Prinzip
(Achtung, es wird theoretisch, aber nur wenig und kurz.)
In diversen alten Threads hier kann man Hinweise bezüglich eines Vergleichs zwischen einem Spinnradantrieb und dem in der Industrie immer noch geläufigem Keilriementrieb lesen. Diese Hinweise sind insofern richtig und wertvoll, dass sie an das Prinzip der Kraftübertragung in einem Riementrieb erinnern, nämlich an die zwingend erforderliche Reibung des Riemens an der Riemenscheibe. Bezogen auf den bei uns (aber auch z.B. bei den Uhrmacherdrehstühlen) üblichen Rundriemen sieht es in der Rille des Wirtels etwa so aus, wie es in der folgenden Skizze gezeichnet ist: Die linke Hälfte zeigt den Zustand ohne jegliche Vorspannung, rechts sieht man übertrieben dargestellt die Deformation des Riemens, wenn der Antrieb gespannt ist. Nahe dem Rillengrund ist zusätzlich dieselbe Problematik für eine Leinen- oder Baumwollschnur gezeigt, so wie sie üblicher Weise bei dem zweifädigen Antrieb vorkommt. Der Riemen bzw. die Schnur werden in der Rille „verkeilt“, dadurch entsteht selbst bei einer relativ geringen Vorspannkraft (und somit leichtgängiger) ziemlich viel Reibung in der Rille, und der Antrieb kommt zustande.
Würde dagegen der Riemen flach auf einem zylindrischen Rillengrund liegen (so wie es bei manchen Schwungrädern der Fall ist), müsste man für eine vergleichbare Reibung wesentlich straffer (und somit schwergängiger) spannen. Im anderen Extremfall, wenn der Flankenwinkel der Rille extrem spitz wäre, würde sich der Riemen bei geringster Vorspannung zu fest in der Rille verkeilen, möglicher Weise sogar so fest, dass der Antrieb blockiert wäre.
Daraus geht hervor, dass es offensichtlich einen optimalen Flankenwinkel geben muss, bei dem eine zuverlässige Mitnahme bei der geringsten Vorspannung erfolgt. Beim bereits erwähnten Keilriementrieb beträgt dieser Winkel ca. 40°, bei dem Rundriementrieb eines Uhrmacherdrehstuhls sind es ca. 45°. Man hätte also einen erprobten Richtwert, dem man versuchen könnte zu folgen. Doch wenn man versucht mit dem Flankenwinkel von 40° einen z.B. in 5mm Durchmesserschritten gestuften Wirtel eine Skizze (z.B. 10-fach vergrößert auf Millimeterpapier) so zu zeichnen, dass jeweils die eine Flanke verlängert diese Stufe bildet, stellt man schnell fest, dass man rein geometrisch auf einer Wirtellänge von z.B. 20mm nicht so viele Übersetzungsstufen unterbringen kann, wie man erwartet hat. Erst beim auf knapp 30° reduzierten Winkel sind es 4 bis 5 Stufen, und damit lässt sich schon leben. Ergänzend möchte ich noch erwähnen, dass sich neben dem Rillenprofil auch noch der Umschlingungswinkel und die Materialeigenschaften des Riemens bzw. der Antriebsschnur entscheidend an den Antriebseigenschaften (Leichtgang/Schwergang, Durchrutschen/Mitnahme) beteiligen. Ohne auf diese Einflüsse hier näher eingehen zu wollen, möchte ich aus praktischer Erfahrung empfehlen, bei Problemen oder nur Unzufriedenheit verschiedene Antriebselemente zu testen (die Unterschiede sind manchmal überraschend groß) bzw. – falls konstruktiv möglich – den Achsabstand zwischen dem Schwungrad und dem Spinnflügel versuchen zu vergrößern.
