Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Handarbeitsgeräte schöner machen.

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Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Kattugla » 21.03.2012, 20:36

Ihr Lieben,

letztes Wochenende sassen mein Liebster und ich auf einem Kreativmarkt, und wemmer ein Spinnrad dabeihat, bleibt es nicht aus, dass da Menschen auf einen zukommen mit dem typischen Satz: "Ich habe da noch sowas auf dem Dachboden, wollen Sie sich das mal angucken?"
Nunja, heute war ich gucken, jetzt bin ich 60,- ärmer und - tadaa - um ein Ashford Traditional (einfädig) reicher.

Das arme Mädchen stand vermutlich jahrelang unbesponnen, ungeölt und ungeliebt auf einem staubigen Dachboden und davor - nach Anzahl und Verteilung der Wasserflecken auf dem unbehandelten Holz zu urteilen - im strömenden Regen, um auf die Sperrmüllabholung zu warten.

Im Moment liegt es zerlegt im Keller, bis vorhin war ich dabei, die Wasserflecken, Fliegenschisse und Macken aus dem Holz zu schleifen.
Ein Hoch auf den Grossen Handwerkergeist, der den Menschen den Dreieckschleifer geschenkt hat.
Die beiden linken Beine, die Längshölzer und der Tritt sind schon sauber geschliffen und frisch mit Danish Oil eingelassen, nicht zu fassen, wie schnell sich öggeliges graues verdrecktes Holz in einen kirschfarbenen Silberbuchenhingucker verwandeln kann...

Nun ein paar Fragen an die, die sich mit den Ashfords besser auskennen als ich:

Gibt es irgendeine Möglichkeit, das Schwungrad zwischen den beiden rechten Beinen auszuhängen? Ich würde gerne besser an die Innenseiten der Beine herankommen, um den Dreck da wegzuschleifen, ausserdem schrubbt sich das Schwungrad besser ab, wenn es ausgehängt ist.
Ich weiss nur nicht wie. Das Querholz zwischen den beiden rechten Beinen ist fest, das Schwungrad ergo auch. Gibts da 'nen Trick, den ich noch nicht kenne?

Woran erkenne ich, ob es sich um ein altes Traddi oder ein nicht so altes Traddi handelt, ausser an evtl. vorhandenen Kugellagern? Ich kann nämlich auf den ersten Blick keine finden, und das Schwungrad hat in der Nabe sowas wie Schmiernippel...

Gleich daran anschliessend: es war nur eine Spule mit dabei, gibts Unterschiede zwischen den alten und den nicht so alten Spulen, rein von der Grösse her, und kann man die notfalls nachbestellen?

Der Flügel hat einen Riss bekommen und ist mal notdürftig geflickt worden. Ausserdem ist vom Sperrholz eine Schicht abgeplatzt. Frage an die Holzwürmer: macht es Sinn, die Schicht sauber mit Cutter und Spachtel abzutrennen durch eine frische Lage Flugzeugsperrholz (0,4 oder 0,6mm, muss mal gucken, wie dick die Schicht ist, bekommen kann ich beides) zu ersetzen? Oder ist das Quatsch und ich solte gleich einen neuen Flügel bestellen?
TiteBond ist da, Holzfestiger (mit dem wir ausgezeichnete Erfahrungen für den Drechselkram gemacht haben) auch...

Mal sehen, vielleicht freunde ich mich mit den Ashfords ja auf die Art und Weise an. Zumindest weiss ich jetzt, nach den zwei Stunden im Keller, erstmal, warum ich die Kromski-Räder so mag... ;)

Und - um der Frage gleich vorzubeugen: ja, die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass das Mädchen irgendwann hier im Flohmarkt auftaucht... :))
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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von fischerin » 21.03.2012, 20:42

Der Schmiernippel ist wahrscheinlich der Splint zum Ausschlagen, um die Achse herausnehmen zu können, schau mal unter Ashford- Aufbauanleitung im Netz, ich wäre für einen Sliding- hook- Flügel, die Spulen passen,

LG und viel Spaß!!

Für das einfädige gibt es diesen coolen Lace- Flügel kugelgelagert...

