Riemenwechsel, leicht gemacht am 2-fädigem Rad

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wollwolff
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Riemenwechsel, leicht gemacht am 2-fädigem Rad

Beitrag von wollwolff » 09.07.2011, 12:12

Hallo liebe Handspinner,

sicher ist mein heutiges Theme für viele ein "alter Hut" und wird deshalb kaum beachtet, nur denken wir an die,
welche mit unserem großartigen Hobby gerade erst beginnen.

VORBETRACHTUNG
Ein zweifädiges Rad hat einen doppelt aufgelegten Riemen, der, wie immer man es anstellt, sich selbst díe Lage für den Kreuzpunkt der beiden aus der umgelegten "8" stabil sucht.
Dieser Riemen ist ein Schnurriemen. Wer PUR Riemen ins Auge fasst, muß ein nur mäßiges Ergebnis erwarten.
Die störenden Parameter für PUR, wenn, dann sollte es ein nur 2mm dicker Riemen höchstens sein, sind:
Kreuzungsreibung am Kreuzpunkt, hohe Elastität und fast " brutale" Reibung in den Riemenscheibenflanken.
Diese Reibung nimmt zu 99% mit, egal ob lockerer oder strammer Riemen. Folglich fehlt dem Rad die bekannte Sanftheit
durch Rutschgleiten mit unterschiedlicher Riemenspannung mit dem z.B. Bockspanner mit dem Holzgewinde an
der "Ziege". Auch ist die endlose Riemenbeschaffenheit mit Spinnradzerlegung oder "im Radverschweißen" verbunden.

Arbeitsstufen
A.
ich nehme einen sehr dichten Flachsfaden ( oder auch gezwirnt) mit hoher Festigkeit von knapp 1 mm Dicke.
Baumwollcord, Sattlerzwirn, Matratzengarn ist auch geeignet. Meine Wahl hat sich bisher als sehr dauerhaft und
funktionsunterstützend herausgestellt. Elastische Wollfäden sind nur für Experimente gut.
B.
Nun wickel ich 2 mal um das Rad und die Spule im entspannten Zustand, gebe 15 cm dazu und schneide den Faden fusselfrei ab.
C.
Die Bilder habe ich als Detail nur auf meinem Knie gemacht, Ihr müßt wohl in der Spinnradmechanik arbeiten.
Legt bitte als halben Schlag beide Enden kreuzend auf.
zweifädigRiemen1.jpg
D.
Nun mit dem richtigen Knoten zart aufbauend, aber sicher fest wie folgt verbinden. Es ist der Klassiker: Ein Kreuzknoten!
Wer die Halbschlaglage unter C genau betrachtet, erkennt den Austritt der Enden vom Halbschlag.Wenn beide Enden
nach oben zeigen, tritt ein End unten, das andere End oben aus dem Halbschlag aus.
Wendet nun die einfache Regel an: Was unten ist bleibt unten, was oben ist bleibt oben.
So baut Ihr nun den 2. Halbschlag.
zweifädigRiemen2.jpg
E.
Der 2. gerade geschaffene Halbschlag bildet nun mit den 1. Halbschlag eine harmonische "8". Zieht bitte diese 8 auf
Makkaronidicke leicht zusammen, presst diese zwischen 2 Fingern zusammen und prüft die Spannung.
zweifädigRiemen3.jpg
F.
Wenn der Riemen nun im Grund der Rillen gut und fest aufliegt ( natürlich schon in 3 Rillen: Rad + Wirtel + Spule), könnt Ihr die Enden festziehen. In der Microbeobachtung bleibt der Knoten eine flache "8" und ihr könnt die Enden bis auf 10-5 mm kürzen. Der hält!

Nun noch alles zurechzupfen, Riemen nachspannen und Probelauf.
zweifädigRiemenwechsel.jpg
Viel Spaß bei der knotigen Reparatur,
Euer Jürgen
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Re: Riemenwechsel, leicht gemacht am 2-fädigem Rad

Beitrag von Petzi » 09.07.2011, 12:28

Auch wenn es ein "alter Hut" sein mag, finde ich es toll. Einfach und gut gelöst und gerade für Anfänger eine feine Sache.

Vielen Dank Jürgen :bussi:

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Re: Riemenwechsel, leicht gemacht am 2-fädigem Rad

Beitrag von Woelfin » 09.07.2011, 14:17

Hey Jürgen,
Da hast du einen sauberen Kreuzknoten gemacht. Zur Sicherheit sollte man nachdem alles überprüft und gut fest ist an jedem Ende noch einen halben Schlag, also einfach noch einmal um die Antriebsschnur rum und einmal durchziehen, setzen. Der Kreuzknoten neigt bei den Belastungswechseln, spinnen und zwirnen, dazu sich zu öffnen. Das ist kein Fehler, sondern liegt im Sinn dieses Knoten, er soll sich auch nach Belastung noch leicht öffnen lassen.
schöne Grüße
Heike

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Re: Riemenwechsel, leicht gemacht am 2-fädigem Rad

Beitrag von Eurasierwolle » 09.07.2011, 14:54

Wer zufällig mal einen Sportbootführerschein oder Segelschein gemacht hat, dürfte den guten alten Kreuzknoten auch kennen! Dieser simple Knoten hält in allen Lebenslagen zuverlässig, wenn man zwei Enden dauerhaft miteinander verbinden will. Wichtig dabei ist eben dieser Merksatz: "Was unten ist, bleibt unten, was oben ist, bleibt oben!" - also das Ende, das von unten in den Knoten hineinführt, geht auch nach unten wieder raus. "Unten" ist dabei relativ zu sehen und nicht als "Himmelsrichtung"! Hat der Faden einen über sich, ist er "unten", läuft der Faden "obenauf", ist er eben oben.
Den Kreuzknoten kann man gar nicht genug erklären, er ist wohl beim Spinnen der wichtigste Knoten. Er ist natürlich genauso geeignet zur Schnellreparatur bei einfädigem Antrieb! Aber ich knote damit auch zum Zwirnen die Einzelfäden an den Anspinnfaden auf der Spule, man kann den Knoten auch "anders" machen (das Ergebnis ist 100%ig das Gleiche): Die Enden der zu zwirnenden Fäden etwas miteinander verdrehen und zwischen Daumen und Zeigefinger (linke Hand) zu einer Öse legen, das kurze Ende zeigt zum Körper. Das Ende des Anspinnfadens (rechte Hand) von unten durch die Öse stecken, einmal (Richtung vom Körper weg) um die Zwirnfaden-Öse herum und von oben wieder durch die Fadenöse hinaus stecken. Die kurzen und die langen Enden dürfen sich dabei nicht überkreuzen (laufen jeweils parallel)! Gefühlvoll die "ineinandergehängten Ösen" stramm ziehen und fröhlich loszwirnen... Beim Abhaspeln des fertigen Garns löst man den Knoten schließlich ganz leicht: Langes und kurzes Ende des Anspinnfadens zwischen beiden Händen glatt ziehen - der gezwirnte Faden liegt dann als Doppelschlinge auf dem jetzt geraden Anspinnfaden und lässt sich ganz einfach abstreifen - fertig!

Geknotete Grüße
Cornelia
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Re: Riemenwechsel, leicht gemacht am 2-fädigem Rad

Beitrag von shorty » 09.07.2011, 15:30

Klasse Beitrag Jürgen.

Nun kann ich den Kreuzknoten auch ;-) Hab ihn allerdings zum spinnen noch nie gebraucht, aber wer weiss ;-)

Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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