Gruß
Borek
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Die Herstellung
Belastet mit den obigen Überlegungen und somit u.U. mit Betriebsblindheit gefährdet, kann man nun zur Tat schreiten. Gleich am Anfang möchte ich betonen, dass man als Heimwerker/Bastler in seinen Präferenzen dadurch geprägt ist, was man an Material, Maschinen und Werkzeugen zur Verfügung hat bzw. welche Technologien man besser beherrscht. Falls sich jemand also zum Nachbau entscheiden sollte, bitte nicht zögern, und alles den eigenen individuellen Möglichkeiten anpassen.
In diesem Sinne war bei mir die Ausgangslage so, dass ich mich für die Herstellung der Rillen durch das Formstechen an der Drehmaschine entscheiden konnte, den dafür erforderlichen Stechstahl war ich in der Lage selbst freihändig am ordinären Schleifbock anzuschleifen und meine Werkzeugpallette ermöglichte mir das Bohren mit Fräsern. Für exaktes Bohren und Fräsen steht mir ebenfalls eine Maschine inkl. Spannmittel und Werkzeuge zur Verfügung, und auch den Materialzuschnitt kann ich maschinell an einer großen Bandsäge erledigen. Als Material für meine Spinnradprojekte verwende ich gern Reststücke von Bodendielen aus Eiche (Reste von unserem selbst verlegten Fußboden) bzw. das Buchenleimholz.
!!!ACHTUNG!!! Einen Fräser kann man nur bei dem sog. zwangsgeführten maschinellen Bohren einsetzen, wo sowohl das Werkzeug als auch das Werkstück unverrückbar zueinander und fest eingespannt sind. Nie, niemals, nie einen Fräser in eine Handbohrmaschine oder einen Akkuschrauber zum Bohren einspannen. Neben einem garantiert zerstörten Werkstück ist es vor allem die akute und sehr wahrscheinliche Gefahr von ernsthaften Verletzungen, die es verbietet. Als Beispiel habe ich den großen Wirtel für den Jumboflügel des Kromski Sonata ausgewählt, die Arbeitsschritte sind im Folgenden beschrieben. Bitte um Entschuldigung, ich musste alle Fertigungsschritte künstlich nachstellen, da ich bei der „echten“ Herstellung nicht geahnt habe, dass es irgendwann veröffentlicht werden soll. 1)An ein Hartholzbrett einen Kreis entsprechend dem größten Wirteldurchmesser plus Materialzugabe von mindestens 1 mm anzeichnen und (mit Bandsäge, Stichsäge, Handsäge, ...) aussägen. Im Bild sind zwei solche Rohlinge zusammen mit dem fertigen Wirtel dargestellt.
2)Gemäß folgender Skizze den zwar entgrateten aber noch leicht eckigen Rohling in ein Dreibackenfutter einer Drehmaschine einspannen, die Stirn auf eine Gesamtdicke der Scheibe von 19,8 mm plandrehen und eine 24 mm Bohrung einarbeiten. Da besonders größere Bohrer insbesondere beim Austreten aus dem Material zum Herausreißen bzw. zum Splittern des Holzes neigen, benutze ich dazu nach dem Vorbohren bis etwa 6 mm vorzugsweise vierschneidige Fräser (unter Beachtung des obigen Sicherheitshinweises) bzw. einen Innendrehstahl. Ob das beschriebene Prozedere auch mit einer Drechselmaschine machbar wäre, das mag jemand mit den nötigen Erfahrungen beurteilen, die mir leider fehlen. 