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Eurasierwolle » 21.03.2012, 20:54

Der "Schmiernippel" in der Radnabe ist eine Art Hülse, kann man (vorsichtig) rausschlagen, dann bekommt man das Rad von der Achse frei. Den geflickten Spinnflügel würde ich ersetzen, die heutigen Standard-Spinnflügel ("altmodisch", mit Haken, für 34,- beim Wollsch**) haben gleich eine 3. Übersetzung dabei, eine dezente Aufwertung des alten Schätzchens... (habe ich meinem 80er-Jahre-Traveller auch gegönnt) :D

Noch viel Spaß beim Restaurieren
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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Claudi » 21.03.2012, 20:57

Bei Ashford gibt es auch eine Seite, auf der die Entwicklung des Tradi gezeigt wird.
Was die Spulen angeht, da habe ich mal ältere gebraucht gekauft, die waren gleichgroß, wie die neuen. Nur ohne Kunststoffbuchsen, paßten aber auch auf's Joy.
Ganz
Liebe
Grüßis die Claudi

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von spulenhalter » 21.03.2012, 21:26

Viel Spass mit deinem "Findelkind"

Im letzen Jahr ging es mir auch so auf einem Markt: Meine Frau hat gesponnen und ich hab ein Spinnrad bekommen.

Das Ashford sollte sich komplett zerlegen lassen, da es aus Bausatz ausgeliefert wird. Schau einfach nach der Zusammenbauanleitung und lies sie rückwärts.
Gruß Mathias

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von LuckyTino » 21.03.2012, 21:49

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß beim Werkeln... so ein Rad könnte mir auch mal über den Weg laufen... na mal sehen ich stehe ja noch am Anfang meiner Spinnerkarriere...
Viele Grüße

Lucky Tino

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Kattugla » 21.03.2012, 22:00

Ich Schussel. Natürlich können die Schmiernippel keine sein, weil sich zwischen Rad und Achse auch nichts bewegt, was geschmiert werden müsste. WENN es das tut, ist irgendwas ganz bestimmt nicht in Ordnung... :O Eijeijei...
Dieser Nippel - nunmehr Splint genannt- weist allerdings darauf hin, dass das Findelkind schon ein etwas Älteres ein müsste: der betreffende Splint sitzt bei mir mittig, also zentral auf der Nabe, und nicht seitlich, wie in der Montageanleitung (gleich gespeichert, danke!) beschrieben.
Ausserdem sind die Schrauben bei mir noch einfache Holzschrauben, da iss nix mit Bolzen und Imbus und so...

Nunja, ich war da grad nochmal im Keller gucken und habe dann beschlossen, dass es sich vermutlich nicht lohnt, lediglich wegen des Säuberns einen Splint da raustreiben zu wollen, wo er bestimmt nicht raus will.
Und weil ich grad schonmal da war, habe ich auch gleich den Rest beschliffen und geölt - jetzt steht das Grundgestell samt noch eingehängtem Schwungrad zerlegt und kirschholzrot zum Trocknen an die Drechselbank gelehnt und erinnert mich irgendwie... so rein von Form und Farbe her... man möge mir verzeihen... an Gelsenkirchener Barock... :O

Morgen ist die MOA dran, und Euren weisen Rat werde ich befolgen und den Spinnflügel den Ewigen Jagdgründen überantworten (der Grosse Handwerkergeist will auch ab und zu Opfer, jawohl!). Sliding Hook ist mir eh sympathischer und ich will mehr als nur eine Übersetzung... ;)

Schonmal danke bis hier!
Jetzt wird Gladbach geguckt. 8)
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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von fischerin » 21.03.2012, 22:27

Nein, neugierig sind wir gaaar nicht, aber Foto´s hätten wir schön gerne, später natürlich,

LG Heike

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Kattugla » 21.03.2012, 22:55

Eurasierwolle hat geschrieben:...die heutigen Standard-Spinnflügel ("altmodisch", mit Haken, für 34,- beim Wollsch**) ...
Wo??? *rumsuch* Hab ich nicht gefunden, nur die Jumbos... und beim Sliding Hook Flyer überlege ich grad zweimal, der käme mich teurer als das ganze Spinnrad war. *grübl*

Noch drei Spulen, zwei Federn (die, die dran ist, ist jetzt viermal so lang wie ursprünglich, und die Bremsschnur war 'ne Angelsehne... :rolleyes: ), ein normaler Flügel, das ginge noch...


p.s.: klar, mach' ich noch Bilder. Nur heute wollte ich das Häufchen Elend nicht knipsen... ;)
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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von desch » 21.03.2012, 23:03

FODDOS!...