3)Als nächstes muss auf dem Kromski Originaljumbo axial Platz für den/die neuen Wirtel durch Abdrehen von etwa 20 mm geschaffen werden. Dabei gelangt man in eine etwa 35 mm große flügelseitige Senkung, die man dann erst mit einem ausgesägten Holzring ausfüllen und noch einmal überdrehen muss. Die im Umbauthread beschriebene Lösung mit zwei Exzenterhülsen hat zwar am Ende doch geklappt, dennoch würde ich von ihr abraten. Eine Alternative dazu wäre, den Originalwirtel ganz zu entfernen, eine neue schmale Scheibe aussägen, ankleben/anschrauben und überdrehen. Hierbei sollte man nicht vergessen, dass die Austrittsöffnung in den Wirtel hineinragt und dass man folglich dem Garn den Weg freischleifen muss. Egal wie man es macht, ist dieser Arbeitsschritt wahrscheinlich der Kniffligste. Beim normalen oder dem Schnellspinnflügel hat man es einfacher, denn die sind konstruktiv anders gelöst, und die besagte Senkung ist hier nicht vorhanden. 4)Einfach ist dagegen das Anfertigen eines Metallkerns für den Wirtel in Form einer Hülse, die man in einer Einspannung innen und außen fertig dreht und absticht. Der Außendurchmesser muss ziemlich stramm in die Bohrung des Wirtelrohlings passen, der Innendurchmesser muss sich ohne nennenswerten Kraftaufwand auf das Einzugsrohr aufschieben lassen (mit den bereits fertigen Gegenstücken die Passgenauigkeit probieren). Die Hülse soll 19,8 mm lang sein. Auf dem Foto ist die Außenfläche für eine bessere Haftung der Metall-Holz-Verklebung gerändelt, ein Zerkratzen mit einer Feile, Reißnadel o.Ä. würde sicherlich auch reichen. Die Kernhülse wird mit Epoxydharz in den Wirtelrohling eingeklebt. 5)Nach der entsprechenden Zeichnung bzw. Foto wird jetzt ein Spanndorn gedreht. Wer nur den Jumboflügel des Sonata modifiziert, dem reicht nur die rechte Hälfte der Zeichnung. Die mit abgebildeten Klemmscheiben sollte man lieber nicht durch handelsübliche Unterlegscheiben ersetzen, denn diese sind für die erforderlichen hohen Spannkräfte nicht stabil genug bzw. hinterlassen unschöne Druckspuren. 6)Der Spanndorn wird in die Drehmaschine eingespannt, vorzugsweise in einer Spannzange. Auf dem Dorn wird über die Klemmscheibe der vorgefertigte Wirtelrohling mit einer Mutter festgeklemmt und der Dorn mit der Reitstockspitze gestützt. Der Planlauf beider Stirnflächen wird durch sparsames Überdrehen (die Zugabe für beide Flächen beträgt nur 0,4 mm) hergestellt, und die Mantelfläche des Rohlings wird auf Maß D73 abgedreht.
(wird fortgesetzt)
Belastet mit den obigen Überlegungen und somit u.U. mit Betriebsblindheit gefährdet, kann man nun zur Tat schreiten. Gleich am Anfang möchte ich betonen, dass man als Heimwerker/Bastler in seinen Präferenzen dadurch geprägt ist, was man an Material, Maschinen und Werkzeugen zur Verfügung hat bzw. welche Technologien man besser beherrscht. Falls sich jemand also zum Nachbau entscheiden sollte, bitte nicht zögern, und alles den eigenen individuellen Möglichkeiten anpassen.
In diesem Sinne war bei mir die Ausgangslage so, dass ich mich für die Herstellung der Rillen durch das Formstechen an der Drehmaschine entscheiden konnte, den dafür erforderlichen Stechstahl war ich in der Lage selbst freihändig am ordinären Schleifbock anzuschleifen und meine Werkzeugpallette ermöglichte mir das Bohren mit Fräsern. Für exaktes Bohren und Fräsen steht mir ebenfalls eine Maschine inkl. Spannmittel und Werkzeuge zur Verfügung, und auch den Materialzuschnitt kann ich maschinell an einer großen Bandsäge erledigen. Als Material für meine Spinnradprojekte verwende ich gern Reststücke von Bodendielen aus Eiche (Reste von unserem selbst verlegten Fußboden) bzw. das Buchenleimholz.
!!!ACHTUNG!!! Einen Fräser kann man nur bei dem sog. zwangsgeführten maschinellen Bohren einsetzen, wo sowohl das Werkzeug als auch das Werkstück unverrückbar zueinander und fest eingespannt sind. Nie, niemals, nie einen Fräser in eine Handbohrmaschine oder einen Akkuschrauber zum Bohren einspannen. Neben einem garantiert zerstörten Werkstück ist es vor allem die akute und sehr wahrscheinliche Gefahr von ernsthaften Verletzungen, die es verbietet. Als Beispiel habe ich den großen Wirtel für den Jumboflügel des Kromski Sonata ausgewählt, die Arbeitsschritte sind im Folgenden beschrieben. Bitte um Entschuldigung, ich musste alle Fertigungsschritte künstlich nachstellen, da ich bei der „echten“ Herstellung nicht geahnt habe, dass es irgendwann veröffentlicht werden soll. 1)An ein Hartholzbrett einen Kreis entsprechend dem größten Wirteldurchmesser plus Materialzugabe von mindestens 1 mm anzeichnen und (mit Bandsäge, Stichsäge, Handsäge, ...) aussägen. Im Bild sind zwei solche Rohlinge zusammen mit dem fertigen Wirtel dargestellt.
2)Gemäß folgender Skizze den zwar entgrateten aber noch leicht eckigen Rohling in ein Dreibackenfutter einer Drehmaschine einspannen, die Stirn auf eine Gesamtdicke der Scheibe von 19,8 mm plandrehen und eine 24 mm Bohrung einarbeiten. Da besonders größere Bohrer insbesondere beim Austreten aus dem Material zum Herausreißen bzw. zum Splittern des Holzes neigen, benutze ich dazu nach dem Vorbohren bis etwa 6 mm vorzugsweise vierschneidige Fräser (unter Beachtung des obigen Sicherheitshinweises) bzw. einen Innendrehstahl. Ob das beschriebene Prozedere auch mit einer Drechselmaschine machbar wäre, das mag jemand mit den nötigen Erfahrungen beurteilen, die mir leider fehlen. 3)Als nächstes muss auf dem Kromski Originaljumbo axial Platz für den/die neuen Wirtel durch Abdrehen von etwa 20 mm geschaffen werden. Dabei gelangt man in eine etwa 35 mm große flügelseitige Senkung, die man dann erst mit einem ausgesägten Holzring ausfüllen und noch einmal überdrehen muss. Die im Umbauthread beschriebene Lösung mit zwei Exzenterhülsen hat zwar am Ende doch geklappt, dennoch würde ich von ihr abraten. Eine Alternative dazu wäre, den Originalwirtel ganz zu entfernen, eine neue schmale Scheibe aussägen, ankleben/anschrauben und überdrehen. Hierbei sollte man nicht vergessen, dass die Austrittsöffnung in den Wirtel hineinragt und dass man folglich dem Garn den Weg freischleifen muss. Egal wie man es macht, ist dieser Arbeitsschritt wahrscheinlich der Kniffligste. Beim normalen oder dem Schnellspinnflügel hat man es einfacher, denn die sind konstruktiv anders gelöst, und die besagte Senkung ist hier nicht vorhanden. 4)Einfach ist dagegen das Anfertigen eines Metallkerns für den Wirtel in Form einer Hülse, die man in einer Einspannung innen und außen fertig dreht und absticht. Der Außendurchmesser muss ziemlich stramm in die Bohrung des Wirtelrohlings passen, der Innendurchmesser muss sich ohne nennenswerten Kraftaufwand auf das Einzugsrohr aufschieben lassen (mit den bereits fertigen Gegenstücken die Passgenauigkeit probieren). Die Hülse soll 19,8 mm lang sein. Auf dem Foto ist die Außenfläche für eine bessere Haftung der Metall-Holz-Verklebung gerändelt, ein Zerkratzen mit einer Feile, Reißnadel o.Ä. würde sicherlich auch reichen. Die Kernhülse wird mit Epoxydharz in den Wirtelrohling eingeklebt. 5)Nach der entsprechenden Zeichnung bzw. Foto wird jetzt ein Spanndorn gedreht. Wer nur den Jumboflügel des Sonata modifiziert, dem reicht nur die rechte Hälfte der Zeichnung. Die mit abgebildeten Klemmscheiben sollte man lieber nicht durch handelsübliche Unterlegscheiben ersetzen, denn diese sind für die erforderlichen hohen Spannkräfte nicht stabil genug bzw. hinterlassen unschöne Druckspuren. 6)Der Spanndorn wird in die Drehmaschine eingespannt, vorzugsweise in einer Spannzange. Auf dem Dorn wird über die Klemmscheibe der vorgefertigte Wirtelrohling mit einer Mutter festgeklemmt und der Dorn mit der Reitstockspitze gestützt. Der Planlauf beider Stirnflächen wird durch sparsames Überdrehen (die Zugabe für beide Flächen beträgt nur 0,4 mm) hergestellt, und die Mantelfläche des Rohlings wird auf Maß D73 abgedreht.