Wo sinnse? Zeigen ;) Vorher, nachher und mittendrin ;)

Und Glückwunsch zu diesem Griff, viel Spass noch bei der "Rest"auration.
LG s´Desch

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von spulenhalter » 21.03.2012, 23:10

Kattugla, irgendwo habe ich heute gelesen, dass du eine Drechselbank hast - Da kannst du die die Spulen doch selbst machen.

Letzte Woche hatte ich für ein Kromski welche gemacht und die Nutzerin ist glücklich.

Schau doch einfach hier nochmals rein: Spule selbst gedrechselt.
Gruß Mathias

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Kattugla » 21.03.2012, 23:16

Jo, Mathias, könnte ich. Aber mal ganz ehrlich: 7,20€ und als Gegenstück dazu eine aus dem Vollen gedrehte Spule... zumal wir nur noch Eibe, Pflaume und Kirsche in der Grösse dahaben... näh. Das ist mir zu schade, da werden Schüsseln und Handspindeln draus. Dann lieber neuseeländisches Sperrholz... ;)


[edit] später: ich hab den Flügel für knapp 27,- bei der Flinken im Shop entdeckt, die Spulen für ein bizzele weniger als beim Wollsch* auch. :)
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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Spinnmaus » 22.03.2012, 07:57

boah schön, so was altes schön aufarbeiten ist toll. Meine Pauline (auch ein Tradi) ist 40 Jahre alte, die kam auch in einem schlechten Zustand zu mir. Das macht richtig Spaß wieder was schönes draus zu machen.

Viel Spaß euch beiden!
Moni´s Gewolltes

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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von Kattugla » 22.03.2012, 22:20

So isses. Ich mag dieses Vorher-Nachher-Gefühl auch, wemmer herauskitzeln kann, was in einem scheinbar so hässlichen Entlein noch an Schönheit steckt. :)

Wo wir dabei sind: vorhin war ich im Keller und hab noch ein paar Bilder gemacht.

Hier erstmal das Corpus delicti - ich freu mich jetzt auf das Päckchen von der Flinken mit einem neuen Flügel drin, Bremsfedern und drei frischen Spulen...

Bild

So öggelig sah gestern nachmittag noch das ganze Spinnrad aus. Wasserflecken ohne Ende, Fliegenschisse, angeschubberte Wandfarbe in hellgrau, ausgebleicht und staubig...

Das war das Bild vom Status gestern abend:

Bild

Und jetzt siehts schonmal so aus:

Bild

Zweite Schicht Danish Oil drauf, auch die MOA ist jetzt abgeschliffen und geölt und darf bis morgen trocknen.

Ich finds ja heute ganz interessant, wie viele Spinnradhesrteller da voneinander abgeguckt haben. Die MOA samt Flügel kommt mir vom Konstruktionsprinzip her jetzt ziemlich bekannt vor, von meinem Interlude nämlich.
Ich frage mich nur gerade, ob ich die an dem Uralt-Traddi auch in der Flucht verstellen kann, wenn ich den neuen Spinnflügel drauf habe. Das Interlude hat ja unter der Grundplatte eine Flügelmutter, so dass ich die MOA je nach benutztem Flügelwirtel verschieben kann. Langlöcher hat die auf dem Traddi auch, allerdings unterm Rock nur normale Holzschrauben mit Unterlegscheiben drunter. Das finde ich doof.
Muss mal gucken, obs im Baumarkt 6er Gewindebolzen zum Einschrauben gibt...
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Re: Findelkind: Traditional vom Dachboden aufarbeiten

Beitrag von schafgarbe » 22.03.2012, 22:36

Lässt sich verschieben aber nicht unbedingt weit genug, da der neue Flügel mehr verschiedene Wirtel hat. Ich habe schon darüber nachgedacht, den Spalt, in dem die Schrauben verschoben werden, etwas zuverlängern. Ich habe allerdings den Sliding Hook Flyer nachgerüstet und der hat 4 nicht 3 Übersetzungen.

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