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Zuletzt geändert von borekd am 03.11.2014, 21:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Sicher kommt jetzt die Frage, ob soviel Aufwand wirklich erforderlich ist. Nun ... höhere Drehzahlen erfordern Laufruhe, und die steht und fällt mit einem sehr guten Rundlauf, radial wie axial. Bereits bei einer (recht niedrigen) Drehzahl von ca. 500 U/min macht sich eine so geringe Unwucht wie ein Zehntelmillimeter so negativ bemerkbar, dass man wahrscheinlich instinktiv anfängt langsamer zu treten. Wenn man eine Trittfrequenz von etwa 1 (Doppel-)Tritt pro Sekunde zu Grunde legt (ist es denn richtig?), geschieht dies bereits bei einer Übersetzung von etwa nur 8,5:1. Der beschriebene Wirtel „schafft“ allerdings bis über 21:1, der Flügel dreht dann bei gleicher Trittfrequenz schon um die 1300 Touren ... Im Maschinenbau fängt man bei solchen Einsatzbedingungen bereits an, sich Gedanken über Hunderstelmillimeter zu machen. Daher auch der Zirkus mit Spanndorn und Ähnlichem.
Die zuerst geschriebene wesentlich schlechter verdauliche detaillierte Anleitung habe ich doch noch für den Fall angehängt, falls man sie einem Metaller zusammen mit den Zeichnungen in die Hand drücken möchte. Hoffentlich habe ich niemanden überfordert.
Gruß
Borek
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Danke für diesen Bericht. Da erahnt frau doch, was ihr alles fremd ist. Ich hätte weder das Fachwissen noch die Werkzeuge. Ich finde solche Sachen aber spannend und freue mich auf eine Fortsetzung der Bildergeschichte.
LG Ate
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Klasse
hab ja zwar nen Mini Wirtel ( Serienmäßig fürs Lendrum) und nen Stahlformenbauer hier zuhause find ich aber dennoch ganz klasse 
übrigens ist der kleine Wirtel bim Lendrum aus Metall...


übrigens ist der kleine Wirtel bim Lendrum aus Metall...
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Das wundert mich nicht, denn beim Metall kann die kleinste Rille wesentlich tiefer (=wesentlich näher an den Innendurchmesser heran) eingestochen werden. Da entstehen Wandstärken, die beim Holz "verboten" sind. Daher haben auch meine kleinen Wirtel an der Kernhülse diesen Kragen, in den die kleinste Rille eingestochen wird. Dass der Rest aus Holz ist, hat eigentlich nur optische Gründe. Eigentlich wäre grundsätzlich günstiger, die Wirtel und das Schwungrad aus Metall zu fertigen, doch damit könnte sich meine Frau ästhetisch bestimmt nicht anfreunden (ehrlich gesagt, ich wohl auch nicht).shorty hat geschrieben:... übrigens ist der kleine Wirtel bim Lendrum aus Metall...
Im Übrigen bedanke ich mich für Euer Interesse, ich habe bei einer derart technischen Beschreibung eigentlich gar keine Resonanz erwartet.
Gruß
Borek
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Mein Werkzeugmacherherzchen hüpft gerade...
Ganz
Liebe
Grüßis die Claudi
Mein Blog: Gewollt Wolliges unser Spinngruppenblog: Die Wollverwandler unter dieser Bezeichnung sind wir auch bei Facebook und Ravelry zu finden.
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- shorty
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
borekd hat geschrieben:Das wundert mich nicht, denn beim Metall kann die kleinste Rille wesentlich tiefer (=wesentlich näher an den Innendurchmesser heran) eingestochen werden.shorty hat geschrieben:... übrigens ist der kleine Wirtel beim Lendrum aus Metall...
Im Übrigen bedanke ich mich für Euer Interesse, ich habe bei einer derart technischen Beschreibung eigentlich gar keine Resonanz erwartet.
Gruß
Borek
Ja, kenne die Gründe , wie gesagt hab nen Stahlformenbauer/CNC Fräser hier zuhause, der auch ab und an dienliches fräst und werkelt

daher fällt mir evtl auch der Einstieg in diese technische Materie so schwer nicht...
Ich finds jedenfals super , dass Du das so präzise erläuterst hier....
Karin
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Das möchte ich so nicht stützen. Die Kombi helles Holz (Buche o.ä.)/Edelstahl war eine ganze Weile im Treppenbau z.B. hochaktuell, ich weiß nicht, ob es jetzt noch ist. Alte mechanische Stücke sind oft mit einer Kombination aus dunklem oder dunkel gebeiztem Holz und Messing hergestellt, wenn das nicht hübsch ist, weiß ich auch nicht.
Rein theoretisch müsste es möglich sein, einen Metallring oder Metallstücke in das Schwungrad einzuarbeiten; ob das mit Boardmitteln so möglich ist, dass es gleichmäßig genug ist, kann ich nicht sagen. Ich habe leider nur eine kleine Drehmaschine zur Verfügung und Zeit schon gleich gar nicht; ich kann mich entweder auf die Textilarbeiten oder auf die Holzarbeiten konzentrieren und bei mir sind es halt die Textilarbeiten.
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Mit der Kombi Holz-Messing kann ich ziemlich gut leben, und habe es auch bereits so praktiziert:
download/file.php?id=29024&mode=view
Für die Edelstahloptik habe ich allerdings nicht viel übrig.
Aber das ist alles wohl Geschmacksache.
Die Bemerkung habe ich viel mehr bezogen auf die Funktionalität gemeint. Holz arbeitet, bleibt also bei Temperatur- und Feuchteschwankungen nicht maßhaltig. Zudem ist das ein nicht homogener Werkstoff, die Verformungen sind grundsätzlich ungleichmäßig. Letzteres ist bei einem Wirtel ziemlich fatal, besonders bei höheren Drehzahlen.
Bei manchen historischen Rädern wurden die Radreifen aus Holz zusätzlich mit Zinn oder Blei relativ dünn ausgegossen. Das hatte allerdings nichts mit der zum Verzug neigenden Holzstruktur etwas zu tun. Viel mehr ging es um das Erhöhen der Massenträgheit, insbesondere bei Schwungrädern mit einem eher zierlichen Reifen.
Gruß
Borek
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Re: (Stufen-)Wirtel für höhere Ansprüche
Ja, das geht schon in die Richtung; ich dachte allerdingsnoch extremer:
https://www.deutsches-museum.de/museums ... lung#c4757 Da bin ich als Kind immer bewundernd davorgestanden, die haben noch mehr von diesen Sachen

Hm, dann hat mich das Wort "ästhetisch" wohl auf die falsche Spur geführt
Das war meine Überlegung dazu.
Übrigens gibt es durchaus auch technisch affine Frauen
